Start Events More than just a Game 2018: Schaden Bots der Spiele-Branche?

More than just a Game 2018: Schaden Bots der Spiele-Branche?

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Die Frankfurter Kanzlei Beiten Burkhardt ist Gastgeber der Fachtagung More than just a Game 2018 (Abbildung: BBLAW)
Die Frankfurter Kanzlei Beiten Burkhardt ist Gastgeber der Fachtagung More than just a Game 2018 (Abbildung: BBLAW)

„Fortnite“-Hersteller Epic Games nutzt die DSGVO weltweit als Datenschutz-Blaupause – eine von vielen spannenden Erkenntnissen der Konferenz More than just a Game 2018.

Cloudgaming, Nazi-Symbole in Computerspielen, die Risiken und Nebenwirkungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO): An spannenden juristischen Themen für die Frankfurter Premiere des europäischen Konferenz-Formats More than just a Game 2018 am 19. Oktober mangelte es nicht. Einen Tag lang diskutierten nationale und internationale Experten in der Niederlassung der Kanzlei Beiten Burkhardt über aktuelle Entwicklungen, die vielfach erhebliche Auswirkungen für Anbieter und Nutzer von Computer- und Videospielen mit sich bringen.

Die Steilvorlage für die Auftakt-Debatte „Jugendschutz, Zensur und Kultur“ steuerte die Unterhaltungssoftware Selbskontrolle (USK) bei, die seit 9. August auch Spiele zur Prüfung annimmt, die Hakenkreuze oder Hitler-Abbildungen zeigen. Alterseinstufungs-Experte Richard Sheridon von der Nintendo of Europe GmbH, der kanadische Medien-Professor Jon Festinger und die beiden Anwälte Taras Derkatsch und Andreas Lober (beide Beiten Burkhardt) stellten sich den Fragen von GamesWirtschaft-Chefredakteurin Petra Fröhlich. Das Panel war sich einig: Die USK-Neuregelung ist ein richtiger und konsequenter Schritt – zumal eine Freigabe immer von der Prüfung des Einzelfalls abhängt. Via Abstimmungsgerät schloss sich 91 Prozent des Publikums dieser positiven Grundhaltung an. Die Experten beleuchteten außerdem, warum Fragen der Gewaltdarstellung heute anders diskutiert und beurteilt werden noch als vor fünf oder zehn Jahren.

Beim anschließenden Kamingespräch gab Venture-Capital-Experte Mark Miller von der Münchener CatCap GmbH einen Einblick mit Blick auf die jüngsten Übernahmen deutscher Studios durch vorwiegend schwedische Unternehmen. Im Gespräch mit Beiten-Burkhardt-Partnerin Gesine von der Groeben berichtete er aus erster Hand über den aufsehenerregenden Verkauf von Goodgame Studios an die Stockholmer Stillfront Group. Seine Prognose: Die Übernahme-Saison 2018 ist noch nicht vorbei – Miller rechnet kurzfristig mit weiteren Neuigkeiten. 70 Prozent der Zuhörer stimmten der These zu, dass derartige Übernahmen grundsätzlich gut seien für den deutschen Spielemarkt.

Um Cloud Gaming und Streaming Boxes drehte sich der Vortrag von Jon Festinger, der unter anderem an der University of British Columbia lehrt. Schon jetzt seien Film- und Games-Streaming-Dienste in der Lage, das Nutzerverhalten und die Nutzervorlieben per Algorithmus präzise zu analysieren – und daraus wertvolle Informationen für künftige Inhalte abzuleiten.

More than just a Game 2018: Die Initiaoren Dr. Gaetano Dimita und Dr. Andreas Lober begrüßen die Gäste (Foto: Beiten Burkhardt)
More than just a Game 2018: Die Initiaoren Dr. Gaetano Dimita und Dr. Andreas Lober begrüßen die Gäste (Foto: Beiten Burkhardt)

More than just a Game 2018: Filesharing und DSGVO in der Praxis

Kann der Käufer von virtuellen Gegenständen – Waffen, Zaubersprüche, Dekoration – in Free2play-Spielen diesen Kaufvertrag nachträglich widerrufen? Dieser Frage ging Rechtsanwalt Felix Hilgert von der Kölner Kanzlei Osborne Clarke nach. Hilgert skizzierte, wie eine rechtssichere und für alle Seiten saubere Widerrufslösung aussehen könnte. Nicht ausreichend ist es zum Beispiel, wenn der Anbieter des Free2play-Spiels lediglich auf die oft seitenlangen Nutzungsbedingungen verweist.

Olaf Weber ist Richter am Amtsgericht Saarbrücken und hat regelmäßig Filesharing-Verstöße auf dem Tisch. Sein Thema: Wer haftet eigentlich, wenn Kinder urheberrechtlich geschützte Werke ins Netz laden? Oder wenn dies über ein offenes WLAN in einem Café geschieht? Erst im Oktober hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechte von Film-, Musik- und Spiele-Produzenten gestärkt.

„Keine Panik!“ – so lautete die Botschaft von Michael Ronellenfitsch mit Blick auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO bzw. GDPR = General Data Protection Regulation). Ronellenfitsch ist in Hessen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zuständig. Nach seiner Beobachtung gibt es bei der Auslegung der Bestimmungen ein Nord-Süd-Gefälle – demnach sind die Behörden im Norden der Republik deutlich strenger. In der anschließenden Expertenrunde berichteten Spiele-Hersteller und Juristen aus der Praxis. So sieht „Fortnite“-Hersteller Epic Games die europäischen DSGVO-Standards als weltweiten „Gold-Standard“, wie Epic-Anwalt Mike Atamas erklärte. Dadurch wolle Epic allen Spielern das gleich Spielgefühl bieten, unabhängig davon, ob der Spieler aus einem EU-Mitgliedsstaat kommt oder nicht. Das Motto: „GDPR everywhere“. Abgesehen von Südkorea gäbe es seit Einführung der DSGVO Ende Mai nirgends auf der Welt strengere Datenschutzvorschriften. Unter anderem seien die Rechte der Verbraucher gestärkt worden, die nun unter anderem Auskunft über die gesammelten Daten verlangen könnten. Diese Rechte kollidieren zuweilen mit den Geschäftsgeheimnissen von Unternehmen, wie Beiten-Burkhardt-Anwältin Susanne Klein ausführte – eine Erfahrung, die auch Beata Sobkow (Kanzlei Harbottle & Lewis) und Darya Firsava (Anwältin bei Wargaming Europe) machten. Laut Epic-Experte Mike Atamas hätte der „Fortnite“-Anbieter kein Problem damit, die Unterlagen bereitzustellen – allerdings bezweifelt er, dass die Spieler großen Erkenntnisgewinn daraus ziehen könnten. Zwei Drittel der Zuhörer sehen in der DSGVO keinen Wettbewerbsnachteil für europäische Unternehmen, wie die anschließende Abstimmung ergab.

Börsengänge auf Blockchain-Basis waren das Thema von Christoph Aha, Partner bei Beiten Burkhardt. Über die Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen solcher Initial Coin Offerings (ICOs) für die Games-Industrie debattierten im Anschluss Benjamin Robson (The Laurel Foundry) und Shaping Games-CEO Andreas Schemm. Mehr als zwei Drittel des Plenums gehen davon aus, dass sich Kryptowährungen nicht als Ingame-Zahlungsmethode etablieren.

More than just a Game 2018: Epic-Games-Jurist Mike Atamas und Datenschutz-Experte Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch beleuchten die Auswirkungen der DSGVO (Foto: Beiten Burkhardt)
More than just a Game 2018: Epic-Games-Jurist Mike Atamas und Datenschutz-Experte Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch beleuchten die Auswirkungen der DSGVO (Foto: Beiten Burkhardt)

More than just a Game 2018: Schaden Bots der Spiele-Branche?

Seit vielen Jahren beschäftigt die juristische Auseinandersetzung zwischen dem deutschen Bot-Entwickler Bossland und Blizzard Entertainment (u. a. „World of Warcraft“) die Gerichte. Bots werden unter anderem dazu eingesetzt, um in Abwesenheit des Spielers Ressourcen einzusammeln. Bossland-Anwalt Marian Härtel und Blizzard-Verteidiger Mark Brown vertreten in dieser Frage zwangsläufig gegensätzliche Positionen. Brown argumentierte, die Bot-Software verletze die Lizenzbedingungen des Anbieters – sein Gegenspieler Härtel hält es für abwegig, dass Bots zwangsläufig den Interessen des Spiele-Anbieters zuwider laufen. Ganz im Gegenteil würden Bots den Spielspaß unter Umständen erhöhen, weil sie Routine-Aufgaben abnehmen. Aber: Eine Mehrheit von 73 Prozent vertrat im Anschluss die Position, dass Bot-Software dem Erfolg eines Online-Spiels sehr wohl schade.

Den Abschlussvortrag hielt der Münchner Beiten-Burkhardt-Anwalt Axel von Walter, der einen Ausblick auf eine neue EU-Richtlinie zu digitalen Inhalten gab. Hiervon betroffen seien sämtliche Anbieter von Download- und Streaming-Produkten, egal ob eBooks, Videos, Audio oder Games. Da das Strassburger EU-Parlament bereits 2019 über die Gesetzesvorlage abstimmt, empfiehlt von Walter schon jetzt die Prüfung von Verträgen und Geschäftsmodellen.

Eine ausführliche Zusammenfassung der besprochenen Themen sowie weiterführende Informationen finden Sie in diesem PDF.

Frankfurt am Main war erstmals Austragungsort des Konferenzformats „More than just a Game“, das von der Queen Mary University of London organisiert wird. Zuvor standen Paris, Madrid und London auf dem Tourplan.