Start Politik Deutscher Suchtkongress 2018: „Spielemessen sind schädlich“

Deutscher Suchtkongress 2018: „Spielemessen sind schädlich“

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Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf von der Universität Lübeck forscht zum Thema Computerspielsucht (Foto: Rumpf)
Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf von der Universität Lübeck forscht zum Thema Computerspielsucht (Foto: Rumpf)

Beim Deutschen Suchtkongress 2018 üben Wissenschaftler und Experten scharfe Kritik an Games-Herstellern – und an der Botschaft von Spielemessen wie der Gamescom.

Die Aufnahme der Computerspielsucht („Gaming Disorder“) in den Katalog der Weltgesundheitsorganisation WHO hat wütendes Flügelschlagen internationaler Lobby-Verbände der Videospielindustrie ausgelöst. Unter anderem kritisierte der deutsche Game-Verband, die Zielgruppe würde durch die Klassifizierung der Krankheit „stigmatisiert“.

Diesen Vorwurf hat der Lübecker Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf bereits zum Start der Gamescom 2018 als „unbewiesen und irreführend“ zurückgewiesen: „Das würde bedeuten, dass man im Gegenzug dann auch die Diagnose Alkoholabhängigkeit abschaffen müsse, weil unproblematische Alkoholkonsumenten dadurch stigmatisiert werden könnten.“

Rumpf hat die Weltgesundheitsorganisation beraten und ist gleichzeitig Teil einer Gruppe von 55 Experten aus aller Welt, die sich in einer Stellungnahme explizit für die WHO-Entscheidung ausspricht – unter anderem deshalb, weil die Zahl der Betroffenen in vielen Länden deutlich zunimmt. Erst die WHO-Anerkennung liefere die Grundlage für die Entwicklung, Prüfung und Finanzierung von Behandlungsmethoden.

Das Gremium weist darauf hin, dass die Kritiker der WHO-Aufnahme mehrheitlich keine Wissenschaftler seien, sondern aus Fachgebieten wie der Medienpsychologie oder dem Erziehungsbereich kämen. „Damit sind sie im Grunde fachfremd im Hinblick auf klinische Notwendigkeiten oder Fragen der öffentlichen Gesundheit.“

Deutscher Suchtkongress 2018: Computerspielsucht nimmt zu

Hans-Jürgen Rumpf gehört zu den 600 Teilnehmern beim Deutschen Suchtkongress 2018, der vom 17. bis 19. September in Hamburg stattfindet. Schwerpunkt-Thema in diesem Jahr ist das Suchtverhalten bei Kindern und Jugendlichen, zum Beispiel mit Blick auf soziale Netzwerke, Apps und Games. Mehr als 8 Prozent der männlichen Jugendlichen und jungen Männer zwischen 12 und 25 Jahren sind demnach „computerspielesüchtig“, so eine Studie der Krankenkasse DAK. Die Zahlen dürften nach Einschätzung der Experten weiter zunehmen, weil Angebot und Nutzungszeiten wachsen.

Prävention und Therapie gestalten sich anspruchsvoll. Denn im Unterschied zu Alkohol und Nikotin sei Abstinenz kein probates Mittel, weil Smartphones und PCs fest in den Alltag verwoben sind. Suchtforscher Rumpf hält beispielsweise Warnhinweise nach mehreren Stunden ununterbrochenen Spielens oder eine systemseitige Begrenzung der Spielzeit für sinnvoll.

Viele Computer- und Videospiele funktionieren jedoch genau anders herum: Regelmäßiges Einloggen wird belohnt und gefördert – Auszeiten verschlechtern hingegen zuweilen das Spielergebnis, etwa bei Browsergames oder Apps. Als „sehr schädlich“ stuft Wissenschaftler Rumpf insbesondere Computerspiel-Messen wie die Gamescom ein. Die dort versammelten „Games-Idole“ – gemeint sind Youtuber und Livestreamer – würden die Botschaft vermitteln: „Viel Spielen ist gut.“

Zum Auftakt der Fachtagung hat die Drogenbeauftragte der Bundesregierung ihre Forderung nach einer strengeren Altersfreigabe bei Computerspielen erneuert: Aus Sicht von Marlene Mortler (CSU) müsse die USK bei der Einstufung auch das Suchtpotenzial berücksichtigen.

1 Kommentar

  1. Dann wollen wir auch mal die Weinmessen etc. abschaffen, ist alles extrem schädlich. Und warum gibt es überhaupt so Zeug? Schokolade, Alkohol, Zigaretten, COMPUTERSPIELE. Gehört alles abgeschafft. Ganz ehrlich, eine vielfältigere Messe als die Gamescom, wo sogar Jung und Alt miteinander Spaß haben, kann es doch gar nicht geben! Übrigens gibt’s da auch noch die Workaholics… Also, alle Arbeitsstellen bitte gleich mit abschaffen. Ist höchst gefährlich.
    Ich würde sagen, alles in Maßen, und dann passt das.

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