Haben Mahner wie Manfred Spitzer doch Recht? Die „BLIKK-Studie“ der Bundesdrogenbeauftragten zeigt mögliche Folgen des Smartphone-Konsums bei Kindern.
Selbst wenn er nicht auf dem Podium oder im Publikum sitzt, ist er derjenige, der bei Zusammentreffen von Eltern, Lehrern und Pädagogen oft am kontroversesten diskutiert wird: der in Ulm praktizierende Psychiater und Bestseller-Autor Manfred Spitzer.
Mit provokanten Thesen und Büchern wie „Computer schaden Kindern mehr, als sie nützen“, „Digitale Demenz“ und „Cyberkrank“ warnt Spitzer vor den Folgen der Digitalisierung auf Kinder und Jugendliche.
Regelmäßige Vorträge und Talkshow-Auftritte machen den streitbaren Hirnforscher zum Schutzheiligen all jener, die sich strikt gegen die Verbreitung von Tablets und PCs in Schulen aussprechen – oder gefühlt schon immer der Meinung zu waren, dass Fernseher, Smartphones, Internet und Spielkonsolen für Konzentrationsschwächen, Hyperaktivität, Schlafstörungen und schlechte Schulleistungen hauptverantwortlich sind.
BLIKK-Studie: 5.500 Kinder und Jugendliche dokumentieren ihren Handy-Konsum
Schützenhilfe erhält Spitzer jetzt von Marlene Mortler, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung. Die CSU-Politikerin thematisiert Internet- und Onlinespiel-Sucht regelmäßig in den Jahresberichten ihrer Behörde. Zuletzt forderte Mortler im November 2016, das Suchtpotenzial von Computerspielen bei der USK-Alterseinstufung zu berücksichtigen.
In Berlin hat die Drogenbeauftragte heute die BLIKK-Studie vorgestellt, eine Abkürzung für Bewältigung, Lernverhalten, Intelligenz, Kompetenz und Kommunikation. Im Rahmen der Studie haben Ärzte das Mediennutzungsverhalten von mehr als 5.500 Kinder und Jugendliche durchleuchtet.
Laut der Studie haben mehr als zwei Drittel der Kinder im Kita-Alter – also zwischen 3 und 6 Jahren – pro Tag mehr als eine halbe Stunde Zugriff auf das Smartphone der Eltern. Die Kinder zeigten eine statistisch auffällige Häufung von Konzentrationsschwäche, Unruhe, Ablenkbarkeit, Übergewicht und Hyperaktivität. Die Details der Studie sind auf der Website der Bundesdrogenbeauftragten dokumentiert.
Bitkom: „Smartphone gehört bei 12jährigen zur Standardausstattung“
Der nicht zur Untertreibung neigende Branchenverband Bitkom hat erste Mitte Mai verkündet, dass ein Drittel der 6- bis 7jährigen über ein eigenes Smartphone verfügen – bei den 10- bis 11-jährigen sind es bereits 87 Prozent. Ab 12 Jahren gehöre das Smartphone zur „Standardausstattung“, frohlockt der Bitkom-Vize-Chef Achim Berg. Kinder seien „always on, egal wo und egal wann“.
Die Marktdaten sind Wasser auf die Mühlen der Drogenbeauftragten und der teilnehmenden Kinderärzte an der BLIKK-Studie. Mortler wiederholte bei der Vorstellung der Studie ihre bekannte Forderung, wonach Kleinkinder „kein Smartphone brauchen“. Das BLIKK-Ergebnis zeige klar, dass Kinder mit Blick auf die Entwicklung der vielzitierten Medienkompetenz weitgehend auf sich gestellt sind. Laut Mortler sei es „höchste Zeit für mehr digitale Fürsorge“ durch Eltern, Schulen und Politik.