Start Meinung Microsoft vs Sony: Heult leiser (Fröhlich am Freitag)

Microsoft vs Sony: Heult leiser (Fröhlich am Freitag)

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69 Milliarden Dollar will Microsoft für Call of Duty & Co. ausgeben - Sony ist nicht amüsiert (Foto: GamesWirtschaft)
69 Milliarden Dollar will Microsoft für Call of Duty & Co. ausgeben - Sony ist nicht amüsiert (Foto: GamesWirtschaft)

Es geht um viel für Microsoft – und Sony: Angemessen entwürdigend verläuft die Schlacht um Call of Duty, auf beiden Seiten.

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
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wer die angesagtesten TV-Serien bingen will, muss mehrgleisig abonnieren: The Last of Us, House of the Dragon und Game of Thrones gibt’s exklusiv bei Sky (15 € pro Monat). Netflix (HD ab 12,99 €) punktet hingegen mit Wednesday, Witcher, Bridgerton, Dahmer, Haus des Geldes, Stranger Things und Squid Game. Ausschließlich bei Disney+ (8,99 €) findet sich die weitgehend vollständige Werksschau von Marvel, Star Wars und Pixar. Und Paramount+ steuert neuerdings Paw Patrol, Star Trek und Top Gun: Maverick bei – für monatlich 7,99 €.

Dies gesagt, wird es Sie überraschen zu erfahren, dass sich Top-Manager, Analysten, Juristen, Lobbyisten, Journalisten, Kartellbehörden und Kunden seit mehr als einem Jahr den Mund fusselig diskutieren, was denn wohl passiert, wenn eine ziemlich populäre Spiele-Marke – sagen wir: Call of Duty – exklusiv auf der Plattform eines Konsolen-Herstellers statt fände. Und im Hintergrund hört man Nintendo leise wimmern …

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Am Mittwoch näherte sich Microsofts Übernahmeschlacht um Call of Duty-Hersteller Activsion Blizzard der entscheidenden Phase – mit einer EU-Anhörung in Brüssel. In den kommenden Wochen wird sich nun weisen, ob das 69-Milliarden-Paket bis Mitte 2023 durchgeht – und wenn ja, zu welchen (und zu wessen) Bedingungen.

Eine Nebenrolle in der Debatte spielt weiterhin, dass Activision Blizzard außerordentlich ertragreiche Smartphone-Apps wie Candy Crush Saga oder Online-Rollenspiele wie World of Warcraft betreibt. Denn in diesen Segmenten gibt es – für jedermann offensichtlich – hinreichend Wettbewerb. Anders auf dem PC- und Spielkonsolen-Markt – wo sich die Behörden sorgen, dass Microsoft durch das Activision-Blizzard-Portfolio zwar nicht 2023 und auch nicht 2024, aber perspektivisch willens und in der Lage wäre, den Markt mit Spiele-Abos und Cloud-Streaming zu dominieren.

Woraus sich diese steile These ableitet, bleibt schleierhaft. Die Geschäftsmodelle von Sony PlayStation (80-€-Einzelkauf plus ein bisschen Abo-Geschäft) und Microsoft Xbox (Abo-Geschäft plus ein bisschen 80-€-Einzelkauf) könnten nicht weiter auseinander liegen. Es sind zwei gänzlich unterschiedliche Philosophien – und das Momentum lag ausweislich der Geschäftsberichte in jüngster Vergangenheit klar bei Sony.

Dessen ungeachtet sieht Sony die Microsoft-Pläne als – wörtlich„Bedrohung“. Zur Wahrheit gehört aber auch: In der abgelaufenen Saison hat Activision Blizzard ein (!) einziges Produkt zu den Top 20 der meistverkauften PS4- und PS5-Spiele im PlayStation Store beigesteuert – wenngleich das erfolgreichste: Call of Duty: Modern Warfare 2. Alle anderen Bestseller stammten von Electronic Arts, Take Two, Ubisoft, Warner, Bandai Namco oder eben von Sony selbst. Dass EA zuletzt nicht in der Lage war, auf Basis von Battlefield einen ernstzunehmenden Mitbewerber zu bauen, dafür kann ja Activision nix.

Microsoft hat sich hingegen in der Rolle des Underdogs eingemuckelt: In Europa kämen auf 80 verkaufte PlayStation 5 nur 20 Xbox Series X/S, hieß es am Mittwoch. Und auf der PlayStation gäbe es schon jetzt fünf Mal mehr Exklusivtitel als auf der Xbox.

Ehrlich, Leute: Heult leiser…

Je näher die Deadlines rückten, desto mehr ist die Microsoft-Linie unter Druck geraten – der durchschaubare Versuch, die eigene Marktposition und die Ambitionen möglichst mickrig zu reden, schlug bislang völlig überraschend fehl. Kurzfristig hat der US-Konzern daher nach Alliierten gefahndet, um den Widerstand innerhalb der Branche zu brechen – und die vermeintlichen PlayStation-Bedenkenträger zu isolieren.

Tatsächlich wurde es rund um Sony Interactive zunehmend einsam. Zumindest: einsamer. Pünktlich zur EU-Anhörung hat Microsoft nämlich nicht nur ein Abkommen mit dem Grafikkarten-Giganten Nvidia präsentiert. Sondern sich zusätzlich dazu verpflichtet, dass Call of Duty in den kommenden zehn Jahren auch auf Nintendo-Systemen stattfindet – und zwar zeit- und inhaltsgleich. In der Konsequenz werden die bedauernswerten Entwickler von Treyarch, Infinity Ward und Sledgehammer künftig für eine weitere Plattform mitdenken und -planen müssen.

Sony hat es offenkundig tatsächlich irgendwie hinbekommen, die Risiken und Nebenwirkungen einer – stets theoretischen – Call of Duty-Exklusivität mit Wohl und Wehe der kompletten Videospiele-Branche zu verknüpfen. Motto: Wenn wir den Deal schon nicht verhindern können, dann treten wir ihnen zumindest den Rasen kaputt. Dabei ging und geht es Sony gar nicht so sehr um Call of Duty oder gar um ‚the players‘, sondern schlichtweg um die Vermeidung tektonischer Marktanteil-Verschiebungen.

Sony hat deshalb ungefähr nichts unterlassen, um den Preis für Microsoft hochzutreiben – wohlwissend, dass der eigene Unternehmenserfolg abseits tiefer Marketing-Taschen und guten Produkten zuvorderst auf dem Faktor Exklusivität fußt, analog zu Nintendo.

Was mich zu der These bringt: Anstelle der sich abzeichnenden, schalen Kompromisse hätte eine Call of Duty-Exklusivität dem festgefahrenen Videospiele-Markt sehr, sehr, sehr gut getan – und endlich wieder für so etwas Ähnliches wie Wettbewerb und frische Impulse gesorgt.

Denn wie sagte schon Obi Wan-Kenobi sinngemäß zu Luke Skywalker: „Die Exklusivität ist es, die dem Games-Business seine Stärke gibt. Es ist ein Energiefeld, das alle lebenden Dinge erzeugen. Es umgibt uns, es durchdringt uns. Es hält die Galaxis zusammen.“

Sagen wir es gemeinsam: Exklusivität ist kein Kapitalverbrechen. Exklusivität ist überdurchschnittlich oft eine gute Sache – auch für den Endverbraucher. Weil sie Innovation und Wettbewerb befeuert. Weil sie Mut und Risiko belohnt. Weil sie Investitionen in Kreative und gute Stoffe schützt. Weil der ‚Production Value‘ steigt. Und weil man keine Multiplattform-Rücksicht nehmen muss. Wer Exklusivität auf einer Plattform anstrebt, muss sich seiner Sache schon sehr sicher sein – Qualität, Reichweite, Refinanzierung.

Aus guten Gründen sind Sony- und Nintendo-Exklusiv-Games per default Game-of-the-Year- und Metacritic-Top-10-Kandidaten, anders als bei Microsoft.

Das gibt es natürlich nicht gratis. Breaking News: Wer zwingend Zugriff auf alle Top-Spiele haben will, brauchte schon bisher mehrere Konsolen und Accounts – und das wird so bleiben. Überraschenderweise hat sich in den vergangenen 20 Jahren nur geringer Protest geregt, dass Pokémon, Zelda oder Super Mario so selten auf der PlayStation stattfinden.

Wie die Activision-Blizzard-Nummer aus- und weitergeht? Das vermag absolut niemand mit letzter Sicherheit vorherzusagen. 7 von 10 GamesWirtschaftsWeisen tippen darauf, dass der Deal doch noch irgendwie klappt. Sicher ist das nicht.

PlayStation 5- und PlayStation 6-Besitzer müssen sich jedenfalls nicht sorgen, mittelfristig von der Call of Duty-Versorgung abgeschnitten zu werden. Denn entweder gibt es doch noch eine Lose-lose-lose-Vereinbarung zwischen Sony und Microsoft: Xbox Game Pass-Abonnenten werden das daran merken, dass künftig allmonatlich ein höherer Beitrag zwecks Refinanzierung abgebucht wird, während Sony-Kunden weiterhin im Herbst 80 € zuzüglich Battlepass überweisen, dann halt an Microsoft.

Oder der Deal platzt und Activision Blizzard bleibt der größte Indie der Welt.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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9 Kommentare

  1. Es geht ja hier nur ums Übliche. Objektiv betrachtet wird MS durch die Übernahme im Gamesbereich nie eine marktbeherrschende Stellung erlangen, das ist es was es zu beurteilen gilt. Die verkaufszahlen belegen das.
    Sony verlaibt sich in der Zwischenzeit Studio um Studio ein. Das stinkt doch alles zum Himmel. Ich finde es erschreckend wie Sony die Politik beeinflusst um seine marktbeherrschende Stellung zu sichern. Das ist aus Sicht des Wettbewerbs fatal. Wenn der Marktführer so viel Einfluss hat, dass er das Wachstum der Konkurrenz unterbinden kann.

  2. Exklusivtitel sind immens wichtig. Aber Activison Blizzard war nie dafür bekannt. Microsoft sollte lieber anfangen, selber zu produzieren, statt nur einzukaufen. Das wäre mal ein Novum und würde ansatzweise für Respekt sorgen… Daher hat Sony auch alles Recht der Welt auf Microsoft einzuprügeln, denn dem Markt tut es nur gut, wenn er sich selber regelt, anstatt durch wilde Übernahmen das Gleichgewicht ins Ungleichgewicht bringen zu wollen.

    So sehr ich die Beiträge auf Games Wirtschaft auch schätze, bemerkt man dennoch manchmal die dezente Microsoft / PC-Markt-Vergangenheit. 😀

  3. Sony soll sich zusammenreißen!
    Die heulen am lautesten und klar geht ihnen der Hintern auf Grundeis, wenn MS den weltgrößten Publisher und damit viele der besten IPs der Branche übernimmt.

    Mitleid mit Sony habe ich jedoch keinesfalls, denn wer so viele Trends, Innovationen und Märkte versäumt und gleichzeitig absolut not for the Players agiert, der hat es wohl auch nicht anders verdient, als erhebliche Marktanteile zu verlieren und nach hinten durchgereicht zu werden.

    • Was für ein sinnloser und völlig unzutreffender Beitrag. Keine Ahnung von der Materie. Aktuell verliert gerade Microsoft immens an Marktanteilen…

    • Der ganze Fall nimmt Ausmaße, an, die fraglich sind. Sony macht immense Fehler, über die man sich bei Microsoft lustig machte. Jetzt bekommt man panisch Angst, dass man die Stellung als Platzhirsch verliert und kämpft mit allen schmutzigen Tricks. Und Microsoft schließt keine Plattformen aus, mit Ausnahme von PlayStation. Ich bin Fan von dem Nahtlosen Übergang Xbox -> PC -> xCloud.

      Bzgl. Cloud Gaming:
      – Shadow PC musste gerettet werden.
      – Luna hört man nichts
      – Stadia eingestellt
      Microsoft nutzt das auch nur aktiv durch die Integration mit Game Pass und Endgeräten. Der Markt ist kaum existent. Daher stelle ich hier die Bedenken in Frage.

      Bzgl. Android Games:
      Ehrlich gesagt habe ich da eher die Angst, das man Produkte wieder einstellt wie Microsoft es in der Vergangenheit schon getan hat. Forza Street, Gears Pop usw. Den eigenen Mobile Markt hat man einfach komplett gekillt.

      Bzgl. Exklusives Gaming:
      Machen beide Plattformen immer wieder, aber Sony gibt lieber Millionen an Euro aus für zeitliche Exklusivität oder komplette Exklusivität. So hohe Summen das man davon Spiele machen könnte. Bei Microsoft haben die Studios weiterhin ihre Freiheiten und die Möglichkeit nicht mehr streng aufs Budget achten zu müssen. Zudem kommen die Spiele immer auf Xbox und PC raus. Wenige Spiele fehlen noch, aber selbst Age of Empires ist nun auf Xbox und Halo auf PC.

      Preispolitik
      Sony kassiert ja nicht nur die Kunden ab, Sony kassiert auch bei Publishern, Entwicklern und Partnern ab. Microsoft hat sich zuerst dem Crossplay geöffnet, nachdem Epic Games das ja durchgeboxxt hat. Sony hat das als allerletztes jetzt auch gemacht, verlangt aber von den Entwicklern die Bereitstellung eigener Infrastruktur und Entgelte. Man schliest Traditionsreiche Studios, hat bei der PS5 mehrfach Entscheidungen revidiert. Das einzige was ich an der PS5 und aktuell an Sony mag, ist der Adaptive Trigger.

      Soviel zu meinem Rant 😀

  4. > Exklusivität ist kein Kapitalverbrechen

    Das sehe ich anders, gerade mit dem Hintergrund von Datenschutz und Microsofts außerordentlich undurchsichtigen Cloud und Account-Strategie. Mag sein, dass es convenient ist ein paar Accounts verknüpft zu haben und damit dann Daten von Windows in die Cloud zu schieben und online seine Word-Dokumente zu bearbeiten. Dagegen habe ich nichts, wogegen ich allerdings etwas habe ist wenn man gezwungen wird sein Windows mit einem Microsoft Online Account zu verknüpfen, weil man ansonsten die Einrichtung nicht abschließen kann, den selben Account dann auch noch für die XBox verwenden zu müssen weil man vielleicht den Gamepass aboniert hat und dann der Willkür von Microsoft zu unterliegen einfach mal den Account und damit den Zugriff auf sowohl die XBox und auch Windows zu sperren. Einfach weil man vielleicht Dateien auf dem Rechner hat, die Microsoft suspekt sind oder weil sie gerade Bock drauf haben den Kunden so richtig in …

    Dieser ganze Zwang sich einem Ökosystem unterwerfen zu müssen, das ist meiner Meinung nach schon ein Verbrechen. Und hier greift die Exklusivität, denn wenn Blizzard-Titel demnächst nur noch Microsoft oder sogar XBox-Exklusiv erscheinen weil man mit den Verkaufszahlen der Series nicht zufrieden ist und damit hofft das eigene Konsolengeschäft anzukurbeln, dann sind Kunden und Gamer gezwungen sich dem Ökosystem zu unterwerfen.

    Sony und Nintendo handhaben das definitiv besser und deswegen soll Microsoft gefälligst aufhören zu heulen und einsehen, dass die Möglichkeit besteht Blizzard nicht zu bekommen!

    • Sehe ich genauso. MS verdient sicherlich im Businessbereich mehr als genug Geld. Ich habe noch keine Business CAD CAM Software gesehen die auch unter Linux und Apple läuft. Meist sind ja für Spiele auch Windoof gefordert. Da haben die sozusagen schon Monopolstellung. Klar ich zocke CoD auch aber auf PC aber eine Übernahme wird so gar nichts bringen. Bezüglich Datenschutz ist MS auch kein Unschuldslamm oder warum sammelt Windoof 11 Daten um diese nicht nur an MS sondern auch an Dritte zu senden wie zum Beispiel Steam? Telemetrie Hin oder Her. Beser wäre gar Keine Daten sammeln und wenn ein bug vorkommt dann halt einen Bugreport senden und gut aber nicht ständig.

      • Also deiner Meinung nach verdient Sony doch auch genug? Mobile Devices, Medical Healthcare Geräte, Konsole, TV, Heimkino Anlagen, Highend Kameras mit fetten Margen, Studio Zubehör und bieten eigene Cloud Dienste an. Geh mal in das örtliche Kino. In aller Regel (insbesondere bei Cinemaxx etc.) stehen dort 100k€ Sony Beamer. Also wäre demnach ihre letzte Übernahme auch nicht korrekt gewesen?
        Ist Sony deshalb nun weniger schlimm als Microsoft?

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