Start Meinung Fröhlich am Freitag 20/2020: Die große Epic-Games-Verschwörung

Fröhlich am Freitag 20/2020: Die große Epic-Games-Verschwörung

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Exklusiv: Plant Fortnite-Hersteller Epic Games eine Verschwörung?
Exklusiv: Plant Fortnite-Hersteller Epic Games eine Verschwörung?

Tim Sweeney ist derzeit so etwas wie der Bill Gates der Games-Branche: Epic will augenscheinlich nur das Beste für Endverbraucher und Industrie – doch allein das macht schon mal grundverdächtig.

Verehrte Leserinnen und Leser,

in Zeiten großer Verunsicherung sind einfache Antworten und am besten noch einfachere Feindbilder gefragt. Das lässt sich tagtäglich in den Netzwerken und auf den Marktplätzen der Republik beobachten: Den Virologen, der WHO, dem RKI, der Kanzlerin und nicht zuletzt Microsoft-Gründer Bill Gates wird ein gesteigertes Interesse unterstellt, das Land mit Mund-Nasen-Schutz, Zoom-Unterricht, Abstandsmarkierungen und digitalen Türstehern zu unterjochen.

Der Groll ist verständlich: Tatsächlich ist der Gedanke an die morgen startenden Bundesliga-Geisterspiele oder an einen Sommerurlaub auf Sagrotanien oder an der Costa Corona nicht zwingend dazu geeignet, gute Laune aufkommen zu lassen.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Irritierend wirkt auf mich der zunehmend raue Ton in der Debatte. Dialog und die Wägung von Argumenten sind kaum vorgesehen. Die diffuse Sorge, zu den ‚Verlierern‘ einer Entwicklung (Eurokrise, Flüchtlinge, jetzt: Corona) zu gehören, treibt Menschen auf die Straßen, in Telegram und auf YouTube-Kanäle.

Stellt man es geschickt an, lässt sich daraus ein Geschäftsmodell entwickeln. Wer Verschwörungstheorie auf Lehramt studiert hat, kann sein vermeintliches Insider-Wissen mit Büchern, Vorträgen und bunten T-Shirts monetarisieren.

Nun ist es nicht so, dass dem Games-Endverbraucher die Angst vor Verschwörung völlig fremd wäre. Beispiel: Wer als Games-Entwickler auch nur auf die Idee kommt, ein Spiel auf der PC-Download-Plattform Epic Games Store zu veröffentlichen (womöglich noch exklusiv), muss sich darauf einstellen, in Foren und auf Twitter mit verbalen Katzenexkrementen überschüttet zu werden.

Dabei verlangt das US-Studio Epic viel weniger Tantiemen (nämlich 12 Prozent) als Marktführer Valve – der Steam-Betreiber behält ein Drittel ein, genauso wie Apple und Google. Startups und kleine Entwicklerstudios können Epics Unreal Engine gratis nutzen – erst ab einem Millionen-Umsatz werden Gebühren fällig. All das ist vor allem eines: fair.

Seit neuestem wird im Epic Games Store auch noch eine Premium-Edition von „Grand Theft Auto 5“ verschenkt – einfach so. Ein Spiel, für das Amazon oder Steam zwischen 25 und 30 Euro aufrufen.

All das macht Epic-Gründer Tim Sweeney derzeit zum Bill Gates unter den Spiele-Herstellern: Augenscheinlich will er nur das Beste für Publikum und Industrie. Doch vorgebliche Nächstenliebe macht erst recht verdächtig.

Möglicherweise liegt der Argwohn auch darin begründet, dass „die Chinesen“ (in diesem Fall: Tencent) knapp die Hälfte der Epic-Anteile halten. Oder dass Epic mit „Fortnite“ ein kleines bisschen zu viel Erfolg hat. Man weiß es nicht.


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Das Phänomen ist jedenfalls nicht neu – Geschichte wiederholt sich: Wer vor 15 Jahren das seinerzeit unfassbar begehrte Action-Spiel „Half-Life 2“ nutzen wollte, musste vorher zwingend besagte Steam-Software installieren. Die Reaktionen waren desaströs, allenfalls vergleichbar mit der Einführung einer Impfpflicht. Und dabei war Twitter noch gar nicht erfunden.

Irgendein Feindbild braucht’s offenbar immer – gestern Blizzard und Ubisoft, heute Epic, nächste Woche ist vielleicht Electronic Arts mal wieder ‚dran‘. Je größer der Laden, desto heftiger der Widerstand.

Wie wusste schon Lehrmeister Yoda: „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass, Hass führt zu unsäglichem Leid.“ Damit sich der Furor entlädt, genügt ein Funke: Zuweilen reicht es schon, zusätzlich zum männlichen Protagonisten eine weibliche Spielfigur anzubieten.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


Alle Kolumnen und Gastbeiträge finden Sie in der Rubrik „Meinung“.