Start Meinung Der Currywurst-Faktor (Fröhlich am Freitag)

Der Currywurst-Faktor (Fröhlich am Freitag)

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Analog zur Gastronomie gibt auch die Games-Industrie gestiegene Kosten an den Verbraucher weiter (Foto: GamesWirtschaft)
Analog zur Gastronomie gibt auch die Games-Industrie gestiegene Kosten an den Verbraucher weiter (Foto: GamesWirtschaft)

Veranstalter und Spielehersteller geben gestiegene Kosten humorlos an den Verbraucher weiter – Gaming wird zu einem noch teureren Hobby.

Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,

10 €! In Worten: zehn! Für ne stumpfe Currywurst mit einer Handvoll frittierter Kartoffelstäbchen!

Am vergangenen Wochenende ist mir alles aus dem Gesicht gefallen, als ich die Preise an den Imbiss-Ständen auf dem lokalen Frühlingsmarkt bewusst wahrgenommen habe. Waren das nicht mal so 4 oder 5 Euro? Also: Früher?

Nun unterstellen Sie womöglich zurecht: Hey, Fröhlich, wann hast du eigentlich das letzte Mal das Haus verlassen?

Und es stimmt ja: Parallel zum Start der Corona-Phase haben insbesondere Lebensmittelpreise eine geradezu absurde Entwicklung genommen. Das Kilo Kaffeebohnen vom Markenhersteller lag serienmäßig irgendwo im 10-€-Bereich – mittlerweile sind es 16, 17, 18 €.

In der Gastronomie kennen die Tarife erst recht kein Halten mehr: Die Döner-Preise haben sich zuverlässig verdoppelt – die 10 €-Marke ist vielerorts schon erreicht. Bei Events wird so richtig zugeschlagen: Oktoberfest-Wirte rufen bis zu 15 € für einen Liter Bier auf – ein Stiefelchen Weihnachtsmarkt-Plörre Glühwein ist kaum unter 4 bis 5 € zu haben.

Dass die schwarz-rote Koalition die Gastro-Mehrwertsteuer zum Jahreswechsel dauerhaft von 19 auf 7 Prozent reduzieren will, wird der Gast – soweit lehne ich mich kühn aus dem Fenster – überhaupt nicht spüren. Nicht mal kribbeln wird es. Eher steigt die Currywurst-Pommes-Kombi auf 11 oder 12 €, als dass der Frühlingsmarkt-Imbissbuden-Betreiber ohne Not auf 9,99 € runtergeht.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Vor diesem Hintergrund muss die moderate Preiserhöhung für die Gamescom-Tickets, die seit dieser Woche im Vorverkauf sind, geradezu als Akt der Nächstenliebe bewertet werden. Tagesticket 2024: 29,50 € – heuer: 30,50 € (Samstag: 40 € vs 39 € im Vorjahr). Das ist absolut im Rahmen.

Gegenüber der Vor-Corona-Phase fallen die Differenzen natürlich ungleich dramatischer aus: Frühbucher zahlten für das Samstags-Ticket im Vorverkauf dereinst 22 € – jetzt sind es 40 €. Vor fünf Jahren konnten ganze Familien unter der Woche für 23 € aufs Gelände – jetzt: 68,50 €.

Im direkten Vergleich zu ungleich kleineren Formaten ist das Gamescom-Preisniveau trotzdem noch einigermaßen human: So müssen Besucher der heute startenden Caggtus Leipzig saftige 31 € einplanen – die Polaris Convention in Hamburg berechnet mindestens 39 €, am Samstag gar 45 €. Rechnet man Anfahrt, Parkgebühren, Verpflegung und gegebenenfalls Übernachtung zu, wird daraus ein strammes Investment, das man sich leisten können muss.

Das gilt in zunehmendem Maße für das Hobby ‚Gaming‘ als solches. Nintendo hat dem Markt den Gefallen getan, aus dem Nichts heraus und zum Erstaunen der allermeisten Marktteilnehmer eine neue Preisstufe für Spiele-Software freizuschalten: Das Rennspiel Mario Kart World, das parallel zur Nintendo Switch 2 am 5. Juni erscheint, kostet als Download 79,99 € und in physischer Form turbulente 89,99 €.

Eigentlich war man ja davon ausgegangen, dass Grand Theft Auto 6 im Weihnachtsgeschäft diese Schwelle reißt – jetzt ist es eben Nintendo. Spätestens jetzt sollte sich niemand wundern, wenn für Weihnachts-Blockbuster wie Call of Duty, EA Sports FC oder eben GTA 6 eine UVP von 89,99 € gelten wird. Bei Digital Deluxe Editions, die neben dem Basis-Spiel noch allerlei kosmetischen Digital-Klimmbimm enthalten, wird die 100 €-Schmerzgrenze ja schon seit längerem gerissen. Jetzt wird aus der Ausnahme der neue Standard.

Offiziell begründet wird das höhere Ticket vermutlich durch irrsinnig gestiegene Produktionskosten, zuzüglich Zoll- und Währungsrisiken. Den inoffiziellen Grund verrate ich Ihnen gerne schon jetzt: Weil sie’s können.

In Foren und Kommentar-Spalten redet man sich die inflationäre Entwicklung damit schön, dass Computer- und Videospiele ja auch in den 80ern und 90ern nicht wirklich günstig waren. Der Verweis auf Anno-dazumal-Tarife von Super-Nintendo- oder PC-Spielen hilft indes bedingt weiter, weil der Kaufvorgang mit dem Erwerb der Disketten, CD-ROMs oder Cartridges für gewöhnlich abgeschlossen war – für den Kunden, aber eben auch für den Hersteller.

Einmal kaufen – immer spielen, ohne dass man Geld nachwerfen müsste.

Heutzutage markiert das Vollpreis-Spiel ja oft nur den Startschuss für eine ganze Kaskade an Folgekosten: für Online-Dienste, Erweiterungen, Saison-Pässe und Zubehör sowieso, aber in noch viel stärkerem Maße für Spielwährung und In-Game-Items, deren gefühlter und tatsächlicher Wert auf Null sinkt, sobald die Folge-Version erscheint.

Kurzum: Das Geschäftsmodell hat sich in ganz vielen Fällen fundamental geändert – und damit auch das Nutzungsverhalten. Die Post-Launch-Monetarisierung ist mindestens genauso wichtig wie die eigentliche Akquise. Auch deshalb, weil das Potenzial endlich ist: Wenn der Markt als solcher nicht wächst, muss man eben den Umsatz pro Kunde erhöhen.

Der Verbraucher sollte sich daher vorsichtshalber darauf einstellen, dass mindestens die Konsolen-Blockbuster künftig nicht unter 90 € zu haben sein werden. Und dass sich im Gleichschritt auch die Tarife der Online-Dienste angleichen. Erster Vorbote: In Asien, Südamerika und Australien treten ab kommender Woche deutlich höhere PlayStation-Plus-Tarife in Kraft.

Offizielle Begründung: die „global market conditions“. Übersetzt: Trump.

Abhängig vom weiteren Verlauf der Oval-Office-Kapriolen und daraus resultierender EU-Gegenzölle würde ich Wetten annehmen, dass wir uns auch in Europa zeitnah der 19,99-€-/Monat-Marke annähern – und zwar sowohl beim Xbox Game Pass Ultimate als auch bei PlayStation Plus Premium.

20 € – also umgerechnet zwei Portionen Currywurst mit Pommes.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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1 Kommentar

  1. Gamesbranche in der Kriese – ich glaube eher die haben sich den lack von LEGO und deren Anwälten zuschicken lassen. Braucht sich keienr zu wundern wenn Key-Reseller demnächst hochkonjunktur haben und die Studios dann erst recht jammern, warum sich ihre Werke in Woche 1, 2 und 4 denn so schlecht verkaufen wie noch nie. Habe ich absokut kein Mitleid!

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