Start Politik Lootboxen in FIFA 23: Jugendschutz-Behörde kontaktiert Spielehersteller

Lootboxen in FIFA 23: Jugendschutz-Behörde kontaktiert Spielehersteller

0
In den Lootboxen von FIFA 23 sind neben Durchschnitts-Kickern auch Superstars für den Online-Modus FUT enthalten (Abbildungen: EA)
In den Lootboxen von FIFA 23 sind neben Durchschnitts-Kickern auch Superstars für den Online-Modus FUT enthalten (Abbildungen: EA)

Die Bonner Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) nimmt sogenannte Lootboxen ins Visier, wie sie in FIFA 23 verbaut sind.

Dass das Thema Lootboxen in diesen Tagen wieder verstärkt debattiert wird, hat insbesondere mit dem Verkaufsstart des wohl prominentesten Vertreters dieser Spezies zu tun: Das Fußballspiel FIFA 23 ist seit dem 30. September auf dem Markt – wenn alles ’normal‘ läuft, steht das Spiel am Saisonende abermals an der Tabellenspitze der meistverkauften Computer- und Videospiele in Deutschland.

Jugend- und Verbraucherschützer kritisieren seit Jahren das undurchsichtige Lootbox-Geschäftsmodell, das auch in diesem Jahr wieder wunderliche Blüten treibt: So hat Twitch-Influencer Trymacs binnen weniger Tage einen stramm fünfstelligen Betrag für FIFA 23-Sammelkarten ausgegeben und ein digitales Päckchen nach dem anderen im Livestream geöffnet. Diese Lootboxen enthalten Fußballstars, die wiederum im enorm populären Online-Modus FIFA Ultimate Team (FUT) zum Einsatz kommen. In den Tagen vor dem Release hatte ZDF-Satiriker Jan Böhmermann potenzielle Risiken und Nebenwirkungen in seiner Sendung ZDF Magazin Royale aufgearbeitet.

Die Selbstkontroll-Einrichtung der Videospiele-Wirtschaft – die Berliner USK – hat FIFA 23 wie schon die Vorgänger ohne Einschränkungen und damit ab 0 Jahren freigegeben. Die umstrittenen Lootboxen haben bei der Eignungsprüfung keine Rolle gespielt – frühestens für den Jahreswechsel 2022/23 ist die Einführung von Hinweisschildern (‚Deskriptoren‘) geplant. Der Industrieverband Game – dem auch FIFA-Hersteller Electronic Arts als einer der größten Beitragszahler angehört – weist die Kritik an Lootboxen vehement zurück.

Deshalb tritt jetzt die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz auf den Plan: Die Behörde, die dem Familienministerium der Grünen-Politikerin Lisa Paus unterstellt ist und einst unter Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) firmierte, sieht sich veranlasst, in den „Dialog mit Anbietern von bei Kindern und Jugendlichen beliebten Online-Spielen“ zu treten.

Im Fokus stünden „Vorsorgemaßnahmen, mit denen die Anbieter junge Spielerinnen und Spieler vor risikoträchtigen Kauffunktionen wie Lootboxen schützen“. Die BzKJ hält es für möglich, dass solche „glücksspielähnliche Mechanismen“ eine entwicklungsbeeinträchtigende und möglicherweise jugendgefährdende Wirkung entfalten – bis hin zum Kontrollverlust über finanzielle Ausgaben oder die Entwicklung eines exzessiven Spiel- und Suchtverhaltens.

Die Bonner Bundeszentrale, die auch für die Indizierung von Medien zuständig ist, sucht nun das Gespräch mit relevanten Spieleherstellern. Zumindest geografisch dürfte dies keine große Herausforderung darstellen, denn die Niederlassung von FIFA-Hersteller Electronic Arts befindet sich im nur 30 Kilometer entfernten Köln.

Das Ziel der BzKJ: herauszufinden, wie der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Kostenfallen im Einzelfall konkret gelöst ist – etwa durch Voreinstellungen oder eine technische Deckelung des Geldeinsatzes. Die Grundlage liefert das novellierte Jugendschutzgesetz, das im Mai 2021 in Kraft getreten ist – gegen den erbitterten Widerstand der Games-Branche.

BzKJ-Direktor Sebastian Gutknecht: „Das neue Jugendschutzgesetz stellt uns ein breites Instrumentarium für den Umgang mit Interaktionsrisiken wie exzessiver Nutzung oder Kostenfallen zur Verfügung. Es umfasst zum Beispiel die Begleitung der Umsetzung von Anbieterpflichten und auch Orientierungshilfen für Kinder und Jugendliche sowie für Eltern. Klar ist: Die Verantwortung für ein sicheres digitales Umfeld für Kinder und Jugendliche liegt nicht nur bei Eltern, Staat und Zivilgesellschaft. Auch die Anbieter müssen sie mittragen.“