Der VfL Wolfsburg und der FC Schalke 04 sind in Sachen eSports vorgeprescht – wie reagieren andere Clubs der ersten Bundesliga? GamesWirtschaft hat nachgefragt.

Man kann das Augenrollen am Telefon förmlich fühlen, manches Gespräch beginnt mit einem abgrundtiefen Seufzer: Derzeit vergeht wohl kaum eine Woche, in der sich die Sprecher der Bundesligisten nicht rechtfertigen müssen, warum sie im Gegensatz zum VfL Wolfsburg und Schalke 04 nicht im eSport-Segment aktiv sind. Agenturen, Dienstleister, Teams und Verbände stünden regelmäßig auf der Matte. Zudem würden sich Einzelspieler mit Turnier-Erfahrung melden, die von Herzen gerne für „ihren“ Verein antreten würden.

Keine Frage, der eletronische Sport beschäftigt die Bundesliga. Spätestens seit der Verpflichtung eines eigenen FIFA-Teams auf Schalke diskutieren so gut wie alle Clubs über eSports – und beantworten die Frage nach der Notwendigkeit eines Einstiegs denkbar unterschiedlich. GamesWirtschaft hat alle Erstliga-Vereine der kommenden Saison 2016/2017 nach ihrer Einschätzung befragt.

[no_toc]

eSports in der Bundesliga: Hoffenheim in Sondierungsgesprächen

Die Pläne für ein eSports-Engagement sind Liga-übergreifend unterschiedlich weit fortgeschritten. Am weitesten gediehen scheinen die Pläne der TSG Hoffenheim: „Wir beobachten diesen Megatrend schon seit geraumer Zeit aufmerksam“, heißt es aus dem Kraichgau. „Gerade als innovativ aufgestellter Verein blicken wir immer wieder über den Sport hinaus und analysieren Entwicklungen gerade auch auf dem digitalen Markt. Die Dimensionen, die eSport angenommen hat, geht weit über ein Nischendasein hinaus. Unter Zugzwang sehen wir uns gar nicht. Nicht zuletzt dank unseres Partners SAP haben wir einige Experten in unserem Haus, die entsprechende Einschätzungen abgeben können.“

eSports in der Bundesliga: Nur Schalke und Wolfsburg treten bislang mit eigenen Teams an.
eSports in der Bundesliga: Nur Schalke und Wolfsburg treten bislang mit eigenen Teams an.

eSports in der Bundesliga: Ingolstadt, HSV und Gladbach vor Grundsatzentscheidungen

Bereits in Sondierungsgesprächen befindet sich auch der FC Ingolstadt 04: „Durch unseren Gewinn der Deutschen Meisterschaft in der Tag Heuer Virtuellen Bundesliga sind wir verstärkt auf das Thema E-Sports aufmerksam geworden“, erklärt Marketing-Vorstand Franz Spitzauer. „Was uns natürlich auch sehr gefreut hat: Mit Daniel Butenko spielte der Gewinner der Einzeldisziplin der Virtuellen Bundesliga mit dem FC Ingolstadt 04, was uns die Aufmerksamkeit natürlich nochmal steigerte. Es war spannend, diese Entwicklungen zu verfolgen. Entsprechend analysieren wir derzeit den E-Sports-Markt und werden darauf aufbauend über Aktivitäten in diesem Bereich entscheiden.“

Vom Hamburger Sportverein heißt es: „Grundsätzlich ist eSport auch für den HSV ein interessantes Thema und wir setzen uns entsprechend damit auseinander.“

Auch bei Borussia Mönchengladbach beschäftigt man sich intensiv mit dem eSports und wird „in absehbarer Zeit eine Grundsatzentscheidung treffen, ob Borussia Mönchenglabach auch in diesen Bereich einsteigen wird.“

eSports in der Bundesliga: Kleine Vereine warten ab

Bei den meisten Bundesligisten ist das Thema eSports indes aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht auf Platz 1 der Agenda. Einige Klubs lecken noch Abstiegskampf-Wunden oder haben alle Hände voll zu tun, abtrünnige Spieler und Trainer zu ersetzen. In diesen Phasen gilt es, Prioritäten zu setzen. So sieht beispielsweise der SV Darmstadt als – Zitat – „verhältnismäßig kleiner Verein“ nicht die nötige Relevanz, explizit vor dem Hintergrund der zu erwartenden Kosten.

Der 1. FC Köln „beobachtet das Thema eSports sehr genau“ und sieht sich in Sachen Digitalisierung als einer der Vorreiter in der Bundesliga (übrigens eine Feststellung, auf die nahezu alle Vereine großen Wert legen). „Derzeit haben wir uns aber noch nicht entschieden, in welcher Form wir uns passend zu unserem Club in diesem Bereich engagieren werden“, erklärt Pressesprecher Tobias Kaufmann. „Ein – auch finanziell – so umfangreiches Engagement wie beim FC Schalke 04 ist für den 1. FC Köln aber derzeit sicher nicht darstellbar.“

Augsburg-Sprecher Dominik Schmitz betont, aktuell noch andere Themen behandeln zu müssen, die Vorrang hätten. Aufsteiger Freiburg betont unmissverständlich, sich nicht mit dem Aufbau einer eSport-Abteilung zu beschäftigen und möchte stattdessen „die Kids selbst zum Kicken bewegen“.

Borussia Dortmund: „Passt nicht zu uns als Fußballverein“

Der Bundesliga-Zweite Borussia Dortmund sieht keine „natürliche Verbindung“ mit dem angestammten Sportbetrieb, insbesondere nicht mit dem Fußball. „Die bekanntesten und ertragreichsten Spiele im Bereich eSport sind nicht im Fußball, Tischtennis oder Handball angesiedelt – Beispiel: League of Legends“. Und weiter: „Dies soll keine Bewertung des eSports sein, sondern vielmehr eine Einordnung dessen. Auch wenn wir Hollywood-Filme und Bücher als Bereicherung empfinden, würde der BVB keine Schauspieler- oder Autoren-Gruppen als eigenes Team verpflichten. Auch wenn es sich als lukrativ für eine größere Zielgruppe erweisen würde. Es passt nicht zu uns als Fußballverein. Wir empfinden es für uns nicht als authentisch und „echt“. Andere Klubs werden dies naturgemäß anders bewerten.“

eSports in der Bundesliga: FIFA ja – Counter-Strike nein

Eines erscheint nach unseren Recherchen sicher: Wenn überhaupt, dann würden sich die meisten Vereine maximal in Richtung FIFA engagieren – jenem Electronic-Arts-Spiel, das bereits seit mehreren Jahren im Rahmen der Virtuellen Bundesliga der DFL zum Einsatz kommt. Als durchweg ausgeschlossen gelten Shooter und andere „Ballerspiele“ wie etwa Call of Duty oder Battlefield. „Counter-Strike wird es bei uns nicht geben“, stellt ein Vereinsvertreter der oberen Tabellenhälfte unmissverständlich klar. Ohnehin werde jedes Engagement dahingehend geprüft, ob es „auf die Marke einzahle.“