Start Marketing & PR Influencer Marketing: Keine „Werbung“ bei selbstgekauften Produkten

Influencer Marketing: Keine „Werbung“ bei selbstgekauften Produkten

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Mögliche Schleichwerbung in sozialen Medien wie Instagram und Youtube beschäftigt regelmäßig die Gerichte in Deutschland (Abbildung: Instagram)
Mögliche Schleichwerbung in sozialen Medien wie Instagram und Youtube beschäftigt regelmäßig die Gerichte in Deutschland (Abbildung: Instagram)

Juristischer Teilerfolg für Instagram-Star Vreni Frost: Influencer müssen Postings nicht als Werbung kennzeichnen, wenn sie das gezeigte Produkt selbst kaufen.

Müssen Influencer in ihren Postings via Instagram, Facebook, Youtube oder Twitter verlinkte Marken und Produkte auch dann als „Werbung“ kennzeichnen, wenn sie vom jeweiligen Unternehmen kein Geld dafür erhalten, sondern das Produkt selbst gekauft haben?

Genau das hatte das Berliner Kammergericht in der Verhandlung am 8. Januar 2019 zu klären. Kurzversion: eher nein – wenngleich dies immer vom Einzelfall abhängt.

Der verhandelte Fall: Social-Media-Star und Bloggerin Vreni Frost (ca. 57.000 Instagram-Follower) hatte in einem Foto einen Pullover mit einem Schlagwort (Tag) – konkret: mit dem Namen des Herstellers – versehen. Für dieses und zwei weitere Beiträge war sie vom umstrittenen „Verband für Sozialen Wettbewerb“ abgemahnt worden. Zunächst hatte das Landgericht Berlin eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach Instagram-Postings grundsätzlich als „Werbung“ gekennzeichnet sein müssen, sofern sie Marken und deren Shops verlinken. Die Entscheidung hatte zu erheblicher Verunsicherung auf dem Social-Media-Markt gesorgt.

Vreni Frost hatte einen Kaufbeleg für den Pullover vorgelegt und eine eidesstattliche Versicherung abgegeben, von der verlinkten Bekleidungsmarke weder Geld noch andere Gegenleistungen erhalten zu haben. Selbst erworbene Produkte fallen demnach nicht unter die Kennzeichnungspflicht.

Im Rahmen des Prozesses verwies die Influencerin auf die Ungleichbehandlung zwischen traditionellen Medien und Bloggern – bei letzteren würden demnach deutlich strengere Maßstäbe mit Blick auf Transparenz und Werbe-Kennzeichnung angelegt.

Abzuwarten bleibt indes die konkrete Urteilsbegründung, aus der sich wiederum Empfehlungen für Youtuber ableiten lassen. Denn in den beiden anderen verhandelten Postings waren Kooperationspartner und Sponsoren zwar verlinkt worden, im Beschreibungstext aber nicht aufgeführt. Es fehlt schlicht am Kontext zwischen Motiv und Link. Was zeigt: Es kommt drauf an. Was geschieht beispielsweise, wenn ein Letsplayer ein Spiel ‚freiwillig‘ spielt (= keine Werbung), aber bei anderen Produkten und Gelegenheiten mit dem selben Hersteller kooperiert und von ihm bezahlt wird – etwa für Messe-Auftritte? Und wie verhält es sich bei kostenlosen Testexemplaren, wie sie Redaktionen regelmäßig zur Verfügung gestellt werden?

Die Landesmedienanstalten begrüßen das Urteil des Gerichts und den damit einhergehenden Teilerfolg dennoch ausdrücklich: Wenn keine werbliche Kooperation besteht, ist von einem redaktionellen Hinweis auszugehen, der eben nicht als Werbung gilt. „Die Entscheidung des Kammergerichts war von der Branche heiß ersehnt worden und zeigt: Das Warten hat sich gelohnt.“, so DLM-Vorsitzende Cornelia Holsten. „Die werberechtlichen Anforderungen müssen für alle Mediengattungen, egal ob Print, Online, Fernsehen oder Radio, vergleichbar sein, auch wenn teilweise unterschiedliche Gesetze die Grundlage sind.“ Unterschiedliche Maßstäbe würden der Transparenz schaden und den Verbraucher irritieren, da sie den Werbebegriff verwässern.

Erst vor kurzem hatten die Medienanstalten einen überarbeiteten Leitfaden vorgelegt, der Youtuber, Livestreamer und anderweitige Social-Media-Stars bei der Kennzeichnung von Beiträgen unterstützen soll. Mittlerweile ist das Thema auch im Kanzleramt angekommen: Digital-Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) hat im November 2018 bei einem Treffen mit Influencern einen besseren Schutz vor der „Abmahnindustrie“ angekündigt.

Weitere Hintergrund-Informationen finden Sie in folgenden Interviews und Analysen:

  • Influencer-Experte Djure Meinen: „Lieber mehr als weniger kennzeichnen“ – zum Artikel
  • PietSmiet: „Kennzeichnen lieber zu viel als zu wenig“ – zum Artikel
  • Regierung will Influencer vor „Abmahn-Industrie“ schützen – zum Artikel
  • Influencer-Schleichwerbung: Urteil gegen Rossmann – zum Artikel
  • Boris Lehfeld: „Wir sagen mehr als die Hälfte aller Anfragen ab“ – zum Artikel