Eine knappe Viertelmilliarde Dollar spült der Verkauf von Saber-Studios und Markenrechten in die Kassen der angeschlagenen Embracer Group.
Update vom 13. September 2024: Exakt sechs Monate nach der Abspaltung von Saber Interactive gibt es spannende Neuigkeiten aus Stockholm: Weil der Käufer Beacon Interactive die vertraglich vereinbarte Option hat verstreichen lassen, darf der Verkäufer (also die Embracer Group) zwei Studios behalten, nämlich 4A Games (Metro 2033, Metro Exodus) und Zen Studios (Marvel Pinball, Castle Storm) mit Sitz in Budapest.
4A Games arbeitet auf Malta und in Kiew an zwei noch unangekündigten PC- und Konsolen-Titeln im Metro-Universum. Da die Markenrechte an der Shooter-Serie bei der Münchener Embracer-Sparte Plaion liegen, spricht viel dafür, dass 4A Games der im Aufbau befindlichen Einheit mit dem Arbeitstitel ‚Middle-Earth Enterprises & Friends‘ zugeschlagen wird. Dort sind auch Eidos Montreal (Tomb Raider), Dambuster Studios (Dead Island 2) und das Hamburger Studio Fishlabs untergebracht.
Andere Embracer-Studios und -Publisher aus dem deutschsprachigen Raum – THQ Nordic, Grimlore Games, HandyGames, Black Forest Games, Purple Lamp Studios etc. – werden hingegen dem Geschäftsbereich ‚Coffee Stain & Friends‘ zugeordnet.
Am Ende eines laufenden Prozesses wird Embracer in drei eigenständige, börsennotierte Unternehmen aufgespaltet (Hintergrund).
Update vom 14. März 2024 (16:30 Uhr): Im Tagesverlauf sind weitere Details zum Embracer-Saber-Deal bekannt geworden, die allerdings eher zur Verunsicherung der Börsianer beigetragen haben: Am späten Nachmittag lag das Kurs-Minus bei 12 Prozent – die Marktkapitalisierung rutschte unter den Wert von 2 Mrd. € und damit auf den tiefsten Stand seit Jahren.
Ein Faktor ist offenkundig die wolkige Zukunft von 4A Games: Die Schöpfer der erfolgreichen Action-Spiel-Serie Metro sollen zwar zunächst im Embracer-Verbund verbleiben – doch eine E-Mail von Saber-Gründer Matthew Karch an die nunmehr 3.000köpfige Belegschaft lässt wenig Zweifel daran, dass er die vertraglich vereinbarte Option ziehen und das Studio übernehmen wird.
Noch offen ist die Frage, welche Investoren und Teilhaber hinter dem Käufer ‚Beacon Interactive‘ stecken- klar ist nur, dass Karch das neu formierte Unternehmen führt. Die Embracer Group begründet die Transaktion mit der Reduzierung laufender Kosten und geopolitischer Risiken, gerade mit Blick auf das beendete Engagement in Russland.
Embracer Group spaltet Saber Interactive ab
Meldung vom 14. März 2024 (8:30 Uhr): Europas zweitgrößter Spiele-Publisher hat sich ein besonders bemerkenswertes Narrativ ausgesucht, um die Abspaltung von Saber Interactive an Investoren und Analysten zu verkaufen: Denn die Embracer Group stellt damit gleichzeitig alle Aktivitäten in Russland ein.
Als Käufer der US-Sparte des schwedischen Publishers tritt Beacon Interactive auf – ein bislang nicht in Erscheinung getretenes Konsortium, das von Saber-Gründer und Embracer-Vorstandsmitglied Matthew Karch kontrolliert wird. Beacon zahlt 247 Mio. $ – umgerechnet 225 Mio. € – für Saber Interactive, mehrere Studios (New World Interactive, 3D Realms) und 38 laufende Spiele-Produktionen.
Rund 200 Mio. $ werden bis Ende 2024 in bar fällig. Im Gegenzug für weitere finanzielle Zugeständnisse verzichtet Käufer Karch auf Boni und anderweitige Kompensationen im Zusammenhang mit dem Kauf von Saber Interactive im Februar 2020.
Beacon Interactive erhält außerdem die Option, das einst ukrainische, mittlerweile von Malta aus operierende Studio 4A Games (Metro Exodus) sowie Zen Studios für einen nicht weiter spezifizierten Festpreis zu erwerben.
Die Embracer Group selbst behält die Rechte an 14 geplanten PC- und Konsolenspielen, darunter der Nachfolger zum 2019 erschienenen Ego-Shooter Metro Exodus, Killing Floor 3, Teardown und weiteren Produktionen. Die zehn verbliebenen Studios aus dem Saber-Universum werden nun in andere Embracer-Sparten integriert. Im Falle von 4A Games böte sich der Münchener Publisher Plaion an, der ohnehin schon als Publisher für alle Metro-Spiele fungiert.
Embracer-Gründer und -CEO Lars Wingefors: „Ich freue mich, dass wir eine Win-Win-Lösung gefunden haben für Embracer und die Teile von Saber, von denen wir uns trennen. Diese Transaktion bringt beide Unternehmen in eine stärkere Position für die weitere Entwicklung. Embracer stellt damit sämtliche Aktivititäten in Russland ein und folgt damit einer Entscheidung des Aufsichtsrats,, während wir gleichzeitig viele Entwickler-Jobs unter der neuen, unabhängigen Führung retten. Gleichzeitig behalten wir einige Schlüssel-Unternehmen, wertvolle Markenrechte und Publishing-Rechte. Der Cash-Flow erhöht sich unmittelbar – und wir halten an unserem Ziel fest, die Schulden zu reduzieren.“
Wingefors macht außerdem deutlich, dass es sich um die erste von weiteren Transaktionen im Rahmen des Kostensenkungs- und Umstrukturierungs-Programms handelt. Beobachter und Analysten rechnen unter anderem mit einem Verkauf des Borderlands-Studios Gearbox.
Saber Interactive-Chef Matthew Karch: „Während der vergangenen vier Jahre war ich stolz darauf, die erstaunliche Entwicklung von Embracer zu einem der weltweit führenden Spiele-Hersteller zu begleiten. Infolge der Anstrengungen, die Firma auf die veränderten Rahmenbedingungen der Branche und der Geopolitik auszurichten, hatten wir das gemeinsame Gefühl, dass es die richtige Entscheidung darstellt, wenn Embracer und Saber separate Wege gehen. Ich werde weiterhin ein großer, langfristig orientierter Aktionär von Embracer bleiben und als Partner bei mehreren bestehenden und künftigen Projekten fungieren. Dieser Deal stellt außerdem sicher, dass Hunderte von Angestellten weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können.“
Die Abspaltung von Saber Interactive hatte sich bereits in den vergangenen Wochen angedeutet – ausgelöst von einer Bloombeg-Recherche. Bereits gestern hatte das US-Unternehmen alle Bezüge zum bisherigen Mutterkonzern von der Website entfernt.
Saber Interactive ist war neben THQ Nordic, Plaion, Asmodee, Gearbox und Middle-Earth Enterprises eine von zwölf Säulen des Embracer-Imperiums aus Studios, Marken, Publishern und Games. Bekannteste Produkte: Snowrunner und World War Z. Derzeit arbeitet das Studio an einem Remake des Rollenspiel-Klassikers Star Wars: The Knights of the Old Republic.
Die heute bekannt gewordene Rückabwicklung ist Teil eines umfangreichen Konzern-Umbaus, der seit Mitte 2023 läuft: Seitdem hat Embracer mehr als 1.400 Mitarbeiter entlassen, laufende Projekte gestoppt und mehrere Studios geschlossen. Von den Maßnahmen sind auch Niederlassungen im deutschsprachigen Raum betroffen: So wurden die Belegschaften von Black Forest Games in Offenburg und Fishlabs in Hamburg jeweils halbiert – beide Standorte zählten zuvor zu den größten Studios in Deutschland.
Das ukrainische 4A Games Studio ist definitiv das Kronjuwel bei der Transaktion. Metro Exodus (2019) war absolut hervorragend und das Studio (und deren Inhouse Grafik-Engine) ist auf Augenhöhe mit den großen FPS Entwicklern. Für Plaion wäre ein Verlust zukünftiger Titel aus dem Hause 4A Games schwerwiegend.
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