Start Wirtschaft Activision Blizzard-Kauf: Kartellbehörde hat Bedenken (Update)

Activision Blizzard-Kauf: Kartellbehörde hat Bedenken (Update)

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Microsoft plant die Übernahme von Activision Blizzard. Kaufpreis: jenseits von 68 Milliarden $ (Abbildungen: Microsoft Inc.)
Microsoft plant die Übernahme von Activision Blizzard. Kaufpreis: jenseits von 68 Milliarden $ (Abbildungen: Microsoft Inc.)

Ganz so trivial wird die Übernahme von Activision Blizzard durch Microsoft dann doch nicht: Die Kartellbehörden haben Fragen.

Update vom 12. Oktober 2022: Die britische Wettbewerbsbehörde CMA hat die Bedenken mit Blick auf die geplante Integration von Activision Blizzard in das Microsoft-Ökosystem ausbuchstabiert (PDF). Im Kern dreht sich die Untersuchung um die Frage, ob der US-Konzern in einzelnen Segmenten eine marktdominierende Stellung aufweist oder entwickeln könnte – zum Nachteil von Mitbewerbern, allen voran PlayStation-Hersteller Sony.

Die Kartellwächter halten dieses Szenario für realistisch – und zwar mit Blick auf den Spielkonsolen-Markt, Abo-Dienste und Streaming-/Cloud-Gaming-Dienste. Die CMA sieht Risiken insbesondere durch eine eine kolportierte Exklusivität der Activision-Blockbuster-Marke Call of Duty. Microsoft hat mehrfach betont, dass künftige Versionen auch weiterhin auf PlayStation-Systemen stattfinden sollen – und zwar zum selben Zeitpunkt und inhaltlich identisch.

Zwar sei Call of Duty derzeit nicht Bestandteil des Abodienstes Xbox Game Pass – gleichwohl spräche viel dafür, dass sich dies nach Vollzug des Mergers ändert, so die Argumentation der CMA. Durch diesen strategischen Vorteil würde der Wettbewerb auf dem Markt leiden – zum Schaden der Verbraucher.

In einer ersten Reaktion auf die CMA-Position spielt Microsoft die eigene Marktposition herunter – und betont gleichzeitig die Sony-Dominanz. So seien derzeit 150 Millionen PlayStation-Konsolen im Umlauf, während es die Xbox-Welt auf ’nur‘ 63,7 Millionen Geräte bringt – also weniger als die Hälfte. Sony habe im August sogar Preiserhöhungen für die PlayStation 5 durchsetzen können – ohne nennenswerte Einbußen mit Blick auf den Marktanteil.

Aus dem Microsoft-Papier geht nicht hervor, ob der US-Konzern die Integration von Call of Duty in Abo-Angeboten der Konkurrenz dulden würde.

Bis Ende des Jahres will die CMA die beteiligten Parteien anhören und dann im Januar vorläufige Erkenntnisse vorlegen – die finale Entscheidung wird für März 2023 erwartet. Auch in der EU und in den USA beugen sich die Wettbewerbshüter über die Unterlagen, während die Behörden in Brasilien bereits grünes Licht gegeben haben.


Update vom 7. September 2022: Der Kesseldruck steigt, die Formulierungen werden schärfer: Eigentlich habe er sich nicht zum laufenden Verfahren äußern wollen, so PlayStation-Boss Jim Ryan gegenüber Gamesindustry.biz. Doch was Xbox-Chef Phil Spencer öffentlich via Blog-Eintrag kommuniziert hat, will Ryan nicht so einfach unkommentiert lassen.

Demnach habe Microsoft lediglich angeboten, die drei kommenden Call of Duty-Ausgaben mit allen Features und Inhalten auch für PlayStation bereit zu stellen – also inklusive Call of Duty: Modern Warfare 2, das am 28. Oktober 2022 erscheint.

Ryan hält diese Zusage für „in vielerlei Hinsicht unzureichend“: Nach fast 20jähriger Call of Duty-Tradition auf PlayStation-Systemen werde den Auswirkungen auf die Sony-Kunden zu wenig Beachtung geschenkt. „Wir wollen, dass Microsoft den PlayStation-Spielern garantiert, dass sie weiterhin ein Call of Duty-Erlebnis in bester Qualität bekommen – und der Microsoft-Vorschlag widerspricht diesem Grundsatz.“

Ryans Sorge ist mit Blick auf die kommerziellen Auswirkungen nicht völlig unbegründet: Call of Duty Vanguard (2022) und Call of Duty: Modern Warfare (2021) gehörten im vergangenen Jahr zu den meistgekauften und -gespielten Titeln im PlayStation Network – und zwar sowohl in den USA als auch in Europa. Bei den Free2Play-Spielen rangiert Call of Duty: Warzone in beiden Märkten unter den Top 3.


Activision Blizzard-Kauf: Kartellbehörde hat Bedenken

Meldung vom 1. September 2022: Noch bis Mitte 2023 kann es dauern, ehe der Xbox-Konzern Microsoft die Studios, Marken, Games und Kundendaten eines der umsatzstärksten Spielehersteller der Welt übernehmen darf – für die Rekordsumme von fast 70 Milliarden Dollar. Dabei war der im Januar 2022 angekündigte Kauf von Activision Blizzard bereits von den Aktionären genehmigt worden.

Dass der Vorgang so lange dauert, hat insbesondere damit zu tun, dass unter anderem die Kartellbehörden in den USA und in Europa die möglichen Implikationen für die Games-Industrie sorgsam prüfen – etwa mit Blick auf die Folgen für Sony Interactive oder Nintendo. Die für das Vereinigte Königreich zuständige Competition and Markets Authority (CMA) hat nun nach eingehender Untersuchung Bedenken formuliert, dass der Wettbewerb im Bereich Spielkonsolen negativ beeinflusst werden könnte. Deshalb werde man sich jetzt in einer zweiten Runde genauer mit den Auswirkungen befassen.

Insbesondere fürchten die Wettbewerbshüter, dass Microsoft einzelne Spiele anderen Konsolenherstellern vorenthalten könnte – und durch eine Stärkung des hauseigenen Xbox Game Pass unüberwindbare Markteintrittsbarrieren für bestehende und künftige Anbieter schaffen könnte. Dies gilt insbesondere für die Marken Call of Duty und World of Warcraft. Gerade die Ego-Shooter-Serie zählt zu den kommerziell bedeutsamsten und damit wertvollsten Games-Marken überhaupt.

Das Votum der CMA ist von erheblicher Bedeutung, ob – und wenn ja: unter welchen Bedingungen – der Vorgang abgeschlossen werden kann. Denkbar sind beispielsweise Vorgaben, die dazu führen, dass Microsoft zwar den Kauf vornehmen darf, sich aber von einzelnen Marken trennen muss. Im für den Käufer günstigsten Fall geht die Übernahme – wie im Falle von Zenimax / Bethesda – ohne Auflagen durch.

Kurzum: Es ist keineswegs sicher, dass der Deal wie geplant durchläuft.

Zeitgleich mit der CMA-Pressemitteilung hat Microsoft-Gaming-CEO Phil Spencer daher einen Blogeintrag veröffentlicht – Überschrift: „Gaming für alle und überall: Unsere Sicht auf die Activision Blizzard-Übernahme“. Darin betont Spencer abermals die Wichtigkeit von Wahlmöglichkeiten, um mehr Spieler zu erreichen – sei es via Konsole, per Smartphone, Notebook, Streaming oder TV.

Konkret kündigt er an, die Spiele-Bibliothek von Activision Blizzard – inklusive Overwatch, Diablo und Call of Duty – im Flatrate-Tarif Xbox Game Pass und PC Game Pass zu integrieren. Analog zu Netflix und im Unterschied zu PlayStation Plus sind alle Microsoft-Eigenproduktionen ab Tag 1 im Pauschalpreis inklusive.

Spencer wiederholt die Zusage, die bereits unmittelbar nach Ankündigung der Übernahme-Pläne gegeben wurde – nämlich, dass Call of Duty-Spiele auch künftig unverändert und zeitgleich auch auf anderen Plattformen stattfinden. Auch plattform-übergreifende Multiplayer-Matches sollen weiterhin möglich sein. Der Microsoft-Manager verweist in diesem Zusammenhang auf den Umgang mit Minecraft, dessen Entwicklerstudio Mojang 2014 erworben wurde. Das Spiel ist für faktisch alle relevanten Systeme erhältlich, von den Appstores bis hin zur Switch.

Marktführer wie Tencent und Sony würden ihrerseits Markenrechte und Studios zukaufen und damit ihren Einfluss erweitern, ebenso wie andere Entertainment-Konzerne, so Spencer: „Wir glauben, dass eine gründliche Prüfung zeigen wird, dass sowohl die Industrie als auch die Spieler von einer Kombination aus Microsoft und Activision Blizzard profitieren werden.“

Die nächste Call of Duty-Episode (Modern Warfare 2) erscheint am 28. Oktober 2022 für PC, Xbox One, Xbox Series X, PlayStation 4 und PlayStation 5.

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