Start Sport ESL Gaming: Saudi-Arabien ist neuer Eigentümer (Update)

ESL Gaming: Saudi-Arabien ist neuer Eigentümer (Update)

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ESL Gaming und Faceit fusionieren zur ESL Faceit Group (Abbildung: SGG)
ESL Gaming und Faceit fusionieren zur ESL Faceit Group (Abbildung: SGG)

Der Kölner E-Sport-Veranstalter ESL Gaming bekommt einen neuen Eigentümer: Modern Times Group (MTG) verkauft die verlustreiche Sparte an Saudi-Arabien.

Update vom 21. April 2022: Vor drei Monaten hat Modern Times Group (MTG) die Abspaltung des E-Sport-Geschäfts bekannt gegeben – seit heute ist die Transaktion offiziell abgeschlossen: Der Kölner Turnier- und Ligen-Betreiber ESL Gaming wird nicht länger in den Büchern des börsennotierten schwedischen Medienunternehmens geführt.

Mindestens 40 Prozent des Netto-Erlöses von umgerechnet knapp 800 Millionen € soll an die Aktionäre ausgeschüttet werden. MTG will sich fortan auf das ungleich profitablere Geschäft mit Online- und Mobilegames fokussieren, wozu auch die Hamburger Tochter InnoGames (Forge of Empires) beitragen soll.

Neuer ESL-Eigentümer ist die Savvy Gaming Group (SGG), eine Tochter des saudi-arabischen Staatsfonds PIF – ein Land, dessen Menschenrechts-Situation von Amnesty International als „katastrophal“ eingestuft wird. Mitte März waren 81 Menschen hingerichtet worden – an einem einzigen Tag.

Für ESL-Gründer Ralf Reichert sei SSG „der wahrscheinlich beste Eigentümer, den man sich vorstellen kann“, wie er dem Kölner Stadtanzeiger sagte. In Saudi-Arabien „sei nicht alles in Ordnung“, aber mit Gaming könne etwas zum Positiven beigetragen werden. Dafür wolle er in seiner künftigen Funktion als künftiger Aufsichtsrat sorgen. Gegenüber der dpa sagte Reichert: „Wir haben die Leute getroffen, und wir vertrauen den Leuten, mit denen wir arbeiten.“


ESL Gaming: Saudi-Arabien zahlt 1 Milliarde Dollar (Update)

Meldung vom 25. Januar 2022: „Volle Hallen, rote Zahlen“ – so lautete vor zweieinhalb Jahren die Überschrift einer ausführlichen GamesWirtschaft-Analyse von ESL Gaming. Seit 2015 müht sich der schwedische Medienkonzern Modern Times Group, mit dem E-Sport-Geschäft substanzielle Gewinne zu erwirtschaften – sei es durch Personalanpassungen, Kooperationen oder Zusammenlegung von Sparten.

Bei dieser Mission nicht geholfen hat die seit zwei Jahren anhaltende Pandemie, die selbst kleinere Formate aufgrund der internationalen Reisebeschränkungen unmöglich macht – ESL-Großereignisse füllen sonst große Hallen wie die Lanxess Arena in Köln oder die Barclays-Card Arena in Hamburg.

Analog zum Vorjahr haben sich daher auch 2021 Verluste in Millionenhöhe aufgetürmt (MTG-Finanzbericht).

Dabei hat kaum ein anderes Unternehmen den internationalen E-Sport so sehr geprägt wie die ESL: Seit über 20 Jahren veranstaltet die einstige Turtle Entertainment GmbH Ligen und Turniere wie die ESL One, ESL Pro League oder die Intel Extreme Masters. Zur Aufführung gelangen Dauerbrenner wie Dota 2 oder Counter-Strike.

Inklusive der eingeheirateten Sparte Dreamhack beschäftigt das Unternehmen mit Sitz in Köln-Mülheim mehr als 600 Mitarbeiter. Haupteinnahmequellen: Werbung, Tickets, Merchandise, Lizenzen und Sponsoren wie DHL, H&M oder Intel.

Wenige Tage vor Bekanntgabe der Quartalszahlen steigt Modern Games Group aus dem E-Sport aus: MTG verkauft das Unternehmen für 1,050 Milliarden Dollar an die saudische Savvy Gaming Group (SSG), die die ESL mit dem ebenfalls zugekauften Londoner Mitbewerber Faceit Ltd. zur ESL Faceit Group fusioniert. Die Transaktion soll bereits im zweiten Quartal 2022 abgeschlossen werden.

Modern Times Group hält 91,46 Prozent der ESL-Anteile und hat den ursprünglichen Einsatz vervielfacht. ESL-Gründer und Co-Chef Ralf Reichert sowie weitere Manager geben ihre verbliebenen Anteile ebenfalls ab. Sein Co-Geschäftsführer Craig Levine soll ESL Faceit gemeinsam mit Niccolo Maisto leiten – Reichert zieht sich aus dem operativen Geschäft zurück und übernimmt die Aufgabe des Executive Chairman.

Die erst 2021 gegründete Savvy Gaming Group mit Sitz in Riad ist Teil des Public Investment Fund (PIF), dem Staatsfonds des Königreichs Saudi-Arabien. Der Fonds verwaltet ein Vermögen von geschätzten 300 Milliarden Dollar und ist unter anderem an Immobilien-Projekten, Technologie-Unternehmen, am Fahrdienst-Vermittler Uber und am englischen Erstligisten Newcastle United beteiligt. PIF-Vorsitzender ist der saudische Kronprinz.

SGG hat Anfang 2021 bereits über 3 Milliarden Dollar in Electronic Arts, Activision Blizzard und Take-Two Interactive investiert und weitere substanzielle Investitionen im Games- und E-Sport-Segment angekündigt.

Zu den PIF-Vorhaben gehört auch die arabische Planstadt Neom, die 2020 als Sponsor der League of Legends-Liga LEC präsentiert wurde. Nach massivem Widerstand vonseiten der Spieler hat Spielehersteller Riot Games die Zusammenarbeit beendet.

Der ESL-Verkauf markiert einen Strategiewechsel bei Modern Times Group. MTG ist weiterhin Mehrheitseigner beim Hamburger Spiele-Entwickler InnoGames, der neben der ESL zu den größten Arbeitgebern der deutschen Games-Industrie zählt.