Start Meinung PlayStation 4-Comeback: Renovieren statt Produzieren (Fröhlich am Freitag)

PlayStation 4-Comeback: Renovieren statt Produzieren (Fröhlich am Freitag)

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Rarität PlayStation 4: Fabrikneue PS4-Bundles werden zu absurden Preisen gehandelt (hier bei Idealo)
Rarität PlayStation 4: Fabrikneue PS4-Bundles werden zu absurden Preisen gehandelt (hier bei Idealo)

Sony und der Handel nehmen PlayStation 4-Konsolen vom Markt – um sie dem Markt kurz darauf wieder zuzuführen. Huch, was ist da denn los?

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

zuletzt hat Aldi ein PlayStation-4-Paket mit drei Spielen für 367 € rausgestellt – das war vor zwei Jahren, im September 2020, wenige Wochen vor der Markteinführung der PlayStation 5.

Seitdem ist es irrsinnig anstrengend bis unmöglich geworden, an ein fabrikneues Exemplar der seit 2013 produzierten PS4 heranzukommen. Kaum ein Versender oder Elektronikmarkt hat die Kiste im Sortiment – und wenn, dann zu abenteuerlichen, um nicht zu sagen: unverschämten Bares-für-Rares-Sammler-Tarifen.

Anfang vergangenen Jahres gab es belastbare Indizien, dass Sony die gute, alte PlayStation 4 länger produziert als geplant und sogar die Kapazitäten hochfährt – einfach deshalb, weil die Hightech-Chips für den Nachfolger PlayStation 5 fehlen. Sollte es diese Pläne je gegeben haben, so sind sie offenbar vom Tisch: In den jüngsten Sony-Geschäftsberichten wird das Auslaufmodell erst gar nicht mehr erwähnt, so homöopathisch sind die Stückzahlen.

Dabei gingen in den Hochzeiten allein im deutschsprachigen Raum mehr als eineinhalb Millionen ‚Playsis‘ über den Tisch – pro Jahr.

Sony hat jetzt einen ziemlich pfiffigen Weg gefunden, um die überaus erfolgreiche und beliebte Konsole am Leben zu erhalten, ohne selbst wieder in die Produktion einsteigen zu müssen. Das Zauberwort lautet: Refurbishing, also ‚Renovierung‘.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Bis vorerst kommenden Dienstag können die Kunden ihre funktionstüchtige PlayStation 4 nämlich einfach in jedem Saturn-Markt abgeben – ungereinigt. Ohne Umverpackung. Noch nicht mal der Controller wird verlangt.

Im Gegenzug gibt es einen Saturn-Einkaufsgutschein zwischen 120 und 200 €, je nach Baureihe. Es handelt sich um Festpreise – dadurch entfällt das lästige Ebay-Kleinanzeigen-Rumgeheule („Ey, da is ne Schramme auf der Unterseite – 20 € weniger oder du kannst die Mühle behalten.“).

Dass Fachhändler oder GameStop-Filialen Altgeräte ankaufen, ist freilich nichts Neues. Überraschend ist aber, dass so eine Aktion von Sony höchstselbst massiv in Newslettern, auf amtlichen PlayStation-Websites und per Social Media beworben wird.

Was geschieht nun mit den eingesammelten Konsolen? Die Geräte werden von Dienstleistern gründlich durchgecheckt und frisch geölt und zertifiziert mit zwölfmonatiger Herstellergarantie weiterverkauft – und zwar sowohl bei Saturn als auch via PlayStation Direct.

Mit einigem Erstaunen habe ich in dieser Woche registriert, dass der US-Ableger des Sony-Werksverkaufs bereits ein beachtliches Gebraucht-Sortiment („Factory Recertified“) führt – von Gamepads über Kopfhörer bis hin zu Konsolen. Wir werfen hier also einen Blick in die nähere Zukunft: Es gibt wenige Gründe anzunehmen, dass der Plan nicht auch in Europa umgesetzt wird.

Was passiert hier? Meine Erklärung:

  • Erstens kann und will nicht jeder 500, 600, 700 € aufwärts in die Hand nehmen, um sich eine PlayStation 5 inklusive Zubehör und Games ins Haus zu holen.
  • Zweitens wäre es ja schade, wenn Abermillionen PS4-Systeme unmonetarisiert vor sich hin stauben.
  • Drittens produzieren die Sony-Studios sowie Dritt-Publisher weiterhin schöne PS4-Spiele. Alle Games-Blockbuster des laufenden Jahres sind auch für die PlayStation 4 erhältlich – von Elden Ring und Horizon: Forbidden West über FIFA und Call of Duty bis God of War Ragnarök.
  • Und viertens braucht Sony dringend neue Eintrittspunkte ins eigene Ökosystem, um die Nachfrage nach dem Abodienst PlayStation Plus und die Spielzeit der Nutzer zu erhöhen. Beide Kennzahlen stagnieren seit Jahren, trotz neuer Konsole. Auch demnächst startende und noch sehr vage ausformulierte Treue- und Bonusprogramme sollen zum Einschalten motivieren.

Der japanische Konsolenbauer hat an dieser Stelle akuten Handlungsbedarf – was einigermaßen paradox klingt, weil ja nach wie vor gar nicht so viele PS5-Konsolen produziert werden (können), wie der Markt verlangt. Es erklärt auch die Schärfe, die zuletzt in die Debatte um die geplante Activision Blizzard-Übernahme durch Microsoft gekommen ist: PlayStation-Boss Ryan sorgt sich insbesondere um ein mittelfristiges Wegbrechen des Umsatz-Magneten Call of Duty.

Diese öffentliche Auseinandersetzung hilft Microsoft – und schadet Sony. Zumal der US-Konzern mit Blick auf Geschäftsmodelle wie Abo-Flatrates oder Streaming via Game Pass ohnehin perspektivisch besser aufgestellt ist. Insbesondere existiert mit der Xbox Series S eine Konsole, die für 270 bis 280 € ein geradezu spektakulär gutes Preisleistungsverhältnis bietet. Mit Ausnahme von Sony-Exklusivtiteln gibt es wenig, was nicht auch auf einer Series S läuft.

Sony fehlt hingegen ein günstiges Modell in der 300-€-Region. Im Gegenteil: Nach der jüngsten Preiserhöhung kostet die ‚kleinste‘ PS5 – die Digital Edition – stramme 450 €. Und wer sich nur zwei 80-€-Spiele-Neuheiten pro Saison gönnt, zahlt allein dafür bereits mehr als ein Xbox-Besitzer für ein ganzes Jahr Xbox Game Pass Ultimate mit allem Pipapo.

Kurzum: PlayStation-Spielen muss man sich leisten können – und wollen.

Mancher Unentschlossene mit begrenztem Budget wird da ins Grübeln kommen. Man muss kein Prophet sein, um zu ahnen: Die „Muss das jetzt wirklich sein?“-Preissensibilität der Verbraucher wird in den kommenden Monaten eher steigen als sinken.

Weil die PS4-Nachproduktion offenkundig keine Option ist, macht Sony jetzt das, was Apple, Microsoft & Co. schon seit längerem tun: Altgeräte einsammeln, durchfeudeln, wieder dem Markt zuführen. Nur halt jetzt systematisch und in größerem Maßstab. Daran kann man nichts Schlechtes finden. Denn letztlich profitieren alle: der Handel (Umsatz). Die Umwelt (Nachhaltigkeit). Entwickler (Kundschaft). Und natürlich Sony selbst.

Das Potenzial ist jedenfalls gigantisch: Statistisch war / ist in jedem fünften deutschen Haushalt eine PlayStation 4 in Betrieb.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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6 Kommentare

  1. Gute Idee, aber leider zu schlecht bezahlt. Warum sollte jemand die PS4 bei Saturn verkaufen, wenn er auf anderem Weg (z. B. Rebuy) deutlich mehr dafür bekommt?

    • Bei rebuy bekommt man für die Pro ohne Controller und Zustand sehr gut nur 157 Euro,, mit Controller gibt es 197 Euro, und am Ende wird das Gerät noch abgewertet und bekommt noch nicht mal den vorgeschlagenen Preis.

  2. Ich würde meine alte PS4pro ja bei dieser Aktion abgeben. 200 Euro stressfrei wäre mir lieber als mich mit irgendwelchen Typen auf Kleinanzeigen ruzuärgern.
    Der massive Haken dabei ist aber, dass es die 200€ nicht cash sondern nur als Gutschein gibt. Der ist zudem nur ein Jahr gültig und man kann ihn nicht nach und nach (z.b. für Spiele) aufbrauchen sondern hat einen MBW, der sogar höher als der Gutscheinwert ist. In meinem Fall müsste ich erst für 250 Euro was kaufen um den Gutschein einsetzen zu können. Und schon wird aus einer eigentlich interessanten Aktion eine dreiste Unverschämtheit.

    Dann lieber für letzte Preis auf Kleinanzeigen oder einem der anderen gewerblichen Aufkäufer.

  3. Langfristig wrid die PS4 aber wohl aussterben! Der Grund: Studios, die sowohl für PS4 als auch PS5 produzieren müssen oft höhere Entiwkclungskosten in Kauf nehmen, den Expertise im Bereich der Sony SDKs kostet eben Geld, teilweise sehr viel Geld. Zusätzlich müssen die Spiele auch an die geänderten Hardwareanforderungen angepasstw erden, sieht man ganz schön an Cyberpunk 2077. Hier ist die PS4 Version deutlich hinter der PS5 Version zurück, was Grafik und Performance angeht. Wir können es nunmal nicht ändern, Raytracing gibt es und wir wollen es auch sehen.

    Von daher ist der PS4 An- und Weiterverkauf vielleicht ein kurzfristiges Löschen von akuten Bränden im Markt, langfristig muss Sony aber eine stabile Versorgung mit PS5 Konsolen gewährleisten

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