Start Gamescom Analyse: Warum Blizzard der Gamescom einen Korb gibt

Analyse: Warum Blizzard der Gamescom einen Korb gibt

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Eine der Hauptattraktionen der Gamescom 2018: die riesige Blizzard-Showbühne in Halle 7 (Foto: KoelnMesse / Harald Fleissner)
Eine der Hauptattraktionen der Gamescom 2018: die riesige Blizzard-Showbühne in Halle 7 (Foto: KoelnMesse / Harald Fleissner)

Blizzards Messebauer wirbt damit, „geiles Zeug“ für seine Kunden umzusetzen. In diesem Jahr müssen die Gamescom-Fans erstmals darauf verzichten. Warum eigentlich?

Blizzard Entertainment hat am Dienstagabend – völlig überraschend – die Absage für die Gamescom 2019 bekannt gegeben.

Das ist ungefähr so, als würden Mercedes oder BMW den Auftritt auf der Frankfurter IAA einkassieren. Oder nur noch ein Viertel der sonst üblichen Fläche belegen.

Die Bedeutung von Blizzard für die Gamescom kann gar nicht überbetont werden. Seit Anbeginn der Kölner Spielemesse ist das US-Studio am Start, der riesige Stand in Halle 7 galt stets als Besuchermagnet. Allein hier könnte man den kompletten Gamescom-Tag zubringen. Unter den Gamescom-Kunden der KoelnMesse ist Blizzard einer der wichtigsten – neben Electronic Arts und Ubisoft.

Neben dem XXL-Stand in der Entertainment Area der Gamescom 2018 belegte Activision Blizzard einen üppigen Stand im Business-Bereich (Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx)
Neben dem XXL-Stand in der Entertainment Area der Gamescom 2018 belegte Activision Blizzard einen üppigen Stand im Business-Bereich (Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx)

Gamescom ohne Blizzard Entertainment: Was die Absage bedeutet

Blizzard hat stets geklotzt, nie gekleckert. Im vergangenen Jahr hat der Aachener Edel-Messebauer Walbert-Schmitz (Motto: „Wir machen geiles Zeug – seit 1966“, betreut auch Sony Interactive) erneut die Konzeption und Umsetzung übernommen. Herausgekommen ist abermals ein Auftritt der Superlative:

  • Der Endverbraucher-Stand misst über 4.000 Quadratmeter – größer als ein halbes Fußballfeld. Weitere 1.500 Quadratmeter belegt der Spiele-Riese im Business-Bereich.
  • Für jede der sechs Kern-Marken („HearthStone“, „Overwatch“, „Diablo“, „StarCraft“, „World of WarCraft“, „Heroes of the Storm“) wurde eigens eine thematisch passende Spielwelt inszeniert.
  • Mittendrin: die „Experience Stage“, also die spektakuläre Showbühne samt Leinwänden – für Konzerte, Interviews, Präsentationen, eSport, Quizzes, Tanz- und Kostüm-Wettbewerbe, Cosplayer, Autogrammstunden, Gewinnspiele.
  • Zwölf Wochen hat die Vorbereitung und Produktion des XXL-Stands gedauert.
  • 38 Techniker kümmerten sich während der Gamescom-Woche um Licht und Sound.
  • Hinzu kommt das Standpersonal – für die Betreuung der Spielstationen, das „Warteschlangen-Management“ (heißt wirklich so), für die Sicherheit sowie Akkreditierung und Bewirtung im Business-Bereich. Alleine mehr als 100 Promotoren waren im Einsatz – und ein komplettes Orchester.

Geiles Zeug eben.

Aber: Sowas kostet. Die Gamescom-Budgets der großen Aussteller sind siebenstellig. Allein der Listenpreis für die pure Blizzard-Standfläche liegt jenseits einer halben Million Euro.

Ein solches Investment muss sich rechnen. Irgendwie.

Millionen-Investment Gamescom

In der Entertainment Area kalkuliert Activision Blizzard mit einem Durchlauf von 4.500 Spiele-Fans pro Tag. Über den kompletten Messezeitraum von viereinhalb Tagen sprechen wir also von etwas mehr als 20.000 Personen, die tatsächlich an Tastatur und Gamepad ran dürfen – und Wartezeiten von bis zu vier Stunden in Kauf nehmen. Den 318.800 anderen Privatbesuchern ist dieses Vergnügen nicht vergönnt.

Unterstellt, das Gesamt-Budget läge bei 5 Millionen Euro – dann würde Blizzard für jeden, der sich in die Warteschlange stellt, rund 250 Euro ausgeben. Dies erklärt, warum unter Gamescom-Ausstellern das schöne Bonmot kursiert, man könne den Besuchern genauso gut das beworbene Spiel einfach schenken, plus einen Monitor obendrauf – und käme immer noch günstiger weg.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Denn tatsächlich kommen Zigtausende mit den Spielen und Marken in Kontakt – allein schon dadurch, indem sie sich auf dem Stand aufhalten oder bei den Präsentationen und Bühnenshows zugucken. Aussteller können sowas ziemlich präzise messen – und tun das auch. Hinzu kommt der bezifferbare (Social-)Media-Wert durch Youtuber, Livestreamer, Besucher, Fach- und Publikumspresse.

Warum passt Blizzard nun in diesem Jahr?

Die davongaloppierenden Kosten sind jedenfalls nur ein Faktor. Eine Messe-Teilnahme ist ja nur dann wirklich sinnvoll, wenn man Neuheiten zu zeigen hat. Das ist bei Blizzard in diesem Jahr offenkundig nicht der Fall, weil die wirklich wichtigen Premieren und Trailer für die Hausmesse Blizzcon im November reserviert sind. Außerdem wäre es intern wie extern schwer vermittelbar, wenn man trotz Rekordumsatz 800 Mitarbeiter auf die Straße setzt – und gleichzeitig einen feudalen Messestand aufzieht, als wäre nichts gewesen.

Wir sprechen also von Sonderfaktoren der Saison 2019.

Gamescom 2018 Spiele im Überblick: Blizzard Entertainment zeigt unter anderem "World of Warcraft: Battle for Azeroth" (Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx)
Gamescom 2018 Spiele im Überblick: Blizzard Entertainment zeigt unter anderem „World of Warcraft: Battle for Azeroth“ (Foto: KoelnMesse / Thomas Klerx)

Kehrt Blizzard zur Gamescom 2020 zurück?

Die Auswirkungen sind indes immens: Mit Blizzard Entertainment verschwindet Prestige, Umsatz, Spektakel, Fläche und ein „Headliner“, der imstande ist, den Ticket-Verkauf anzukurbeln. Die Gamescom-Veranstalter stehen nun vor der Herausforderung, mehrere tausend Kubikmeter Hallenluft sinnvoll und ansatzweise gleichwertig zu füllen – spätestens ab Juli wird man wissen, ob und wie das gelingt.

Wenn es glimpflich läuft für Messebauer, Verband, KoelnMesse, Gamescom- und Blizzard-Fans, dann bleibt 2019 eine Ausnahme und das Unternehmen kehrt zur Gamescom 2020 auf das Messegelände zurück. Sowas kommt immer wieder vor, siehe Take-Two Interactive: Der US-Publisher („Borderlands 3“) feiert nach zwei Jahren Abstinenz heuer ein Gamescom-Comeback. Schließlich hat man ja was zu zeigen – wie man hört: geiles Zeug.


Alle Informationen rund um die Gamescom 2019 (Öffnungszeiten, Aussteller, Tickets, Unterkunft, Rahmenprogramm) finden Sie in unserer Gamescom-Rubrik.