Wirtschaftlicher Erfolg und klare Kante – aber „keine Idealismus-Diktatur“: Warum sich die Instinct3-Gründer für eine ‚Gute Gesellschaft‘ stark machen.
Dass ein extrem erfolgreicher Influencer (in diesem Fall: Maximilian Knabe alias HandOfBlood alias Hänno) zusammen mit dem eigenen Management eine Firma gründet, war schon 2018 nichts Ungewöhnliches. Alles, außer gewöhnlich ist aber die Unternehmensgruppe, die sich aus der Instinct3 GmbH entwickelt hat. Fünf Agenturen und Vermarkter sind derzeit unter dem Dach der Berliner I3 Holding gebündelt, die ab 2025 einen neuen Namen bekommt: Gute Gesellschaft.
„Verantwortung“ ist daher auch der Begriff, der im einstündigen GamesWirtschaft-Gespräch mit den Co-Gründern Johannes Gorzel und Hendrik Ruhe mit Abstand am häufigsten fällt. Verantwortung für die Belegschaft, für das weitere Wachstum, für die Branche, aber eben auch für die Gesellschaft als Ganzes, was sich in der neuen Dachmarke widerspiegelt.
Der Plan: Die Spandauer wollen dort, wo es ihnen möglich ist, zu einer „guten Gesellschaft“ beitragen – in jeder Hinsicht. Dazu gehört, Haltung zu zeigen, Transparenz zu leben, Themen zu setzen, Projekte und Partner sorgsam abzuwägen – und im Zweifel ‚Nein‘ zu sagen, auch wenn es finanziell weh tut.
Gute Gesellschaft: Influencer-Marketing und E-Sport – aber mit Purpose
Purpose, Haltung, Verantwortung: So viel Pathos weckt zwangsläufig Skepsis. Zumal die bespielten Geschäftsbereiche – Influencer-Marketing, Gaming, E-Sport – nicht zwingend Welten sind, die einem beim Stichwort ‚Werte‘ üblicherweise als Erstes in den Sinn kommen.
So zementiert die lupenreine Monarchie Saudi-Arabien mit Milliarden-Investitionen ihren Status als monopolistischer Monolith, der das komplette E-Sport-Ökosystem kontrolliert – etwa mit Blick auf die Ausrichtung von Weltmeisterschaft (‚Esports World Cup‘) und Olympia. Am Wochenende kürte die FIFA außerdem ihren eFootball-Weltmeister in der saudischen Hauptstadt Riad, sehr zur Freude des um Image-Pflege bemühten Regimes.
An dieser Stelle wird die Nummer mit der ‚Verantwortung‘ also sehr konkret – denn das Instinct3-Jung-von-Matt-Joint-Venture Eintracht Spandau praktiziert nun mal professionellen E-Sport in der Prime League. Eine Annäherung an den Wüstenstaat kommt weiterhin nicht in Frage – auch wenn es „den Kontoständen gut tun würde“, wie Ruhe einräumt. Er springt damit seinem Eintracht-Verantwortlichen Christian Baltes bei, der klargestellt hat, „keinen Beitrag zum Sportwashing“ leisten zu wollen.
Dadurch erhöht sich zwangsläufig der Schwierigkeitsgrad. Denn substanziell Geld verdienen lässt sich allein mit dem Liga-Betrieb in der DACH-Region nicht – das Business sei „weiterhin schwierig“, national wie international. Die Zurückhaltung der Sponsoren und Werbetreibenden bekommt der komplette Markt zu spüren; Bundesligisten und Mitbewerber passen Budgets und Ansprüche an, überwiegend nach unten.
Ruhe und Gorzel fahnden daher nach anderen, neuen Erlösströmen, etwa im Bereich New Sports: Vom Start weg war Eintracht Spandau in Podolskis Indoor-Format Baller League involviert. Die gestiegenen Ambitionen zeigen sich in der Verpflichtung von Kleinfeldfußball-Nationaltrainer Malte Froehlich zum Start der bevorstehenden dritten Saison – Schalke-Held Hans Sarpei wechselt in die Rolle des Sportdirektors.
Rein formal liegen natürlich Welten zwischen League of Legends und Bolzplatz-Fußball, doch bislang gelingt der Spagat offenbar, ohne dass es die Community zerreißt. Hendrik Ruhe: „Wir waren bislang eine harte Gaming-Bude – niemand sprach über Fußball“. Das habe sich geändert.
Dass es im Games-Bereich weiter Potenzial gibt, zeigt das Indie-Publishing: Nach zwei überaus erfolgreichen Testläufen mit TerraScape und Megaloot ist offenkundig, dass die Kombi aus kluger Produkt-Auswahl und HandOfBlood-Promotion funktioniert. An Kandidaten und Interessenten mangelt es nicht.
Allzweckwaffe HandOfBlood: „Wir machen viele Dinge nicht mehr“
Bleibt die Frage: Was macht all das eigentlich mit der Work-Life-Balance von Co-Gründer Knabe, der auf allen Hochzeiten der feinen Gesellschaft mittanzt – als Eintracht-Spandau-‚Präsident‘, Malzbier-Testimonial, Sparkassen-LinkedIn-Berater, Gamescom-Rampensau, Twitch-Streamer, Unternehmer?
Um das wichtigste ‚Asset‘ nicht zu überdehnen, wurde der Alltag des 32jährigen transformiert, diversifiziert, strukturiert. „Wir machen viele Dinge nicht mehr“, sagt Gorzel. Das ‚Nein‘ muss man sich leisten können: Knabe gehört seit Jahren zum obersten Content-Creator-Regal – bei großen Kampagnen werde Hänno ohnehin serienmäßig angefragt.
Anstrengender sei es im Midtier-Business geworden, also bei den Influencern mit mittelgroßer Reichweite. Das sei längst kein Selbstläufer mehr und mache deshalb auch „nicht mehr so viel Spaß wie früher“. Umso wichtiger sei es, neue Content Creator und eigene Formate aufzubauen, etwa die erstmals ausgetragene Influencer Darts WM, die 2025 fortgesetzt wird. Man wolle der Industrie zeigen, was geht, wenn man wirklich will und investiert: Es muss nach TV aussehen, sich aber nicht wie TV anfühlen.
Denn auch dies gehört zum Thema Verantwortung: Die fast 100 Beschäftigten sollen stolz auf das sein, was bei Instinct3 und den angeschlossenen Funkhäusern entsteht.
Dabei gehe es nicht darum, eine „Idealismus-Diktatur“ zu etablieren, betont Johannes Gorzel. Am Ende muss auch eine ‚Gute Gesellschaft‘ schlichtweg Geld verdienen, um Miete und Gehälter zu bezahlen. Aber sein Co-CEO Hendrik Ruhe weiß auch: „Privilegierter und einflussreicher geht es nicht – wenn nicht wir, wer dann?“
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