Start Meinung Ist die Games-Branche immun? (Fröhlich am Freitag)

Ist die Games-Branche immun? (Fröhlich am Freitag)

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Games-Events wie die Gamescom sollen im 2. Halbjahr wieder stattfinden
Games-Events wie die Gamescom sollen im 2. Halbjahr wieder stattfinden

Zwischenbilanz nach einem Jahr Pandemie: Die Games-Branche ist gut durch 2020 gekommen. Sind Videospiele womöglich immun gegen Lockdowns?

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

über zu wenig Fan-Post wird man sich im politischen Berlin derzeit eher nicht beschweren können: Gastronomen, Sportfachhändler, Möbelhäuser, Kinos, Veranstalter, der Verband der Studienreiseleiter – sie alle wenden sich in „Offenen Briefen“ an Ministerien, um für eine „Öffnungsperspektive“ zu werben, zumindest aber die immer noch zäh fließenden Wirtschaftshilfen einzufordern.

Damit die Brandbriefe nicht versehentlich auf Altmaiers oder Merkels Schreibtisch untergehen, kopieren die Verbände ihren Text sicherheitshalber auf ihren Social-Media-Kanälen und auf ganzseitigen Anzeigen in überregionalen Tageszeitungen.

Eine Branche, von der keine vergleichbare Aktionen aktenkundig sind, ist die Videospiel-Industrie. Aus Gründen: Dem Gewerbe geht’s gold, zumindest in weiten Teilen. So gut, dass einzelne deutsche Unternehmen ihrer Belegschaft ein zweites Jahresgehalt überweisen können – was zugegebenermaßen mehr Ausnahme als Regel ist.

Mehr noch: Der Lockdown hat zu einem geradezu spektakulären Weihnachtsgeschäft beigetragen – und ehrlicherweise auch dazu, das Zuhause-Bleiben für die Gesellschaft erträglicher zu gestalten.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Was nicht heißt, dass die Games-Branche nicht auch Anlass hätte, ihren Groll in Offenen Briefen zu verarbeiten. Beispiel aus dieser Woche: Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, sieht das Innenministerium neuerdings keinerlei Veranlassung mehr, die zweifellos vorhandene Gemeinnützigkeit von ehrenamtlich betriebenem E-Sport in Vereinen anzuerkennen. Wiedervorlage: Bundestagswahl 2021. Und auch Giffeys Jugendschutzreform birgt Unheil für die Industrie – kommt das Gesetz wie geplant, droht eine straffere Regulierung.

Andere Wirtschaftszweige wären dankbar und demütig, solche Probleme zu haben: Denn mit Ausnahme des Event-Geschäfts und des stationären Handels kann die Spiele-Branche ihrer Tätigkeit nicht nur weitgehend uneingeschränkt nachgehen, sondern auch noch freigewordenes Travel & Entertainment-Budget der Kundschaft aufsaugen. Geld, das seit gut einem Jahr nicht mehr in Kino, Freizeitparks oder Konzerte investiert werden konnte.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Produkte, die zuletzt verkauft werden, sind oft seit Jahren in der Entwicklung. Immer deutlicher zeichnen sich Corona-Bremsspuren ab – schon jetzt vergeht keine Woche ohne Termin-Verschiebungen. Der Konsolen- und Zubehör-Nachschub kommt regelmäßig zum Erliegen: Auch in den ersten Wochen des Jahres bleibt die Logistik-Lage angespannt. Keine Ware, kein Umsatz.

Ziemlich genau ein Jahr, nachdem das Virus erstmals das Land erreicht hat, bleibt jedoch festzuhalten: Die Branche ist bislang gut durchgekommen – auch deshalb, weil Plattformen und Online-Shops durchgehend geöffnet blieben.

An Zuversicht mangelt es jedenfalls nicht: Quer durch’s Land wird nach Mitarbeitern gefahndet. Staatliche Fördermittel in dreistelliger Millionen-Höhe sind auf Jahre hinaus budgetiert. Und Home-Office war ohnehin nie wirklich ein Problem: Überall dort, wo möglich, wurde schon ab Frühjahr 2020 umgestellt – geräuschlos.

Was es jetzt noch fehlt, sind Perspektiven für die Mitarbeiter im Einzelhandel, bei Agenturen, Messegesellschaften und bei Veranstaltern. Denn in dieser erweiterten Branche sind immer noch viele tausend Menschen in Kurzarbeit.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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