Games sind Kulturgut, heißt es. Doch woran sich hiesige Videospiele-Kultur konkret festmachen lässt, bleibt weiterhin nebulös.
Fröhlich am Freitag 4/2019: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion
Verehrte GamesWirtschaft-Leser,
einen Stern, der deinen Namen trägt, hoch am Himmelszelt … na, wippt das Füßchen schon? Deutscher Schlager funktioniert erschreckend gut – im Karneval, beim Aprés Ski, im Oktoberfest-Zelt, auf Malle, bei Abi-Feiern, bei Ommas Achtzigstem, im Stau. Die Zutaten: eingängige Melodien und Hooks, gefällig arrangiert, dazu schlichte Botschaften schlicht verpackt.
Von den 10 erfolgreichsten Alben 2018 sind neun (!) deutschsprachig, sagt die GfK. Nur Ed Sheeran hat sich zwischen Helene Fischer und Santiano gemogelt. Die Grenze vom Schlager zur Pop-Musik und umgekehrt ist weiterhin fließend – wo fängt Mark Forster an, wo hört Rosenstolz auf?
Deutscher Schlager ist Kulturgut, keine Frage. Ebenso wie der deutsche Film, der derzeit ausflippt vor Freude über die erneute Oscar-Nominierung von Florian Henckel von Donnersmarck. Kaum ein regionaler Filmförderer, der das Academy-Votum nicht für sich reklamiert. Was wieder mal belegt: Deutsche Filme glänzen immer dann in Cannes, Venedig oder in den Hollywood-Hügeln, wenn sie deutsche Historie aufarbeiten.
Wer mehr als 50.000 Kinozuschauer haben will, dreht hingegen besser eine Komödie.
Vergleichbare Meriten fehlen der deutschen Video-Spiele-Zunft. Was in Frankfurt, Hamburg, Berlin, München von multinational besetzten Teams entwickelt wird, zielt auf den Weltmarkt – zwangsläufig. Deutschland ist nicht genug, schon lange nicht mehr. Letzte Spurenelemente typisch deutscher Gamedesign-DNA finden sich allenfalls in komplexen Browsergames, die in all ihrer Pfriemligkeit auf den extrem populären 90er-Jahre-Wirtschaftssimulationen basieren. „Excel mit Grafik“, Sie erinnern sich.
Die Folge: Es gibt kaum noch Games, die sich klar als „made in Germany“ zuordnen und abgrenzen ließen. Selbst der Landwirtschafts-Simulator ist Schweizer.
Ich finde: Was den Anspruch erhebt, Kulturgut zu sein, braucht auch ein Stückweit kulturelle und geographische Identität und Wiedererkennbarkeit. Das leistet die Musik, das leistet der Film, das leistet der Literatur-Betrieb, aber sehr selten das Medium Games.
Im besten Fall tragen die vielen Millionen Euro der geplanten Games-Förderung dazu bei, dass künftig (auch) Spiele in Deutschland entstehen, die Anerkennung und Auszeichnungen anstreben – und nicht (nur) möglichst hübsche KPIs.
Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen
Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft
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