Start Wirtschaft Tivola-Chef Peeters: „Petventures wird unsere größte Eigenproduktion“

Tivola-Chef Peeters: „Petventures wird unsere größte Eigenproduktion“

0
Hendrik Peeters ist Geschäftsführer von Tivola Games (Foto: Tivola)
Hendrik Peeters ist Geschäftsführer von Tivola Games (Foto: Tivola)

Ein Jahr nach der Übernahme durch einen schwedischen Publisher zieht Tivola-Geschäftsführer Hendrik Peeters eine erste Zwischenbilanz.

Ende Mai 2020 wurde bekannt, dass die börsennotierte Three Gates AB (mittlerweile: Jumpgate AB) mit Sitz in Schweden die Mehrheit beim Kinderspiele-Spezialisten Tivola übernommen hat. Das Hamburger Studio wurde bereits 1995 gegründet und gehört damit zu den ältesten existierenden Spiele-Entwicklern des Landes.

Bereits zum Zeitpunkt der Übernahme hatte Geschäftsführer Hendrik Peeters angekündigt, „größere Spiele“ entwickeln zu wollen – auch mit Unterstützung der bundesdeutschen Games-Förderung.

Im GamesWirtschaft-Interview skizziert Peeters, was seit der Übernahme passiert ist und welche Pläne das Studio in den kommenden Monaten verfolgt. Zusammen mit InnoGames-Co-Gründer Michael Zillmer spricht Peeters auch namens des Industrieverbands Game für die Hamburger Games-Branche.

Jüngster Zukauf schwedischer AGs in Deutschland: Tivola Games aus Hamburg (Stand: 2.6.2020)
Jüngster Zukauf schwedischer AGs in Deutschland: Tivola Games aus Hamburg (Stand: 2.6.2020)

Peeters: „Nicht das erste Mal, dass Tivola sich ein Stück weit neu erfinden darf.“

GamesWirtschaft: Vor exakt einem Jahr ist Three Gates, heute Jumpgate, bei Tivola eingestiegen – seitdem sind allerdings noch keine neuen Produkte erschienen. Was ist in den vergangenen zwölf Monaten bei Tivola passiert?

Peeters: Wir arbeiten weiterhin fleißig an unseren neuen Produktionen, von denen mit Petventures die erste sehr bald in den Softlaunch gehen wird. Mit Wildshade soll eine weitere im Herbst erscheinen und eine dritte Eigenproduktion ist für Sommer 2022 geplant.

Dazu kommen in den nächsten zwölf Monaten weitere Spiele, bei denen wir der Publisher sind. Dabei liegt der Fokus weiterhin auf Free2Play-Mobile-Games mit Tieren, wobei die neuen Spiele wesentlich größer respektive tiefer ausfallen werden als in der Vergangenheit.

In 26 Jahren Tivola ist es nicht das erste Mal, dass Tivola sich ein Stück weit neu erfinden darf. Und auch, wenn wir nicht alles auf den Kopf gestellt haben und uns in vielem treu bleiben konnten, so braucht ein Neustart Zeit – Zeit, die wir uns nehmen wollten, aber auch dank der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit Jumpgate, wie Three Gates mittlerweile heißt, nehmen konnten.

Gerade das notwendige Wachstum des Teams wollten wir nicht überstürzen; das war und ist bedingt durch die Situation mit Corona und Home-Office auch kein triviales Unterfangen. Dazu galt es, neue Prozesse aufzusetzen und zu etablieren und auch als virtuelles Büro genauso handlungsfähig und -schnell zu bleiben.

Alles ist etwas schwieriger in dem Moment, in dem sich Menschen kaum kennenlernen und finden können – zumindest nicht so, wie man es sich normalerweise wünscht.

Du hattest im Rahmen des Investments die Erwartung formuliert, dass „1 plus 1 in diesem Fall 3“ ergeben kann – also ein klares Signal Richtung Expansion. Ist diese Rechnung bereits aufgegangen?

Diese Formel bezog sich zunächst und vor allem darauf, dass sich Jumpgate und Tivola in vielen Punkten hervorragend ergänzen und unterstützen können. Darüber hinaus ist es Tivola trotz der widrigen Umstände seit über einem Jahr gelungen, nach und nach zu wachsen, so dass wir aktuell bei 24 Mitarbeiter*innen stehen und im Laufe des Jahres noch ein paar dazu kommen werden.

Auf diese Weise wollen wir es schaffen, dass drei kleine Teams autark an eigenen Produktionen arbeiten, während wir gleichzeitig nicht nur für uns selbst als Publisher auftreten können.

Im September 2020 hat das Verkehrsministerium euer Projekt Animal World mit dem Maximalbetrag von 200.000 Euro gefördert. In welchem Stadium befindet sich das Projekt?

Petventures – ehemals Animal World als Arbeitstitel – steht kurz vor dem Softlaunch und wir sind zum einen wahnsinnig stolz auf das, was bei uns entstehen konnte. Zum anderen freuen wir uns sehr auf den Release. Schließlich stellt Petventures nicht nur das umfangreichste Mobile Game dar, dass wir in über zehn Jahren, die wir nun schon auf dieser Plattform unterwegs sind, veröffentlichen, sondern ist dazu die bisher größte Eigenproduktion in der Geschichte Tivolas überhaupt.

Wir haben vor dem Start genau analysiert, wo unsere Stärken und Schwächen liegen. Wir wollten den typischen Kern unserer Tierspiele erhalten – sprich süße Tiere, liebevolles Kümmern, semirealistischer Stil und so weiter.

Wir wussten aber auch, dass wir, um auf dem Mobile Markt weiterhin bestehen zu können, mehr in die Tiefe gehen und größere Spiele machen müssen als in der Vergangenheit. Das bedeutet, dass unsere bisherigen, eher zaghaften Versuche, uns in Richtung des dominierenden Geschäftsmodells Free2Play zu entwickeln, eben nicht konsequent genug waren.

Petventures ist nun von Anfang an entsprechend designed und entwickelt worden. Wir versprechen uns davon, dass der Titel einen wesentlichen Beitrag leisten wird, Tivola auf ein neues Niveau zu heben. Die Kombination aus dem Einstieg von Jumpgate und der Förderung haben uns in die Lage versetzt, größer und mutiger denken und handeln zu können und endlich das Projekt angehen zu können, dass es aus unserer Sicht braucht, um uns nachhaltig, stabil und konkurrenzfähig weiterentwickeln zu können.

Besonders stolz sind wir darauf, dass es wirklich „unser“ Spiel ist, also alles bei uns erdacht wurde und entstanden ist. Während wir vor ein paar Jahren noch zaghaft davon träumten, auch Entwickler zu werden und unsere ersten Gehversuche zu wagen, so kann ich jetzt sagen, dass wir das geschafft haben.

Wie wollt ihr Tivola strategisch aufstellen? Wie sehen eure Pläne für 2020 aus?

Wir sind in 2020 und auch 2021 vor allem damit beschäftigt, nach und nach die neuen Spiele zu veröffentlichen und natürlich auch zu pflegen. Dabei setzen wir insgesamt auf einen Dreiklang aus den besagten Eigenproduktionen, aus Spielen, die wir beauftragen – so wie es ja auch viele Jahre in der Vergangenheit der Fall war – und Publishing von bereits bestehenden oder in der Produktion befindlichen Titeln, die wir als spannend für uns identifizieren können.

Dabei kann eine Zusammenarbeit wie bisher auch durchaus unterschiedlich ausfallen: Von der Auftragsarbeit bis zur Co-Produktion oder einem reinem Publishing ist alles denkbar.

Bei Planung und Auswahl achten wir darauf, dass die Titel in unser Portfolio passen, das nun einmal vor allem von Tierspielen dominiert ist – und weiterhin sein wird. Dabei geht es zum einen darum, die Qualität zu erhöhen, aber auch das eine oder andere für uns neue Thema auszuprobieren, zum Beispiel wenn es um andere Spielmechaniken geht. Außerdem wollen wir auch in Zukunft nicht alles auf eine Karte setzen und so auch das Risiko ein Stück weit minimieren. Und während wir auch die Augen offenhalten, mit wem wir in Zukunft noch zusammenarbeiten könnten, so bleiben unsere bisherigen Partnerschaften bestehen.

Alles in allem ein Neuanfang also, dem dennoch viel Kontinuität innewohnt.