Das Berliner Multi-Channel-Netzwerk Allyance erhält als erstes YouTuber-Netzwerk Deutschlands eine übergreifende Rundfunklizenz. Was ändert sich für die angeschlossenen Letsplayer?
Rocket Beans TV hat eine, der FC Bayern München hat eine, Gronkh hat eine – und das Berliner YouTuber-Netzwerk Allyance hat sie seit neuestem auch: eine staatliche Rundfunklizenz.
Die Genehmigung der Aufsichtsbehörden ist nicht nur Voraussetzung zum Betrieb eines Radio- und TV-Senders, sondern eben auch die Lizenz zum Streamen. Zumindest dann, wenn man als Letsplayer auf Twitch, YouTube oder Mixer regelmäßig live auf Sendung geht.
Der Vorgang ist aus zwei Gründen richtungsweisend:
- Erstens ist Allyance Network – eine Sparte von Webedia Gaming (u. a. GameStar, GamePro) – das erste Netzwerk seiner Art in Deutschland, das eine übergreifende Rundfunklizenz erhält. Es wird also gleichsam Neuland betreten.
- Und zweitens profitieren alle angeschlossenen Allyance-Kanäle von dieser Lizenz. Was bedeutet, dass sich zum Beispiel GermanLetsplay, Der Heider, Moondye7, HandOfBlood, Saftiges Gnu, LOGO, Danny Jesden und Hunderte weiterer YouTuber nicht einzeln um eine (teure) Lizenz bemühen müssen.
Anja Zimmer, Direktorin bei der zuständigen Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB), sieht in der Entscheidung „ein wichtiges Signal für alle Influencer und die Netzwerke der Branche.“ Gleichzeitig wolle sich die Medienanstalt weiter dafür einsetzen, die strenge Zulassungspflicht für Internet-Streams durch eine Anzeigepflicht zu ersetzen.
„Wir haben endlich unser Ziel erreicht, allen Talents bei Allyance ganz unkompliziert legales Live-Streaming ermöglichen zu können”, jubelt Netzwerk-Chef Philipp Senkbeil.
Damit schließt sich der Kreis: Denn zu den Allyance-Mandanten gehört auch PietSmiet, die zu den reichweitenstärksten Gaming-Influencern des Landes zählen. Im Frühjahr 2017 wurden die fünf YouTuber von den Medienanstalten unter Androhung von Bußgeldern dazu aufgefordert, eine Zulassung zu beantragen. Die Behörden machten den Fall per Pressemitteilung öffentlich und sahen im Twitch-Kanal von PietSmiet ein „Rundfunkangebot ohne Zulassung“.
Das Quintett entschied sich dafür, das 24-Stunden-Live-Angebot PietSmiet TV abzuschalten und sich zwischenzeitlich mit unregelmäßigen Streams zu behelfen. Parallel wurde darauf hingewirkt, die Lizenzpflicht für Letsplayer in der Neufassung des Rundfunkstaatsvertrags zu beseitigen oder zumindest abzumildern. Das scheint zu klappen, doch wann die Neuregelung in Kraft tritt, ist völlig offen.
Jetzt böte das Allyance-Dach auch für PietSmiet die Möglichkeit, ab sofort rund um die Uhr live zu streamen.
Rundfunklizenz für Allyance: „Wollen unsere Talents aus der Grauzone holen“
Gegenüber GamesWirtschaft erklärt Allyance-Direktor Philipp Senkbeil, wie sich die Lizenz in der Praxis auswirkt.
GamesWirtschaft: Warum habt ihr euch dazu entschieden, eine Rundfunklizenz zu erwerben?
Senkbeil: Eine Rundfunklizenz in dieser speziellen und bisher einzigartigen Ausprägung bietet unseren Mitgliedern im Allyance Network endlich die Möglichkeit, relativ unkompliziert den rechtlichen Bedingungen nachzukommen, die in Deutschland für Rundfunk und damit auch für viele Live-Streaming-Angebote gelten.
Wir haben uns entschlossen, nicht darauf zu warten, dass irgendwann einmal der Medienstaatsvertrag geändert wird und unsere Talents dann erst legal streamen, sondern wollten unsere live streamenden Talents, aber auch unsere eigenen Marken aktiv aus der Grauzone holen, in der jeder Streamer hofft, nicht auf dem Radar der Landesmedienanstalten zu erscheinen.
Welche Auswirkungen/Nebenwirkung hat die Rundfunklizenz a) für eure Streamer und b) die Zuschauer in der Praxis? Welche potenziellen Nebenwirkungen sind zu erwarten?
Wir machen unseren streamenden Mitgliedern das Angebot, unter unsere Rundfunklizenz zu schlüpfen. Daran knüpfen wir ein paar Bedingungen und Regeln, da wir als Unternehmen den Landesmedienanstalten Rede und Antwort stehen müssen. Dabei ist es wichtig, weiterhin vertrauensvoll mit den Talents zusammenzuarbeiten und sich eng über die Inhalte im Livestream abzustimmen.
Es gibt aber keinen Automatismus. Jedes Mitglied kann selber entscheiden, ob es unseren Service in Anspruch nehmen möchte. Genauso prüfen wir bei jedem Kandidaten sehr genau, ob wir ihn unter unseren Lizenz-Schirm nehmen.
Für den Zuschauer ergeben sich keine Nachteile. Im Gegenteil: Wir kennen Streamer, die ihren Sende-Rhythmus absichtlich vage halten und nicht kommunizieren, um nicht eine der Voraussetzungen für Rundfunk zu erfüllen. Dass Jugendschutz-Themen auch im Live-Streaming eingehalten werden müssen, ist ebenfalls nichts Neues für unsere Talents.
Aber das wird tatsächlich eine der wichtigen Voraussetzungen sein und könnte auch am ehesten wahrgenommen werden vom Zuschauer. Ihr Lieblings-Streamer wird in Zukunft noch mehr darauf achten, welche Inhalte für die Altersgruppe seiner Zuschauer geeignet sind und wie diese präsentiert werden.
Für uns als USK-Mitglied ist das darum auch kein Nachteil, sondern ein angenehmer Nebeneffekt und toll für den Jugendschutz in Deutschland.