Start Wirtschaft Anderie: „50 Millionen für Videospiele sind noch zu wenig“

Anderie: „50 Millionen für Videospiele sind noch zu wenig“

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Seit April 2018 ist Lutz Anderie neuer Professor für Wirtschaftsinformatik in Frankfurt.
Seit April 2018 ist Lutz Anderie neuer Professor für Wirtschaftsinformatik in Frankfurt.

Der Frankfurter Wirtschaftsinformatik-Professor Lutz Anderie ist überzeugt: Die Games-Förderung ist keine Verschwendung von Steuergeldern, sondern gut investiert.

„Die Bundeswehr benötigt dringend das Wissen und Skills der Gamer: Ob in der Cyberdefense oder beim Steuern von Drohnen – die Games-Branche hat das Know-How.“

So lautet eines der Argumente, mit denen Lutz Anderie die staatlichen Subventionen von 250 Millionen Euro für deutsche Computerspiele-Entwickler verteidigt.

Anderie ist Professor an der Frankfurt University of Applied Sciences und hält die Games-Förderung des Bundes aus weiteren Gründen für gut investiertes Geld: Ein Drittel seiner Absolventen würde mit erworbenem Games-Know-Know außerhalb der Branche starten oder nach kurzer Zeit zu anderen Arbeitgebern wechseln – etwa in der Automobil-, Zuliefer- oder Banken-Industrie oder bei der Deutschen Bahn.

Für 2020 aufwärts hat die Bundesregierung 50 Millionen Euro pro Jahr budgetiert; seit vergangener Woche steht fest, dass auch die EU-Kommission keine Einwände gegen die Pläne des Verkehrsministeriums hat.

„Die Frage, ob Computerspiele gefördert werden sollen, ist durchaus berechtigt“, so Anderie. „Muss eine Mediengattung, die ohnehin auf breites Interesse in der Zielgruppe trifft, gefördert werden? Oder ist das Verschwendung von Steuergeldern?“ Aus seiner Sicht seien 50 Millionen Euro Förderung pro Jahr noch zu wenig. „Virtual Reality, Künstliche Intelligenz und Blockchain, um nur einige zu benennen, sind Zukunftstechnologien, die von der Games-Branche entwickelt, getestet oder perfektioniert wurden“, sagt Anderie. Mit dem Geld würden außerdem Startups sowie Games-Unternehmen unterstützt, die für die Digitalisierung zukunftsrelevante Jobs schaffen würde.

Gerade die mittelständisch geprägte Wirtschaft im Land habe ihr Potenzial längst noch nicht ausgeschöpft: Jetzt werde sich zeigen, ob Deutschland den verlorenen Anschluss bei der Digitalisierung wieder gutmachen kann.

Computerspiele-Förderung 2019: Diese Bundesländer investieren am meisten in die Games-Entwicklung (Stand: 12.2.2020)
Computerspiele-Förderung 2019: Diese Bundesländer investieren am meisten in die Games-Entwicklung (Stand: 12.2.2020)

Unter welchen konkreten Voraussetzungen die staatliche Games-Förderung künftig ausbezahlt wird, ist bislang noch offen: Das Verkehrsministerium unter Leitung von Ressort-Chef Andreas Scheuer (CSU) arbeitet zur Stunde an der Förder-Richtlinie, die im Lauf des Jahres in Kraft treten soll.

Scheuers Behörde ist außerdem seit Monaten erkennbar überfordert, zeitnah Hunderte von Anträgen abzuschichten, die in der ersten Phase des Projekts „Games-Förderung“ eingegangen sind. Erst in 31 von 380 Fällen wurden seit August 2019 Schecks ausgestellt: Weniger als 5 Prozent des für 2019 zur Verfügung stehenden Fördertopfes wurde in den ersten sieben Monaten ausbezahlt.

Übergeordnetes Ziel der Computerspiele-Förderung des Bundes ist die Schaffung vergleichbarer Wettbewerbsbedingungen mit anderen europäischen Standorten. Der Marktanteil deutsches Games im Inland ist zuletzt auf einen neuen Tiefstand gefallen.

3,1 Milliarden Euro wurden 2018 mit Games in Deutschland umgesetzt (ohne Online-Dienste und Hardware) - der Marktanteil von Spielen made in Germany liegt bei 4,3 Prozent (Stand: August 2019)
3,1 Milliarden Euro wurden 2018 mit Games in Deutschland umgesetzt (ohne Online-Dienste und Hardware) – der Marktanteil von Spielen made in Germany liegt bei 4,3 Prozent (Stand: August 2019)