Start Wirtschaft Cyberpunk 2077-Rückgabe: Kunde gewinnt Klage gegen GameStop (Update)

Cyberpunk 2077-Rückgabe: Kunde gewinnt Klage gegen GameStop (Update)

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Geklagt und gewonnen: GameStop muss den Kaufpreis einer Cyberpunk 2077 CE erstatten (Abbildungen: CD Projekt Red / GameStop)
Geklagt und gewonnen: GameStop muss den Kaufpreis einer Cyberpunk 2077 CE erstatten (Abbildungen: CD Projekt Red / GameStop)

Weil GameStop eine online bestellte und vor Ort abgeholte Cyberpunk 2077 Collector’s Edition nicht zurücknehmen wollte, landete der Fall vor Gericht.

Update vom 1. September 2021: Auf GamesWirtschaft-Anfrage geht die GameStop Deutschland GmbH davon aus, dass es sich bei der vorliegenden Auseinandersetzung um einen Einzelfall handelt: „Ursächlich handelte es sich bei dem vorliegenden Fall um geöffnete beziehungsweise entsiegelte Ware, die normalerweise von der Rückgabe ausgeschlossen ist. Die Konstellation Bestellung online mit Abholung in der Filiale und die jetzt erfolgte Auslegung der Kundenrechte sind für uns neu. Wir prüfen den Sachverhalt intern, ob eine Anpassung der aktuellen Regelungen vorgenommen werden muss.“

Meldung vom 12. August 2021: Im Namen des Volkes hat das Amtsgericht Memmingen am 7. Juli 2021 ein spannendes Urteil gefällt (liegt der Redaktion vor). Kernfrage: Welche Rückgabe-Fristen gelten eigentlich, wenn man ein Computerspiel oder auch einen Controller oder eine Konsole online bestellt, vollständig bezahlt und dann in einer Filiale abholt?

Geklagt hatte ein Kunde aus dem Großraum Stuttgart, der auf gamestop.de bereits im Juni 2019 die Cyberpunk 2077 Collector’s Edition für PlayStation 4 bestellt und per PayPal vollständig bezahlt hat. Kaufpreis: immerhin 219,99 Euro. Erschienen ist das Action-Rollenspiel erst am 10. Dezember 2020 – tags darauf hat er den XXL-Karton im GameStop-Store Stuttgart abgeholt.

Zu diesem Zeitpunkt machten bereits erste Berichte über massive technische Probleme bei der PS4-Version von Cyberpunk 2077 die Runde, was kurz vor Weihnachten sogar zu einer Auslistung des Spiels aus dem amtlichen Sony PlayStation Store führten. Daher hat sich der Kunde dazu entschlossen, die Sammler-Edition gar nicht erst zu öffnen und am 15. Dezember originalverpackt zurückzuschicken.

Doch damit fingen die Probleme erst an. Denn nachdem das Paket bei GameStop angekommen war, wurde ihm mitgeteilt, dass er gar kein 14tägies Widerrufsrecht habe, wie es bei „Fernabsatzgeschäften“ (Online-, Telefon-, Katalog-Bestellung) gesetzlich vorgeschrieben ist – schließlich sei das Spiel ja im Laden abgeholt, also ‚gekauft‘ worden.

Es folgte eine längere E-Mail- und Hotline-Kaskade – mit der Folge, dass GameStop die Rücksendung der Collector’s Edition veranlasste, inklusive dem Hinweis, dass der Spielehersteller CD Projekt Red mittlerweile ein Rücknahmeprogramm gestartet habe. Aufgrund einer durch GameStop verschuldeten Adress-Verwechslung traf das Spiel allerdings erst nach Ablauf der CD-Projekt-Frist beim Käufer ein.

Weil alle Versuche einer gütlichen Einigung scheiterten, hat der Verbraucher seinen Anwalt angeschaltet. Das Ziel: GameStop solle das Spiel zurück nehmen und den Kaufpreis erstatten. Weil man sich mit GameStop nicht außergerichtlich einigen konnte, landete der Fall schließlich vor Gericht – in diesem Fall beim Amtsgericht Memmingen, dem Sitz der GameStop Deutschland GmbH.

Dort argumentierte GameStop, dass es sich bei der Online-Bestellung um eine „unverbindliche“ Reservierung gehandelt habe – der eigentliche Kaufvertrag sei erst mit Abholung der Ware im Geschäft zustande gekommen.

Dieser Auffassung schloss sich das Gericht nicht an: Durch die Online-Bestellung plus Bezahlung schlossen die Richter messerscharf, „dass der Kläger das gewünschte Produkt unbedingt erwerben wollte“. Es lag also sehr wohl ein Fernabsatzgeschäft (§ 312 BGB) vor – der Verbraucher hat demzufolge ein Widerrufsrecht (§ 355 BGB), von dem er fristgerecht Gebraucht gemacht hat.

Kurzum: Der GameStop-Kunde hat das Verfahren auf ganzer Linie gewonnen. Die Beklagte – hier: Gamestop – muss nicht nur den Kaufpreis zurückzahlen, sondern auch die Anwalts- und Prozesskosten tragen. Das Urteil ist rechtsgültig – eine Berufung nicht möglich.

Es ist nicht das erste Verfahren, bei dem sich ein Handelsunternehmen darauf beruft, dass der Kunde ein Produkt ja ’nur‘ reserviert habe. Nach wie vor werden PlayStation-5-Besteller mit frustrierenden Stornierungen konfrontiert – trotz Auftragsbestätigung und vollständiger Bezahlung. Gern genommene Begründung der Hotline-Mitarbeiter: Erst durch den Versand der Ware würde angeblich ein rechtsgültiger Kaufvertrag zustande kommen – der Händler sei nicht zur Lieferung der Konsole verpflichtet.

Die Verbraucherzentrale Sachsen hält diese Vorgehensweise für rechtswidrig – und hat deshalb im März die MediaMarkt-Saturn-Gruppe wegen „irreführender geschäftlicher Handlungen“ sowie „verbraucherschutzwidriger Praktiken“ verklagt. Eine Entscheidung ist frühestens Ende des Jahres zu erwarten. Der Präzedenz-Fall hat Bedeutung für den gesamten Online-Handel, weil sich viele Versender auf ähnliche Klauseln berufen.

Auch wenn diesmal Richter entscheiden mussten: Wer online bei GameStop.de bestellt, profitiert üblicherweise von durchaus verbraucherfreundlichen Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Denn GameStop gewährt eine „erweiterte Rücknahmegarantie“, die deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinaus geht. Demnach können „sämtliche Produkte“, die im Online-Shop verkauft werden, innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Lieferung zurückgegeben werden – natürlich nur im ungeöffneten, ungebrauchten und unbeschädigten Zustand.


GamesWirtschaft hat GameStop um eine Stellungnahme gebeten. Für die PS4-Version von Cyberpunk 2077 sind zwischenzeitlich mehrere, umfangreiche Patches erschienen, die technische Fehler beseitigen und für eine bessere Performance sorgen. Das Action-Rollenspiel ist seit Juni auch wieder im PlayStation Store verfügbar. Noch in diesem Jahr soll eine dedizierte PlayStation-5-Fassung erscheinen – das Upgrade ist für Besitzer der PS4-Version kostenlos.