Ob und wie sich die Spiele-Branche in Deutschland künftig entwickelt, hängt von vielen Faktoren ab – einer der wichtigsten: Willkommenskultur.

Fröhlich am Freitag 11/2019: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

egal ob an der Hotel-Rezeption, bei Geschäftsterminen oder auf einer Party: In der Regel sind Gastgeber bemüht, dem Reisenden, Kollegen oder Kunden zumindest das Gefühl zu geben, nicht nur geduldet, sondern von Herzen willkommen zu sein. An nichts soll es mangeln – „Käffchen?“

Kurzum: Es geht um „Willkommenskultur“.

Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise von 2015 war das Wort zunächst positiv aufgeladen, hat dann aber schnell eine negative Konnotation erhalten, zusammen mit anderen vergifteten Komplimenten wie „Gutmensch“.

Für die Spiele-Entwicklung in Deutschland bleibt Willkommenskultur überlebenswichtig. Das gilt in erster Linie für die Standortpolitik und damit nackte wirtschaftliche Interessen: Wo gibt es günstige Darlehen und Subventionen für Projekte, wo wird die Ansiedlung von Startups seitens der Kommunen unterstützt, wie sieht es mit games-kompatiblen Co-Working-Spaces aus? Es ist kein Zufall, dass Tochtergesellschaften von Publishern und Studios just dort entstehen, wo Fördermittel locken.

Auch im Kampf um begehrte Fachkräfte ist Willkommenskultur ein entscheidender Faktor. Denn Spiele-Studios konkurrieren nicht nur international um Programmierer, Analysten und Spezialisten für Benutzeroberflächen – vor Ort heißen die ‚Gegner‘ Daimler, Continental, Zalando, Otto, SAP oder Rewe.

Einzelne Unternehmen beschäftigen Mitarbeiter aus Dutzenden Nationen, bereits in kleineren Studios ist die Firmensprache zwangsläufig Englisch. Willkommenskultur bedeutet in solchen Fällen: Unterstützung bei der Wohnungs- und Kita-Suche, bei Visa und Einreise-Formalitäten. Das lässt sich nur mit dezidierten Recruiting-Beauftragten oder -Teams bewerkstelligen.

Die Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik trägt viel dazu bei, den Unternehmen und Beschäftigten einer Branche den Eindruck zu vermitteln, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Das kann ein Tweet von Bodo Ramelow anlässlich der MAG Erfurt 2018 sein oder auch die selbstbewusst vorgetragene Vision von Landesvätern wie Söder, Müller oder Laschet, das jeweilige Bundesland sei längstens oder zumindest auf dem Weg zur unumstrittenen Nummer 1 in Deutschland, wenn es um Games geht.

Haben Sie Ähnliches zuletzt von den Staats- und Senatskanzleien in Niedersachsen, Baden-Württemberg oder Hamburg gehört? Sehen Sie.

Und dann gibt es da noch ranghohe Politiker, die ohne Not ein ganzes Gewerbe diskreditieren – und damit ein unmissverständliches Signal aussenden. Motto: ‚Es ist uns relativ wurscht, wo ihr eure Geschäfte macht, aber bitte nicht hier‘. Bessere Argumente kann man Mitbewerbern nicht liefern, um zum Beispiel eine Veranstaltung wie die Gamescom am bewährten Messestandort zu halten. Denn in NRW war und ist die Branche vor allem eines: willkommen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


Alle bisherigen und künftigen Folgen dieser Kolumnen-Reihe finden Sie in der Rubrik „Meinung“. Wir mailen Ihnen die aktuelle Ausgabe gerne immer freitags zu – zusammen mit dem Wochenrückblick und dem Ausblick auf Branchentermine: Abonnieren Sie jetzt den kostenlosen GamesWirtschaft-Newsletter!

1 Kommentar

  1. Die deutsche Spielebranche braucht keine Willkommenskultur. Es gibt hier genügend, mehr als andere qualifizierte Entwickler und kleine Studios. Diese und nicht die Daedalics und Ubisofts dieser Welt brauchen eine gezielte Förderung für mehr Wettbewerbsfähigkeit.

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