Den umstrittenen Casino-Streamern stehen härtere Zeiten bevor: Die Amazon-Streaming-Plattform Twitch geht gegen Glücksspiel-Formate vor.
„An update on gambling on Twitch“ – die Überschrift der am heutigen Mittwoch via Social Media verbreitete Ankündigung mutet harmlos an, kommt aber einem Paradigmenwechsel gleich.
Denn die Amazon-Sparte Twitch reagiert nun doch auf die anhaltende und in den vergangenen Tagen lauter formulierte Kritik an sogenannten ‚Casino-Streams‘, die aus Sicht von Experten die Spielsucht fördern und insbesondere für Minderjährige ein Risiko darstellen.
Zum 18. Oktober tritt daher eine neue ‚Gambling-Policy‘ in Kraft, wonach sich Streamer nicht mehr bei der oft stundenlangen Nutzung von Roulette, Craps (Würfelsspiele) oder Slots (Spielautomaten) zeigen dürfen. Bereits bislang untersagt – wenngleich nicht konsequent sanktioniert – war die Verbreitung von Links oder Affiliate-Codes zu Online-Casinos. Die bestehenden Regeln seien von Einzelnen ‚umgangen‘ worden, zum Schaden der Twitch-Community.
Betroffen sind im ersten Schritt eine ganze Reihe großer Glücksspiel-Plattformen, die laut Twitch entweder keine Zulassung im Heimatmarkt USA haben oder durch unzureichende Verbraucherschutz-Mechanismen auffällig geworden sind. Unklar bleibt, wie mit den vielen Anbietern verfahren wird, die etwa über eine deutsche Glücksspiel-Lizenz verfügen und auf der amtlichen ‚Whitelist‘ stehen (PDF).
Die Details der neuen ‚Gambling Policy‘ sollen in Kürze vorgestellt werden: Twitch sendet aber schon jetzt ein sehr deutliches Signal an Influencer, Werbe-Industrie und Plattformen, wonach das Thema nun verstärkt ins Blickfeld gerät und mindestens intensiverer Regulierung unterliegt.
Weiterhin zulässig bleiben Streams auf Basis von Sportwetten, Fantasy Sports und Poker – auch die enorm populären (und lukrativen) ‚Pack Openings‘ von Lootboxen in FIFA Ultimate Team & Co. bleiben offenkundig zulässig. Sowohl hiesige Länderparlamente als auch EU-Verbraucherschützer fordern eine stärkere Regulierung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. FIFA 22 ist ohne Einschränkungen freigegeben, Gleiches gilt für FIFA 23 (erscheint am 30. September).
Auch hierzulande steht Twitch mit Blick auf den laxen Umgang mit Casino-Streams regelmäßig in der Kritik. So hat Satiriker Jan Böhmermann den Themenkomplex Glücksspiel, Influencer und Games regelmäßig in seinen Sendungen aufgegriffen, zuletzt am vergangenen Freitag in ZDF Magazin Royale (Aufzeichnung).
Einige der reichweitenstärksten Twitch-Streamer des Landes – darunter MontanaBlack oder Jens ‚Knossi‘ Knossalla („Der König des Internets“) – zockten über Jahre hinweg vor Publikum an simulierten Spielautomaten. Anfang 2021 hat Knossalla mit Verweis auf die – so wörtlich – „Vorbildfunktion“ seine Casino-Stream-Karriere vorerst beendet.
