Start Meinung CandyCrushGate: Wählt Ramelow zum Spieler des Jahres! (Fröhlich am Freitag)

CandyCrushGate: Wählt Ramelow zum Spieler des Jahres! (Fröhlich am Freitag)

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Szene aus einem 'Letsplay'-YouTube-Video von und mit Bodo Ramelow (Abbildung: YouTube / Die Linke)
Szene aus einem 'Letsplay'-YouTube-Video von und mit Bodo Ramelow (Abbildung: YouTube / Die Linke)

Games sind mal wieder in der Mitte der Gesellschaft angekommen – diesmal bei Candy-Crush-Hardcore-Zocker Bodo Ramelow.

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

„offensichtlich nicht geeignet“ sei der thüringische Regierungschef Bodo Ramelow (Die Linke), um weiterhin an den Corona-Krisengipfeln mit Kanzlerin und Ministerpräsidenten teilzunehmen. Zu diesem Befund gelangte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak in dieser Woche – sein CSU-Pendant Markus Blume legte Ramelow routiniert den Rücktritt nahe. Wenigstens hätte er dann „viel Zeit zum Spielen“. Andere Oppositionspolitiker und Kolumnisten stiegen in die Schelte ein: verantwortungslos, respektlos, arrogant.

Was war passiert? Ramelow hatte sich bei einer lockeren Quasselrunde in der sehr angesagten Clubhouse-App dazu hinreißen lassen, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Unter anderem würde er die Corona-Gipfel nutzen, um sich in Candy Crush voranzuspielen.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Das Spiel der Wahl – Candy Crush Friends Saga – gehört zu den kommerziell erfolgreichsten Smartphone-Apps. Besagtes Spiel verfügt bislang über 3.700 Levels – Ramelows selbstgepostetem Screenshot ist zu entnehmen, dass er derzeit bei roundabout 1.257 steht. Es gibt also noch reichlich Spielraum für weitere Ministerpräsidententreffen.

Dass er diesem Hobby frönt, hat er bei verschiedener Gelegenheit schon enthüllt – zum Beispiel hier. Spannender finde ich da schon sein strammes Pensum: Dass Ramelow pro Sitzung nach eigener Aussage ganze zehn Level schafft (was enorm ist), lässt auf diesem Profizocker-Niveau nur zwei Schlussfolgerungen zu: Entweder spielt er schon sehr lange und sehr ausgiebig und sehr regelmäßig – oder aber er investiert Geld, um schneller voranzukommen. Denn nach jeweils fünf Fehlversuchen muss man entweder eine halbstündige Zeitstrafe abbrummen – oder eben Euros nachwerfen, um sofort weitermachen zu dürfen.

So will es das Free2Play-Gesetz.

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Ich kann deshalb aus eigener Anschauung berichten, weil ich selbst schon nicht wenig Geld in vermeintlich kostenlose Games versenkt habe. Und das, obwohl ich von Berufs wegen um die teils tückischen Mechaniken solcher Match-3-Games weiß. Das ist ein bisschen so wie beim heimlich quarzenden Stationsarzt. Oder bei Kartoffelchips: Jeder ist sich dessen bewusst, dass einen die Melange aus Fett, Salz und Geschmacksverstärkern um Jahre zurückwirft, aber … man … kann … nicht … aufhören. Nutriscore hin oder her.

Nun lässt sich argumentieren: Halb so wild – wer noch nie während eines zähen Meetings den 11Freunde-Ticker verfolgt hat, werfe den ersten Stein. Nur: Bei diesen Kanzleramts-Videoschalten geht es um Existenzen – gesundheitliche ebenso wie wirtschaftliche. Thüringen gilt als bundesweit führender Corona-Hotspot.

Ramelows Vorwärtsverteidigung: Andere Politiker würden sich die Gipfel-Zeit ja auch mit geeigneten Mitteln vertreiben – der eine mit Sudoku, der nächste mit Stricken. Nur: Zehn Candy-Crush-Level entsprechen dem zeitlichen Gegenwert von zweieinhalb handgeklöppelten Wollpullovern. Und diese Dosis ist es, die mir spontan weit größeres Stirnrunzeln bereitet hat als die naheliegende Vermutung, dass auf den Diensthandys von Spitzenpolitikern nicht nur die Corona-App installiert ist.

Andererseits: Zehn Level pro Corona-Gipfel. Zehn! Andere Bundesländer wären froh, wenn sie einen solch erfolgreichen Ministerpräsidenten hätten. Oder ist von Söder überliefert, auf welche Street Credibility er es in Cyberpunk 2077 bringt? Eben.

Jedenfalls bringt Ramelow alle Voraussetzungen mit für die Auszeichnung als „Spieler des Jahres“ beim Deutschen Computerspielpreis (DCP) im April, der von einem weiteren überaus erfolgreichen und beliebten Politiker – nämlich dem Verkehrs- und Games-Minister – verliehen wird. Prämiert werden „E-Sportler, Letsplayer oder (einfache) Spieler, die sich mit besonderen Leistungen hervorgetan haben.“ Dies kann ein Engagement für das Medium Games oder die Gesellschaft insgesamt sein, aber eben auch „eine spielerische Leistung“.

Meine Stimme hat er.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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