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Walbert-Schmitz: So verändert sich die Gamescom

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Kleckern, nicht klotzen: der Activision Blizzard-Auftritt auf der Gamescom 2019 (Foto: Walbert-Schmitz)
Kleckern, nicht klotzen: der Activision Blizzard-Auftritt auf der Gamescom 2019 (Foto: Walbert-Schmitz)

Die Gamescom 2023 ist nicht mehr die Gamescom von 2015 oder 2019 – das spüren nicht nur die Besucher, sondern auch große Messebauer. Eine der prominentesten Adressen: Walbert-Schmitz.

Wenn es um besonders spektakuläre Gamescom-Auftritte geht, dann fällt fast immer ein Name: Walbert-Schmitz. Die Aachener Spezialisten (Motto: We create Experiences) haben unter anderem die fast schon legendären Messebauten von Blizzard Entertainment (Video), Activision und Sony PlayStation (Making-Of) konzipiert und konstruiert – mit gigantischen Showbühnen, auf denen ganze Orchester musizierten, dazu Präsentations-Kinos, Hunderte Anspielstationen und aufwändige Deko auf Freizeitpark-Niveau.

Auch während der Gamescom 2022 war Walbert–Schmitz GmbH & Co. KG für einige der größten Messestände verantwortlich, allen voran Level Infinite und Plaion. 265.000 Besucher waren nach offiziellen Angaben in Köln vor Ort.

Natürlich laufen in Aachen längst die Vorbereitungen für die Gamescom 2023. Für welche Kunden das Unternehmen in diesem Jahr im Einsatz sein wird, ist streng gehütetes Firmengeheimnis. Denn bislang existieren mit Nintendo und Ubisoft erst zwei Aussteller, die von der Koelnmesse offiziell angekündigt wurden – weitere sollen in Kürze folgen (laufend aktualisierte Übersicht).

Dessen ungeachtet gibt es kaum bessere Ansprechpartner für die Frage, wie sich die Gamescom mit Blick auf Aussteller, Standkonzepte, Nachhaltigkeit und Kosten verändert – und was das für Spielehersteller und Besucher bedeutet.

Walbert-Schmitz: So verändert sich die Gamescom

Jens Malms, Chief Sales Officer bei Walbert-Schmitz
Jens Malms, Chief Sales Officer bei Walbert-Schmitz

Erste Erkenntnis: Das Interesse der Aussteller und der Gesprächsbedarf ist weiterhin groß, es gäbe viel Bewegung im Markt, heißt es aus Aachen – das Spektrum reicht von Vergrößerung bis zur Verkleinerung oder gar Absage: „Grundsätzlich wird jedoch immer stärker der Fokus auf Community, Aktivierung und sonstige Events im Rahmen der Gamescom gelegt“, weiß Chief Sales Officer Jens Malms.

Auf diese offensichtliche Entwicklung haben auch die Veranstalter der Gamescom reagiert: Seit dem Restart im August 2022 gibt es zum Beispiel eine eigene Event Arena in Halle 6. Die Bühne samt Kamera-Teams, Technik und Bestuhlung kann von Unternehmen für Shows, Turniere und Präsentationen gebucht werden.

Soviel Exklusivität hat natürlich ihren Preis: Am Gamescom-Samstag werden 260.000 € netto alleine für die Hallenmiete fällig. Im vergangenen Jahr zählte Chip-Hersteller AMD zu den Kunden – Level Infinite organisierte ein Metal: Hellsinger-Konzert.

Die größten Messestände auf der Gamescom 2022 (Stand: 18. August 2022)
Die größten Messestände auf der Gamescom 2022 (Stand: 18. August 2022)

Gamescom-Trend: Immer weniger Spielstationen

Wer an der Gamescom zum wiederholten Male als Fach- oder Privatbesucher teilnimmt, dem ist eines bereits beim Betreten der Hallen aufgefallen: Die Zahl der PC- und Konsolen-Spielstationen ist im Lauf der Jahre kontinuierlich gesunken.

Dieses Gefühl lässt sich mit Zahlen untermauern: Noch auf der Gamescom 2019 betrieb etwa Microsoft Xbox mehr als 200 Konsolen und PCs – zuletzt waren es weniger als 40. Dabei sind Anspielmöglichkeiten eigentlich der Markenkern der Gamescom – und für viele Besucher der Hauptgrund für die Reise nach Köln, wie Umfragen der Veranstalter ergeben haben.

Dass der Trend weg von der Spielstation führt, registrieren auch die Weltenbauer von Walbert-Schmitz. Hands-on – also das eigenständige Ausprobieren mit Tastatur, Maus und Gamepad – sei zwar weiterhin gefragt, erklärt Jens Malms. „Aber anders als vor fünf oder zehn Jahren sind Release-Daten von neuen Titeln nicht mehr an die Gamescom gekoppelt. Diese Möglichkeit zum ersten Blick auf einen neuen Titel oder gar ein erstes Anspielen verliert massiv an Bedeutung.“

Wie schon 2022 ist Level Infinite als Aussteller der Gamescom 2023 bestätigt (Foto: GamesWirtschaft)
Wie schon 2022 ist Level Infinite als Aussteller der Gamescom 2023 bestätigt (Foto: GamesWirtschaft)

Umso wichtiger wird es, dass die Gamescom als solches „nachhaltigen Content“ kreiert, der viel stärker nach außen wirkt. Sprich: Die Social-Media- und Streaming-Tauglichkeit eines Auftritts muss von vornherein im Konzept eingebacken werden und ist mindestens so wichtig wie das Besucher-Erlebnis vor Ort.

Wenn die Bewerbung eines konkreten Produkts weniger wichtig wird, rücken außerdem Marke und Marken-Aufbau (‚Brand-Building‘) stärker in den Fokus. Gerade große Unterhaltungselektronik-Konzerne präsentieren daher konsequenter als früher ihr komplettes Portfolio an Hardware, Software und Services.

Ana Pareja Leon – Creative Director Spatial bei Walbert-Schmitz
Ana Pareja Leon – Creative Director Spatial bei Walbert-Schmitz

Und noch eine interessante Entwicklung: Sogenannte ’non endemic brands‘ – also Markenhersteller ohne direkten Computerspiele-Bezug – würden sich vermehrt für den Bereich Gaming interessieren. Die Anforderungen an Konzept und Auftritt sind dort natürlich ganz andere: Auf der Gamescom 2022 waren Marken wie Mini, Ford, Red Bull, Ferrero, LEGO, Porsche oder McDonald’s präsent.

Das Gesicht der Videospielemesse verändert sich also, wie Ana Pareja Leon (Creativie Director Spatial) beobachtet: „Ziel und Chance der Gamescom muss es sein, dass ein wirklicher Festivalcharakter entwickelt wird. Das Treffen vor Ort, der persönliche Austausch und das Erlebnis, das Eintauchen in die Welten wird immer wichtiger.“

Gamescom 2022: Autobauer Mini kooperiert mit den Pokémon-Machern (Foto: GamesWirtschaft)
Gamescom 2022: Autobauer Mini kooperiert mit den Pokémon-Machern (Foto: GamesWirtschaft)

Die Gamescom als Festival

Klar ist aber auch: Irgendjemand muss diesen ‚Festival-Charakter‘ finanzieren – die Besucher merken dies längst an steigenden Ticket-Preisen. Auch die Kosten für Fläche, Material, Energie und Personal kannten schon vor Pandemie und Ukraine-Krieg nur eine Richtung – nach oben.

Die davongaloppierenden Ausgaben haben sich im vergangenen Jahr erkennbar auf ‚Schauwerte‘ und Standgrößen ausgewirkt. Großkunden wie Electronic Arts, Sony Interactive, Nintendo oder Take-Two Interactive verzichteten gar komplett auf einen Gamescom-Auftritt, Ubisoft oder Microsoft kamen mit weniger Quadratmetern aus. Gerade mittelgroße Publisher rechnen mit spitzem Bleistift, ob sich der immense personelle und finanzielle Aufwand samt der monatelangen Vorbereitungszeit wirklich lohnt.

„Die größere Herausforderung liegt in unseren Augen nicht im Budget und der Beschaffung, sondern eben in der inhaltlichen Weiterentwicklung einer Veranstaltung im Bereich der Live-Kommunikation der Gamescom“, betont Ana Pareja Leon. Aufgrund der Veränderungen in der Art und Weise, wie Spiele-Neuheiten angekündigt und vermarktet werden, gäbe es 2023 schlichtweg ein anderes Anforderungsprofil als noch vor einigen Jahren.

Das Unternehmen hat sich daher vor fünf Jahren neu aufgestellt, weil längst absehbar war, dass die Ansprüche von Besuchern und Kunden steigen – die strategische und inhaltliche Beratung wurde wichtiger. In den zurückliegenden Monaten haben die Aachener „mit einer Handvoll sehr bekannter und etablierter Unternehmen im Bereich Gaming“ ein regelrechtes Netzwerk aufgebaut, um noch mehr Leistungen aus einem Guss anzubieten.

Gamescom Award 2018: Die Fachjury hat den "Fortnite"-Auftritt (Halle 8) zum besten Messestand gewählt - Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx
Gamescom Award 2018: Die Fachjury hat den „Fortnite“-Auftritt (Halle 8) zum besten Messestand gewählt – Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx

Wie nachhaltig ist die Gamescom?

Material, Logistik, An- und Abreise von Ausstellern und Besuchern, Beleuchtung, Heizung, Klimatisierung: Großveranstaltungen sind stets eine Zumutung für die Umwelt. Die Ausrichter haben sich daher auf den Weg gemacht, eine klimaneutrale Gamescom zu organisieren – die Emissionen werden durch Zertifikate kompensiert.

In der Computerspiele-Branche ist diese Botschaft noch nicht wirklich angekommen, wie Walbert-Schmitz-Manager Jens Malms feststellt: Explizit im Bereich Gaming gäbe es noch „sehr viel Luft nach oben“ – bislang lasse sich „eigentlich überhaupt kein Interesse oder ernsthafte Ansätze für eine Veränderung“ erkennen.

In anderen Wirtschaftszweigen spüren die Messe-Spezialisten hingegen sehr wohl, dass Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz eine immer größere Rolle spielen – „zum Glück nicht nur von uns, sondern auch von vielen unserer Kunden.“


Die Gamescom 2023 startet am 22. August mit der Opening Night Live (gesondertes Ticket erforderlich). Der Messebetrieb auf dem Koelnmesse-Gelände erstreckt sich vom 23. August bis zum 27. August. Tickets sind ausschließlich online im Vorverkauf erhältlich. Weitere Informationen zu Öffnungszeiten, Programm, Unterkunft und Ausstellern finden Sie in unserer Gamescom-Rubrik.