Es tut sich was im eSport-Land: Immer mehr Vereine frönen dem gemeinschaftlichen Training und Public Viewing. Einer der Pioniere: Leipzig eSports.
[no_toc]Zwei Euro fünfzig für alle bis 25 Jahre – und 5 Euro für alle älteren Semester: So lautet der monatliche Mitgliedsbeitrag bei Leipzig eSports, einem mittlerweile eingetragenen Verein. Mit dem Geld bezahlt der Verein die Technik, die Miete, die Server und Turniere. Regelmäßig treffen sich die Mitglieder im Leipziger Studentenkeller (kurz: StuK) zum Stammtisch. Der Wochenplan für die letzte August-Woche listet unter anderem separate Treffen und Trainings für die Fans von League of Legends, Starcraft 2, Overwatch oder Dota 2.
Die „Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz des eSports, besonders im Raum Leipzig“ – das ist das Ziel des Vereins. Dazu gehören Trainings und Events genauso wie das Engagement über die Vereinsgrenzen hinaus, etwa in Richtung der Verbände. Im Gegensatz zu vielen Profi-eSports-Teams verfolgt Leipzig eSports keine Gewinnabsichten.
Leipzig eSports: Public Viewing mit Gleichgesinnten
In der eSports-Analyse 2016 hatten wir bereits auf die vielfältigen Herausforderungen und Tücken des eSports in Deutschland hingewiesen. Dass der Profisport boomt, steht außer Frage – doch dass es auch im Breitensport bemerkenswerte Initiativen gibt, zeigen die Beispiele Magdeburg eSports und Leipzig eSports.
Seit knapp drei Monaten koordiniert Dr. Uta Allenstein hochoffiziell das Vereinsleben in der sächsischen Metropole. Die promovierte Physikerin ist als Vorstandsvorsitzende erster Ansprechpartner für Sponsoren, Verbände, Publisher, die 30 Mitglieder – und natürlich Medien wie GamesWirtschaft.
GamesWirtschaft: Wie und wann ist die Idee entstanden, einen eigenen eSports-Verein zu gründen?
Allenstein: Leipzig eSports existiert unabhängig von der Vereinsstruktur schon seit 2013 als ehrenamtliches Projekt. 2015 entstand der Wunsch, unsere Ziele und Grundsätze in einer Satzung zu verankern. Ab da war die Vereinsgründung nur der logische nächste Schritt, um mehr Struktur und Sicherheit für alle zu bieten.
Leipzig eSports: Diversen eSports-Verbänden fehlt es an Legitimation
GamesWirtschaft: Wie sieht die Zusammenarbeit mit Spieleherstellern, Sponsoren, lokalen Jugend-/Sportvereinen, der Stadt Leipzig, Ämtern, Verbänden und anderen eSports-Gruppierungen in Deutschland aus? Erhalten Sie die Art Unterstützung, die Sie sich wünschen? Und an welchen Stellen ließen sich Dinge verbessern?
Allenstein: Die Zusammenarbeit mit Spieleherstellern funktioniert unabhängig von der Vereinsstruktur teils gut, teils weniger gut. Für Veranstaltungen sponsoren zum Beispiel Blizzard, Riot oder Valve Fanartikel, die wir verlosen können. Teilweise gibt es auch zentrale Websites, auf denen unsere und ähnliche Events beworben werden. Allerdings fehlt es dieser Unterstützung leider noch an Persistenz, was uns die Planbarkeit erschwert.
Sponsoren drängen derzeit sehr stark in den eSport-Markt. Wie sehr sie sich von sozialen Motiven leiten lassen oder ob am Ende doch der rein finanzielle Nutzen im Vordergrund steht, muss ich erst noch zeigen. Hier haben wir gerade erst Gespräche aufgenommen und erarbeiten derzeit mit unserem Leipziger Partner mentori ein geeignetes Konzept.
Lokale Kooperationen haben wir zum Beispiel mit dem mediaLEpraxis e.V., welcher die Computerspielschule Leipzig betreut, und dem Transmedia Mitteldeutschland e.V.. Das zeigt den derzeitigen Fokus auf die medienpädagogische Seite des eSports. Anfragen beim Zentrum für Hochschulsport der Universität Leipzig wurden leider abgelehnt, obwohl eSport an verschiedenen deutschen Hochschulen in das reguläre Programm aufgenommen würde. Grund ist, dass die Parallelen zwischen eSport und klassischem Sport nicht anerkannt werden.
Das selbe Problem herrscht bei der Kommunikation mit dem Finanzamt, wenn es zum Beispiel um den Status der Gemeinnützigkeit geht. Hier sehe ich gar nicht so sehr die Frage im Vordergrund, ob eSport nun offiziell als Sport anerkannt wird oder nicht, sondern vielmehr, ob der Katalog gemeinnütziger Zwecke nicht um Denk- und Reaktionssportarten erweitert werden sollte.
Eine sehr gute Zusammenarbeit herrscht mit dem Branchenverband BIU und anderen lokalen eSports-Organisationen Deutschlands. Wir stehen im regen Austausch mit unseren Nachbarn Magdeburg eSports e. V. und diversen weiteren Vereinen und Hochschulgruppen. Diversen eSport-Verbänden, die derzeit aus dem Boden sprießen, fehlt es allerdings an einer gewissen Legitimation – und ich denke, es liegt auch in unserer Verantwortung als Vereine, darauf Acht zu geben, die Verbandslandschaft nicht zu sehr fragmentieren zu lassen.
Insgesamt kann man also sagen, dass die Unterstützung aus der Branche recht hoch ist, während die Zusammenarbeit mit Politik und Sport definitiv davon profitieren würde, Vorurteile abzubauen und einen unvoreingenommenen Blick auf die neuen Entwicklungen im eSport zu nehmen.
Leipzig eSports: Henne-Ei-Problem bei Vereinsgründung
GamesWirtschaft: Der Verein wurde kürzlich als e. V. eingetragen. Was waren auf diesem Weg die größten Hürden und in welcher Weise profitiert der Verein dadurch ab sofort?
Allenstein: Man merkt sofort die verbesserte Außenwirkung und höhere Gesprächsbereitschaft, wenn man als eingetragener Verein auftritt. Natürlich profitieren wir auch intern von den klareren Strukturen und die Anzahl engagierter Mitglieder hat sich auch merklich erhöht. Schwierig sind großteils die bürokratischen Hürden. Die Eintragung und die Eröffnung eines Postfachs oder Errichtung eines Kontos sind beispielsweise ein Henne-Ei-Problem, durch das man die ersten Monate etwas gelähmt ist.
GamesWirtschaft: Unterstellt, eSports würde ganz offiziell als Sport anerkannt. In welcher Form hätte dies für den Verein Vorteile, die Sie jetzt noch nicht haben?
Allenstein: Der offenkundigste Vorteil ist der Status der Gemeinnützigkeit, der eine bessere Außenwirkung, steuerliche Vorteile und eine höhere Spendenbereitschaft hervorruft. Außerdem könnte man so von verschiedenen Fördertöpfen von Bund und Ländern profitieren, um ein Vereinsheim zu gründen oder Trainer zu bezahlen.
Man könnte Trainerscheine etablieren und einheitliche Normen finden, die wiederum die Akzeptanz verbessern und den eSport weiter in die Gesellschaft rücken.
Leipzig eSports: Tipps für Nachahmer
GamesWirtschaft: Welche Tipps würden Sie anderen Gruppen und Vereinen geben, die ebenfalls einen eSports-Verein gründen möchten? Was sollte man im Vorfeld unbedingt bedenken? Welche Fehler sollte man vermeiden?
Allenstein: Lasst euch nicht von der Bürokratie abschrecken, fangt früh an euch zu vernetzen und scheut euch nicht, nach Hilfe zu fragen. Im ehrenamtlichen eSport-Bereich herrscht eine sehr freundschaftliche und hilfsbereite Atmosphäre.
Man sollte sich aber unbedingt intern klar werden, was die konkreten Ziele des Vereins sind. Soll die Nachwuchsförderung im Vordergrund stehen? Möchtet ihr Events organisieren, die Dreh- und Sammelpunkt der lokalen Gamer-Community sind? Möchtet ihr (semi-)professionelle Teams heranziehen, an Turnieren teilnehmen oder einfach entspannt und ohne Leistungsorientierung zusammen spielen?
Sicher lassen sich diese Ziele auch gut kombinieren. Aber ein Fokus in eine Richtung kann am Anfang sehr helfen, um eine eigene Identität aufzubauen und sich nicht zu verzetteln.