Start Politik Computerspiele-Förderung: Widerstand „nicht unerheblich“

Computerspiele-Förderung: Widerstand „nicht unerheblich“

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Hendrik Lesser (Remote Control Productions), CSU-Politikerin Dorothee Bär, Felix Falk (Game-Verband) und der Stuttgarter Hochschul-Professor Jens-Uwe Hahn bei der CSUnet Convention am 15. Juli in München (Foto: GamesWirtschaft)
Hendrik Lesser (Remote Control Productions), CSU-Politikerin Dorothee Bär, Felix Falk (Game-Verband) und der Stuttgarter Hochschul-Professor Jens-Uwe Hahn bei der CSUnet Convention am 15. Juli in München (Foto: GamesWirtschaft)

Beim Games-Abend in der Münchener CSU-Zentrale gaben sich die Digital-Politikerinnen Dorothee Bär und Judith Gerlach kämpferisch, dass die Computerspiele-Förderung doch noch zu retten sei. Doch die Widerstände seien groß.

„Die Games-Branche als Speerspitze der Digitalisierung: Gründe, Chancen und der Mehrwert für die Gesellschaft“

Unter diesem etwas sperrigen Motto stand die „CSUnet Convention“ des netzpolitischen Arbeitskreises am Montagabend, zu dem die CSUnet-Vorsitzende Dorothee Bär in die Münchener CSU-Landesleitung geladen hatte. Bär gehört auch dem Parteivorstand an und ist im Hauptberuf Staatsministerin im Kanzleramt sowie Digital-Beauftragte der Bundesregierung.

In ihrer Begrüßung vor den deutlich mehr als 100 Gästen kam die CSU-Politikerin gleich zur Sache: Mit den für 2019 eingeplanten 50 Millionen Euro für die Games-Förderung auf Bundesebene wolle sie sich nicht zufrieden geben – im Gegenteil sei der Betrag noch zu niedrig. Allerdings seien die Widerstände im politischen Berlin weiterhin „nicht unerheblich“. Das gelte im Übrigen auch für den Dialog mit der Community selbst: Zuletzt habe es Absagen von Youtubern und Influencern gegeben, die sich nicht mit Politikern an einen Tisch setzen wollten – womöglich auch eine Folge des „Rezo-Videos“.

Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach verwies in ihrer Keynote abermals darauf, dass der Freistaat via FilmFernsehFonds (FFF) seit zehn Jahren in Games investiert. Fast 150 Projekte mit einem Volumen von 9 Millionen Euro seien in diesem Zeitraum gefördert worden. Im Vergleich mit anderen Nationen wären hiesige Entwickler mangels staatlicher Unterstützung allerdings im Nachteil. Gerlachs Analyse: „Deutschland kann nicht mithalten.“

Dies zu ändern, ist das Ziel der erwähnten Computerspiele-Förderung des Bundes. Doch im 2020-Etat von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sind dafür bislang keine Mittel eingeplant, was in der Branche für große Verunsicherung gesorgt hat. Bliebe es dabei, käme dies einem „politischen Desaster“ gleich, wie es Gerlach in einem Brandbrief an Scheuer formulierte. In ihrer Ansprache ließ die Digitalministerin allerdings offen, mit welchen konkreten Maßnahmen die bayerische Staatsregierung den Games-Bereich stärken will. Wegen eines Folgetermins stand Gerlach für Nachfragen nicht zur Verfügung.

Der Netzpolitik-Arbeitskreis begrüßte deutlich über 100 Gäste zur CSUnet-Convention in der Münchener CSU-Zentrale (Foto: GamesWirtschaft)
Der Netzpolitik-Arbeitskreis begrüßte deutlich über 100 Gäste zur CSUnet-Convention in der Münchener CSU-Zentrale (Foto: GamesWirtschaft)

CSUnet-Vorsitzende Bär: „Horst, du bist jetzt eSport-Minister!“

Im anschließenden Panel machte Dorothee Bär deutlich, dass sie trotz des jüngsten Rückschlags fest entschlossen sei, die Games-Förderung nicht kampflos aufzugeben. Gleichzeitig sei es frustrierend und „unnötig“, wenn nach mühsam errungenen und sicher geglaubten Etappensiegen immer wieder Steine in den Weg gelegt würden. Zwar habe sich in den vergangenen Jahren Vieles zum Positiven verändert – trotzdem gehe es „viel zu langsam voran“, zumal auch innerparteilich weiterhin eine „angstgetriebene Diskussion“ vorherrsche.

Als Beispiel nannte Bär eine eSport-Debatte in einem Bundestagsausschuss, die sich „wie ein Tribunal“ angefühlt habe. Bär erzählte auch eine Anekdote aus den Groko-Verhandlungen im Februar 2018: Nach einer langen Verhandlungs-Nacht habe die CSU-Spitze beim Frühstück beisammen gesessen. Zu diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass der damalige CSU-Chef Horst Seehofer das Innenministerium übernehmen werde und damit auch für den Sport zuständig sei. Als Bär ihn auf die damit einhergehenden Nebenwirkungen hingewiesen habe („Horst, du bist jetzt eSport-Minister!“), habe Seehofer zumindest kurz darüber nachgedacht, ob er das Amt nicht gleich wieder abgeben wolle…

Nun ist Seehofer im Spätherbst seiner Karriere. Überrascht bis enttäuscht zeigte sich die Politikerin darüber, dass die nachrückende Generation der Bundestagsabgeordneten so gut wie kein Interesse zeige, sich für Games stark zu machen. Tatsächlich ist Bär eine von wenigen Parlamentariern, die mit der Branche assoziiert wird und nicht zuletzt im Kanzleramt für die Anliegen der deutschen Entwickler wirbt. Seit 2002 gehört Bär dem Deutschen Bundestag an – längst hätte sie erwartet, dass jüngere Politiker im Bereich Computerspiele aktiv werden. Aber: „Das Thema wird einem nicht streitig gemacht.“

Dieser Umstand sorgt immerhin für kurze Dienstwege ins Kanzleramt bei Felix Falk, der als Geschäftsführer des Branchenverbands Game an der Diskussionsrunde teilnahm. Dort wies Falk erneut auf die Wichtigkeit der Computerspiele-Förderung hin: Noch sei es nicht zu spät, zu Ländern wie Frankreich oder Großbritannien aufzuschließen – allerdings sei die Bundesregierung nun aufgefordert, für Planbarkeit und Nachhaltigkeit zu sorgen. Fortschritte erhofft sich Falk von Scheuers Gamescom-Besuch: Der Verkehrsminister wird die Kölner Spielemesse am 20. August gemeinsam mit Dorothee Bär offiziell eröffnen.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Hendrik Lesser, der mit seinem Münchener Unternehmen Remote Control Productions an gleich mehreren Studios beteiligt ist, darunter Chimera Entertainment („Angry Birds Epic“). Lesser ist gleichzeitig im Vorstand der Standortinitiative Games Bavaria Munich, die im Mai die eingefrorenen Fördergelder in Bayern scharf kritisiert hatte. Nach seinen Worten gehe von der CSUnet Convention die Erwartung aus, dass den politischen Bekenntnissen mit Blick auf „Games als Speerspitze der Digitalisierung“ nun auch die konkrete Umsetzung folge.