Download-Portale wie Steam waren nur ein Vorgeschmack: Auf Spiele-Flatrates à la EA Origin Access Premier haben selbst große Spielehändler (noch) keine Antwort.

Fröhlich am Freitag 32/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

ein Unternehmen, das seit 30 Jahren rein digitale Produkte vertreibt, wird Opfer der Digitalisierung.

Das ist die bittere Botschaft, die hinter der meistgeklickten Meldung der Woche steckt: Beim Hamburger Großhändler und Distributor Flashpoint wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Management will den Betrieb sanieren und fortführen.

Der Fall steht symptomatisch für eine existenzielle Frage des Fachhandels: Woher kommt 2019 oder 2025 eigentlich der Umsatz?

Denn die marktführenden Publisher bauen mit Nachdruck den Direktvertrieb aus, unter Umgehung des Groß- und Einzelhandels – siehe Origin Access/EA Access (Electronic Arts), uPlay (Ubisoft) oder das Blizzard Battle.Net, um nur die wichtigsten zu nennen. Der Rest wird von Steam, GOG und den Online-Stores der Konsolen-Betreiber aufgesogen.

Schwer im Kommen sind Flatrate-Modelle à la Netflix und Spotify – Motto: einmal zahlen, alles nutzen. Für Spielehersteller ergeben sich dadurch nur Vorteile: direkter Kundenkontakt, personalisierbare Angebote, Echtzeit-Nutzungsdaten, ein wahr gewordener Marketing-Traum.

Dieses Rad lässt sich nicht zurückdrehen.

Flashpoint und andere Händler haben diese Entwicklung natürlich kommen sehen und das Sortiment längst um- und ausgebaut. Indes hat der Katalog an Fanartikeln, Hardware, Zubehör, Spielwaren und „Trend-Artikeln“ die Umsatzeinbrüche im Software-Geschäft nicht kompensieren können.

Zumal Phänomene wie der Fidget Spinner maximal einen Sommer lang rotieren.

Von der Entwicklung betroffen sind nicht nur Großhändler und die „kleinen Händler ums Eck“ (die es immer seltener gibt), sondern auch und gerade die umsatzstärksten Ketten, die für die Spiele-Hersteller – zumindest vorerst – unverzichtbar sind.

Der Grund: Das Geschäftsmodell von Media Markt, Saturn, Expert, Euronics oder Gamestop besteht überwiegend darin, in Kartons abgepackte Produkte zu verkaufen – stationär und online. Keine dieser Ketten hat Stand heute eine funktionierende Antwort vorzuweisen, wie man an rein digitalen Produkten seriös (mit-)verdienen kann. Ungezählte Projekte, Plattformen und Experimente sind versandet. So mutierte das mit großem Tamm-Tamm gestartete Download-Portal JUKE von Saturn/Media Markt inzwischen zur Musik-Flatrate, die inhaltlich und preislich mit Spotify, Amazon Music und Apple Music konkurriert. Oder vielmehr: konkurrieren will.

Nicht jeder Anbieter hat den Luxus, wie Amazon das eigene Business emotionslos kannibalisieren zu können. Stattdessen schrumpfen CD-, DVD-, Bluray- und Games-Verkaufsflächen wie Softeis in der Sonne. Die Exklusiv-Deals mit hochpreisigem, massenhaft produziertem Collector’s-Edition-Nippes sind ein nettes, saisonales Zusatzgeschäft, mehr nicht.

Die Uhr tickt. Nintendo startet in wenigen Wochen einen Switch-Online-Dienst – dann fließt noch mehr Umsatz am Handel vorbei.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Alle bisherigen Folgen von „Fröhlich am Freitag“ finden Sie in unserer Rubrik „Meinung“.


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