Start Politik Lindner beim Game-Sommerfest: Mit leeren Händen

Lindner beim Game-Sommerfest: Mit leeren Händen

1
Finanzminister Christian Lindner (FDP) beim Game-Sommerfest 2023 (Foto: GamesWirtschaft)
Finanzminister Christian Lindner (FDP) beim Game-Sommerfest 2023 (Foto: GamesWirtschaft)

Probleme als dornige Chancen: Zum Game-Sommerfest hatte FDP-Finanzminister Christian Lindner zwar kein Geld, aber wertvolle Tipps mitgebracht.

Der Minister hatte pünktliches Erscheinen angekündigt, denn zwischen Kabinettssitzung, Bundespressekonferenz und Maischberger blieben nur knapp 30 Minuten für die Teilnahme am Sommerfest des Branchenverbands Game: Kurz nach 18 Uhr fuhr Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner am Zollpackhof vis-à-vis des Kanzleramts vor, flankiert von Personenschützern und begrüßt von Game-Vorständin Julia Pfiffer (Astragon Entertainment) und Game-Geschäftsführer Felix Falk.

Der Auftritt vor 500 Gästen war mit Spannung erwartet worden, denn in Lindners Haushalts-Entwurf für die Saison 2024 drohen der Branche empfindliche Subventions-Kürzungen. Dem Wirtschaftsministerium sollen dann noch 48,9 Mio. € für die Förderung von Games aus heimischem Anbau zur Verfügung stehen – nach 70 Mio. € im Jahr 2023. In der Praxis würde dies bedeuten, dass der seit Anfang Mai geltende Antrags-Stopp bis ins Jahr 2025 andauert. Studios, die von dieser Vollbremsung kalt erwischt wurden, sehen sich nach Darstellung des Verbands mit existenzbedrohenden Finanzierungslücken konfrontiert.

Game-Vorstands-Vize Julia Pfiffer, Minister Christian Lindner und Game-Geschäftsführer Felix Falk (Foto: GamesWirtschaft)
Game-Vorstands-Vize Julia Pfiffer, Minister Christian Lindner und Game-Geschäftsführer Felix Falk (Foto: GamesWirtschaft)

In seinem knapp zehnminütigen Grußwort deutete Lindner die missliche Lage zum Erfolg um – die große Nachfrage sei ja grundsätzlich ein erfreuliches Signal, also der 2023-Remix des Lindner-Klassikers über Probleme, die man zuvorderst als dornige Chancen begreifen müsse. Zumal die Branche, die zuletzt knapp 10 Milliarden € in Deutschland erwirtschaftete, ja sehr gut da stünde. Das Signal: Eine so erfolgreiche Industrie habe Subventionen eigentlich gar nicht nötig, sondern müsse durch Innovation am Markt bestehen – Stichwort Eigenverantwortung. In erster Linie gehe es nun darum, optimale Rahmenbedingungen für Gründer und Unternehmer herzustellen.

Verbands-Chef Falk ließ Lindner diese Darstellung nicht unwidersprochen durchgehen – und verwies erstens auf den Anspruch der Ampel-Koalition, dass der Games-Standort zur „Weltspitze“ aufschließen müsse, und zwar nicht nur als Absatz-Markt, sondern auch als Produktionsstandort. Zweitens habe man sich ja vorgenommen, ein ‚level playing field‘ zu schaffen, also dafür zu sorgen, dass hiesige Entwickler zu vergleichbaren Kosten produzieren können wie die massiv subventionierte Konkurrenz in Kanada, Frankreich oder im Vereinigten Königreich.

Lindner verwies in seiner Replik auf die derzeit laufende Evaluierung der Computerspiele-Förderung, die das Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck durchführen lässt. Im Herbst sollen Ergebnisse vorliegen, ob die Zuschüsse den gewünschten Effekt haben.

Dass der Finanzminister an diesem Abend die wiederholten Verbands-Forderungen nach einer stumpfen Aufstockung der Fördermittel auf 125 Mio. € pro Jahr erfüllen würde, war mit Blick auf die angespannte Haushaltslage nicht zu erwarten. Gleichwohl enthielt seine Rede auch keinerlei Indizien, wie die akute Not antragswilliger Studios in den kommenden Monaten gelindert werden könne – schließlich wird der Haushalt erst im Dezember  verabschiedet. Was Entwickler vor die Wahl stellt: warten (auf bessere Zeiten) oder starten (ohne Förderung).

Auch der Wunsch nach Steuer-Rabatten – wie sie in anderen Ländern Standard sind und wie sie insbesondere deutschen Töchtern internationaler Spielehersteller helfen würden – wird sich allenfalls perspektivisch umsetzen lassen. In der Praxis gäbe es erhebliche Hürden, heißt es in der Branche.

Fachlicher Austausch unter Gamern: Christian Lindner mit Deck13-Geschäftsführer Jan Klose (2. v. r.) und Head of Product Michael Hoss (Foto: GamesWirtschaft)
Fachlicher Austausch unter Gamern: Christian Lindner mit Deck13-Geschäftsführer Jan Klose (2. v. r.) und Head of Product Michael Hoss (Foto: GamesWirtschaft)

Fester Bestandteil derartiger Sommerfest-Reden ist auch das rituelle Bekenntnis zur E-Sport-Gemeinnützigkeit – was das Finanz-Ressort durch einen zusätzlichen Einzeiler in der Abgabenordnung jederzeit und unbürokratisch umsetzen könnte. Wenn man denn wollte.

Nach der offiziellen Verabschiedung blieb noch Zeit für eine kurze Präsentation des Computerspielpreis-Siegers Chained Echoes an der Spielstation des Frankfurter Publishers Deck13 – wo sich Lindner unter anderem nach den Absatzzahlen des Spiels erkundigte, ehe er gegen 18:35 Uhr zum nächsten Termin eilte.

Der Finanzminister war der prominenteste unter den Vertretern aus dem politischen Berlin, die der Einladung des Verbands gefolgt waren. Ebenfalls vor Ort: Habecks Parlamentarischer Staatssekretär Michael Kellner (Bündnis 90 / Die Grünen), CDU-/CSU-Fraktionsvize Dorothee Bär, FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin, der Berliner Wirtschafts-Staatssekretär Michael Biel (SPD), die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab (SPD), der langjährige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und eine lange Liste weiterer Bundestagsabgeordneter.

1 Kommentar

  1. > Das Signal: Eine so erfolgreiche Industrie habe Subventionen eigentlich gar nicht nötig, sondern müsse durch Innovation am Markt bestehen – Stichwort Eigenverantwortung. In erster Linie müsse es nun darum gehen, optimale Rahmenbedingungen für Gründer und Unternehmer herzustellen.

    Ganz ehrlich Leute, auch wenn ich den Menschen nicht mag so muss ich hier trotzdem zustimmen! Wie bereits erwähnt können wir nicht alles Dauersubventionieren und wenn ein Spiel nur auf Profit optimiert wurde und deswegen von den Spielern/Kunden als unbefriedigend und somit nicht kaufenswert angesehen wird, dann klappt das vielleicht ein Mal, vielleicht auch noch ein zweites Mal aber spätestens nach dem dritten Mal sollten dann eben die Konsequenzen gezogen werden (müssen). Es funktioniert eben nicht wenn wir einfach wie bisher weiter machen und aus den Fehlern nicht lernen sondern den Mißerfolg auf die Gamesförderung und somit die Steuerzahler abwälzen.

    Vielleicht ist es tatsächlich and er Zeit mal wieder in Produkte zu investieren, die nicht AAA Mainstream sind und stattdessen kleinere Niechen anzuvisieren – mit Konzepten die neu, frisch und spannend sind. Außerdem sollten die Studios das auch als C>hance sehen mal ihren Entwicklungsprozess zu überdenken – work smart not hard – Investitionen in Technologie anstatt die Entwickler bis zum völligen Zusammenbruch in die Crunchtime zu schicken – nur mal so als Idee …

    > Zweitens gehe es ja vor allem darum, ein ‚level playing field‘ herzustellen, also dafür zu sorgen, dass hiesige Entwickler zu vergleichbaren Kosten produzieren können wie die Konkurrenz in Kanada, Frankreich oder im Vereinigten Königreich.

    Wir sind hier (zum Glück) in Deutschland, einem Land in dem gute Arbeit zwar immer noch nicht so gut bezahlt wird (oder werden sollte) wie bei anderen IT-Firmen aber Expertiese hat nunmal ihren preis und unsere hiesigen Gesetze zum Schutz des Arbeitnehmers sind auch ein ziemlicher Segen im Vergleich zur hire-and-fire Mentalität der Amerikaner oder auch Kanadier! Hier kann man nicht einfach auf die Straße gesetztw erden nur weil der Lohn dem Arbeitgeber zu hoch ist und dieser genau weiß, dass 20 andere bereit stehen den Job zu einem Bruchteil zu machen.

    Auf der anderen Seite wie oben bereits erwähnt, anstatt sich über die Kosten zu beschweren sollten die Unternehmen lieber ihre Prozesse optimieren, etwa durch Technologie die den Entwicklungsprozess maßgeblich effizienter macht. Anstatt das vorherige Spiel (sofern es eines gibt) nach dem Release einfach wegzuwerfen sollte lieber überlegt werden wie und welche Teile man davon wiederverwenden kann um für das zukünftige Spiel bereits mit einem größeren Vorsprung in die Entwicklung zu starten. Dafür braucht man aber wiederum Fachkräfte – die man gut bezahlen muss – damit das ganze am Ende nicht in der Katastrophe endet.

    Wie man es auch dreht und wendet, das lahmende Pferd zu Subventionieren wird das Problem auf Dauer nur schlimmer machen und inovative Lösungen zur optimierung des Entwicklungsprozesses sind der einzige Weg um aus dieser Miesere herauszukommen!

Kommentarfunktion ist geschlossen.