Mit der überraschenden Terminverschiebung vermeidet EA ein blutiges „Battle Royale“ zwischen Battlefield 5, Assassin’s Creed Odyssey, Call of Duty Black Ops 4 und Red Dead Redemption 2.

Fröhlich am Freitag 36/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

wenn Spielehersteller den ursprünglichen Erscheinungstermin eines Titels einkassieren und nach hinten verlegen, dann lautet die Begründung nahezu immer: Feinschliff, also mehr Qualität. Plus natürlich das Kunden-Feedback, das die Entwickler extrem dringend noch einbacken wollen. So war es auch am gestrigen Donnerstagnachmittag MEZ, als Electronic Arts die knapp fünfwöchige Verschiebung von „Battlefield 5“ von Oktober auf November bekannt gab.

Was will man auch sonst sagen?

Je nachdem, wie massiv die Verschiebung ausfällt (eine Woche, ein Monat, ein Quartal, ein Jahr), sehen auch die Folgen aus – für den Vertrieb, für Marketing und PR, für Aktionäre und Investoren. An der NASDAQ war man sich über die Implikationen schnell einig: Der Kurs der Electronic-Arts-Aktie brach förmlich ein – von 128 Dollar auf unter 116 Dollar. Der Chart-Verlauf sieht aus wie der Rügener Kreidefelsen.

Schon vor der Gamescom war der Kesseldruck angestiegen: Analysten hatten den Daumen gesenkt, Chief Design Officer Patrick Söderlund – einer der mächtigsten EA-Manager – verlässt das Unternehmen.

Über Jahrzehnte war eine Verschiebung wie im Falle von „Battlefield 5“ vor allem deshalb eine Katastrophe, weil nicht nur gebuchte TV-Spots ins Rutschen kamen, sondern auch die Paletten-Stellflächen und die Platzierungen in den Prospekten der Elektronikmärkte. Es war also in erster Linie ein logistisches Dilemma.

Heutzutage spielen andere Faktoren eine Rolle. Kaum eine Meldung über die „Battlefield 5“-Verschiebung von Oktober auf November kam ohne den Hinweis aus, die Entscheidung habe auch mit der irren Menge an Action-Spielen zu tun, die im Oktober erscheinen: „Assassin’s Creed Odyssey“ am 5.10., „Call of Duty Black Ops 4“ am 12.10. und schließlich „Red Dead Redemption 2“ am 26.10. – allesamt Fortsetzungen mit prognostizierten Milliarden-Umsätzen. Mit dem ursprünglichen Termin am 19.10. wäre „Battlefield 5“ förmlich in die Release-Zange genommen worden.

Es wäre sicher übertrieben davon zu sprechen, EA habe so etwas wie Bammel vor diesen Mitbewerbern – „Battlefield“ ist eine der wertvollsten, langlebigsten und robustesten Games-Marken überhaupt, inklusive treuer Community.

Trotzdem ist die Konkurrenz-Situation ein Problem, mehr denn je. Denn entgegen anderweitiger Gerüchte hat auch der Tag von Influencern maximal 24 Stunden. Youtuber und Livestreamer spielen das, was das Publikum nachfragt (oder der Spielehersteller bezuschusst). Es geht also darum, welche Titel im wichtigen Vorweihnachtsgeschäft die sozialen Netzwerke dominieren – Twitch, Twitter, Instagram, Youtube, möglicherweise Facebook.

Auch wenn der Lebenszyklus von Games-Blockbustern mittlerweile in Jahren gemessen wird und sich die Vermarktung allein dadurch massiv vom Film unterscheidet, sind die ersten ein, zwei Wochen weiterhin kriegsentscheidend. Meistens zumindest – nur selten gelingt nach einem verkorksten Start ein Turnaround während des laufenden Rennens.

Das mediale Aufmerksamkeits-Schlachtfeld hat sich zum Battle Royale entwickelt. Nach der Negativ-PR um die umstrittenen Lootboxen im vergangenen Jahr würde es nicht verwundern, wenn das schwedische Entwicklerstudio DICE nicht nur an Spielbalance und Spielmodi schraubt, sondern demnächst auch noch ein überarbeitetes Geschäftsmodell aus dem Hut zaubert.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Alle bisherigen Folgen von „Fröhlich am Freitag“ finden Sie in unserer Rubrik „Meinung“.


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