Steuerspar-Modell mit Multiplikator-Effekt: Der Branchenverband Game will dafür sorgen, dass deutsche Studios mindestens finanziell auf internationalem Niveau mitspielen.
Das nennt man Timing: Nahezu zeitgleich zum Schluss-Spurt der schwarz-roten Koalitionsverhandlungen legt der Branchenverband Game der künftigen Bundesregierung ein durchgerechnetes Steuer-Konzept zur Rettung der deutschen Spiele-Industrie auf die Parlaments-Fußmatte.
Handeln tut offenkundig not: Die Zahl der Neu-Gründungen zuletzt ist eingebrochen, Belegschaften schrumpfen, immer mehr Studios müssen mangels Anschlussfinanzierung abgewickelt werden. In den Top 20 der erfolgreichsten Games-Neuheiten 2024 findet sich kein einziges Spiel made in Germany.
In den Nachbar-Ländern ist zwar auch nicht alles Gold, was glänzt, doch die Ausgangslage ist eine ganz andere: Während in Deutschland knapp 12.000 Menschen an Games arbeiten, sind es im United Kingdom doppelt und in Frankreich fast drei Mal so viele. Ein wesentlicher Faktor sind massive Subventionen, etwa in Form von steuerlichen Anreizmodellen – auch bekannt als Tax Breaks oder Tax Credits.
Der Game-Verband hat daher heute ein zweigeteiltes Konzept vorgestellt, das zusammen mit den Mitglieds-Firmen erarbeitet wurde und die Ausgangsbedingungen für Deutschlands Spiele-Entwickler auf internationales Niveau bringen soll.
Und das funktioniert so:
Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sowie Konzerne investieren zunächst auf eigenes Risiko in ein neues Spiel, einen Prototypen, eine Erweiterung oder auch in den Live-Service-Betrieb eines Online-/Mobile-Games – und erhalten im Nachgang eine Gutschrift auf die Körperschaftssteuer. Die Folge: Die Spiele-Entwicklung wird je nach Betriebsgröße um 30 bis 35 Prozent günstiger. Als Bemessungsgrundlage gelten Personal- und sonstige Produktionskosten wie Hardware und Software-Lizenzen.
Vorteil: Die Förderung ist verlässlich planbar und Betriebe können ohne lange Wartezeiten schnell loslegen, indem sie beispielsweise Räume anmieten und Mitarbeiter einstellen. Derzeit ist es so, dass ein solcher „vorzeitiger Maßnahmenbeginn“ eine spätere Förderung verunmöglicht.
Die Mindest-Projektgröße läge bei 300.000 € – nach oben gibt es kein Limit. Dieses Modell soll die Ansiedlung neuer Studios und großer Games ermöglichen – und auch die Chancen erhöhen, dass Co-Development-Projekte ins Land kommen. Solche Zuliefer-Aufträge sichern schon jetzt Tausende Games-Jobs in der Republik – bei Electronic Arts in Köln (EA Sports FC), in den deutschen Ubisoft-Studios (Rainbow Six Siege) oder bei Yager und Nukklear, die am Online-Rollenspiel Dune: Awakening mitwirken.
Games-Förderung: Verband legt Steuer-Konzept vor
Von der Einführung der steuerlichen Games-Förderung verspricht sich der Verband mehr Wettbewerbsfähigkeit, Neuansiedlungen, mehr Umsatz und mehr Spiele, die auf dem Weltmarkt reüssieren.
Hauptargument in Richtung der Politik sind die ‚Hebeleffekte‘: Denn nach Berechnungen der Unternehmensberatung Goldmedia würde jeder Games-Subventions-Euro für 4,80 € an zusätzlichen Investitionen der Unternehmen sowie 3,40 € an zusätzlichen Steuereinnahmen und Sozialabgaben sorgen.
Klar ist aber auch: Wer im Nachgang Steuern und damit Kosten sparen will, muss erstmal vorfinanzieren – genauer: vorfinanzieren können. Gerade im aktuellen Umfeld stellt dies viele Entwickler vor erhebliche, teils existenzielle Herausforderungen. Für Startups und kleine Indie-Studios ohne finanzkräftigen Mutterkonzern soll es daher weiterhin direkte Zuschüsse geben – und zwar in Form eines Förder-Fonds, dessen Finanzbedarf der Verband mit 50 Mio. € pro Jahr beziffert, also auf dem bisherigen Niveau. Seit 2019 hat der Bund die Branche bereits mit mehr als 200 Mio. € bezuschusst.

Die Untergrenze pro Projekt soll bei 100.000 € liegen – derzeit sind es 300.000 €, was gerade kleine Studios überfordert. Die Kombination mit Länder-Töpfen – die sogenannte Kumulierung – hat Habecks Wirtschaftsministerium nach scharfer Kritik des Bundesrechnungshofs einkassiert; der Verband und auch die Bundesländer plädieren dringend für eine Rückkehr zu den ursprünglichen Regeln.
Game-Geschäftsführer Felix Falk ist zuversichtlich, dass dieser Plan aufgeht – und dass sich das Konzept für Finanzminister und Steuerzahler buchstäblich rechnet: „Die erstmals erhobenen starken Hebeleffekte für zusätzliche Investitionen und Steuereinnahmen zeigen eindrucksvoll, was möglich ist. Nun sind Bund und Länder gefragt, zügig in die Umsetzung zu gehen. Dafür legen wir als Games-Branche heute unser konkretes Förderkonzept vor. Damit werden wir auch in Deutschland endlich international vergleichbar und verlässlich und beenden das Hin und Her der letzten Jahre. Dann können wir auch zu den Top-Produktionsorten für Games weltweit aufschließen.“
Auf Nachfrage bekräftigt Falk, dass die Branche eine Einführung des Steueranreiz-Modells zum 1. Januar 2026 erstens für wünschenswert und zweitens für möglich hält. Grundvoraussetzung ist aber zunächst eine handlungsfähige Bundesregierung, die die rechtlichen Rahmenbedingungen schafft und die steuerlichen Auswirkungen im Haushalt 2025 und 2026 hinterlegt.
Im Zuge der Verhandlungen zwischen Union und SPD wurden bereits entsprechende Berechnungen und Prognosen angestellt; im ersten Entwurf des Koalitionsvertrags ist das steuerliche Anreiz-Modell wörtlich erwähnt.
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