Die entscheidende Bereinigungssitzung für den Bundes-Haushalt 2024 steht an: Die Computerspiele-Industrie fordert einen kräftigen Nachschlag.
Update vom 15. November 2023: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag beraten die Finanz-Experten im Bundestag über den Haushalt 2024. Schwierige Entscheidungen stehen an: Was wird beibehalten, wo wird gekürzt, für welche Projekte gibt es einen Last-Minute-Nachschlag?
In dieser sogenannten ‚Bereinigungssitzung‘ entscheidet sich auch final, wie es mit der Computerspiele-Förderung des Bundes weitergeht, die Deutschlands Games-Entwickler seit 2019 mit deutlich über 200 Mio. € ausgestattet hat.
Drei mögliche Szenarien stehen im Raum:
- Es bleibt beim Haushaltsentwurf von knapp 48 Mio. € – was in der Praxis bedeutet, dass das Wirtschaftsministerium erst 2025 wieder Anträge annehmen könnte. Denn die Fördertöpfe für 2023 und 2024 sind seit Mai vollständig verteilt. Der Verband warnt vor gravierenden Nachteilen für den Games-Standort.
- Die Politik ringt sich zu einer Aufstockung um einen Betrag X durch, die dazu führt, dass wieder Anträge möglich sind – zumindest, solange das Geld reicht.
- Der Haushaltsausschuss folgt der Forderung des Industrieverbands – und stellt 125 Mio. € zur Verfügung, was nach Lage der Dinge für einen längeren Zeitraum ausreichen würde. Mittelfristig fordert die Branche berechenbare Steuerrabatte (‚Tax Credits‘), wie sie in anderen Ländern üblich sind.
Der Ausgang der Beratungen gilt als völlig offen – gerade vor dem Hintergrund des heutigen Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das den Druck auf die Ampel-Koalition mit Blick auf die Subventions-Politik noch einmal deutlich erhöht.
Games-Förderung im Haushalt 2024: Ab jetzt gilt’s
Meldung vom 6. September 2023: Exakt 48,727 Millionen € hat FDP-Finanzminister Christian Lindner im Haushalt 2024 zur „Förderung der Computerspielentwicklung auf Bundesebene“ vorgesehen. Im Vorjahr waren es noch 70 Mio. €. Die Begründung: die „Absenkung auf geltende Finanzplanung“. Übersetzt: Das fachlich zuständige Wirtschaftsministerium soll / muss sparen.
Mehr noch: Sollte an diesem Punkt nicht gerüttelt werden, könnten deutsche Studios erst ab Anfang 2025 wieder Anträge auf staatliche Zuschüsse stellen – bereits seit Anfang Mai gilt ein Annahmestopp. Denn das Geld, das für 2023 und 2024 hinterlegt wurde, ist bereits verplant – und zwar komplett.
Mehr als 200 Mio. € hat die Bundesrepublik Deutschland seit 2019 in über 550 Spiele-Projekte investiert (Übersicht). Was sich die Politik von diesen Subventionen erwartet:
- die Stärkung des Entwicklungsstandorts – vom kleinen Studio bis zum Großunternehmen
- mehr Beschäftigte
- mehr Unternehmen
- mehr Spiele made in Germany
- bessere Markt-Chancen im In- und Ausland
- Anreize zur Ansiedlung internationaler Unternehmen
Soll dieser Pfad weiterhin beschritten werden, braucht es: Geld. Geld, das derzeit nicht eingeplant ist. Und wo auch unklar ist, wo es mit Blick auf Haushaltsdisziplin und Schuldenbremse herkommen soll.
Deshalb richten sich die Blicke der Branche ab sofort nach Berlin: Am gestrigen Dienstag ist der Deutsche Bundestag aus der Sommerpause zurückgekehrt – erster Tagesordnungspunkt: das Haushaltsgesetz für 2024 mit seinen über 3.300 Seiten und 25 Einzelplänen, wo genau geregelt ist, was die Ministerien wofür ausgeben dürfen. Der Etat von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90 / Die Grünen) wird am morgigen Donnerstag ab 9 Uhr behandelt. 11 Milliarden € stehen in Habecks Etat – davon entfallen fast 9,5 Milliarden € auf Fördermittel, vom Raumfahrtprogramm bis zum Flüssiggas-Terminal.
Ab Mitte September wird sich dann der 45köpfige Haushaltsausschuss über die Zahlen beugen. Dort werden ‚Beschlussempfehlungen‘ gefasst – im Idealfall (aus Sicht der Branche) gibt es bereits in dieser Phase positive Signale. Die allerallerallerletzte Chance bietet sich am 16. November: Dann findet die nächtliche Bereinigungssitzung statt, die in den vergangenen Jahren regelmäßig für Last-Minute-Korrekturen an der Computerspiele-Förderung sorgte.
Ab dem 28. November stimmt der Bundestag dann über die Einzelpläne statt – erst am 1. Dezember 2023 steht der Haushalt 2024. Im Anschluss muss noch der Bundesrat zustimmen. Und erst dann lässt sich mit letzter Gewissheit sagen, inwieweit das Steineklopfen der Games-Lobby erfolgreich war: Denn der Branchenverband fordert kurzfristig eine Aufstockung auf 125 Mio. € und mittelfristig Steuer-Rabatte zur Angleichung der Produktionskosten auf europäisches Niveau.
Die Chancen für einen kräftigen Nachschlag werden unterschiedlich bewertet: Sowohl Finanzminister Lindner als auch Wirtschaftsminister Habeck haben zuletzt zwar ihre Unterstützung für die deutsche Videospiele-Branche bekräftigt, blieben in ihren Aus- und Zusagen allerdings wattig. Aus Gründen, schließlich handelte es sich bislang nur um einen Serviervorschlag – jetzt ist das Parlament am Zug.
Für den amtlichen Deutschen Computerspielpreis 2024 sind im Übrigen weitere 1,6 Mio. € eingeplant – darin inklusive ist nicht nur das Preisgeld von zuletzt 800.000 €, sondern auch der Zuschuss für die verbandseigene Stiftung Digitale Spielekultur, die den Jury-Prozess koordiniert. Die Verleihung des Preises findet im Frühjahr 2024 turnusgemäß in München statt.