Wooga trennt sich von 40 der rund 300 Mitarbeiter am Stammsitz Berlin.
Wooga trennt sich von 40 der rund 300 Mitarbeiter am Stammsitz Berlin.

Wooga entlässt jeden siebten Mitarbeiter. Die Hoffnungen des Berliner Mobile-Games-Studios liegen nun auf Bubble Island 2 – und auf der Apple Watch 2.

[no_toc]Deutschlands größte Spielestudios befinden sich inmitten eines Umbruchs, der zu Umstrukturierungen und Stellenabbau quer durch die Branche führt. Nach Goodgame Studios, GameDuell und Aeria Games hat nun auch das Berliner Studio Wooga (Diamond Dash, Jelly Splash) angekündigt, die Zahl der Mitarbeiter zu reduzieren.

40 der 300 Wooga-Angestellten erhalten die Kündigung – also ein Siebtel der Belegschaft. Einen entsprechenden Bericht von Gründerszene hat eine Firmensprecherin gegenüber GamesWirtschaft bestätigt.

Wooga-Gründer Jens Begemann begründet die Stellenstreichungen damit, die Unternehmensstruktur „verschlanken“ zu wollen und die Wettbewerbsfähigkeit „im sich sättigenden Mobile-Games-Markt“ zu erhalten. Außerdem hätten „einige Projekte der jüngeren Vergangenheit die hohen Erwartungen, die wir an sie hatten, nicht erfüllt.“

Zu den „Projekten der jüngeren Vergangenheit“ gehören Futurama: Game of Drones (Februar 2016) und Apple-Watch-Titel wie Farm Time (April 2016).

Wooga: Apple-Watch-Spiele haben Erwartungen nicht erfüllt

 

CEO Jens Begemann hat Wooga 2009 zusammen mit Philipp Moeser gegründet.
CEO Jens Begemann hat Wooga 2009 zusammen mit Philipp Moeser gegründet.

Wooga setzt große Hoffnungen auf den Markt für Wearables, insbesondere die Apple Watch. Bereits im Frühjahr 2015 – also parallel zum Launch der Smartwatch – kam das Tamagotchi-ähnliche Hunde-Spiel Toby in den Appstore. Es folgten das Bauernhof-Aufbauspiel Farm Time, im Herbst erscheint das Angelspiel Fish Time. Wooga überträgt also bewährte Mobilegames-Konzepte aufs Handgelenk.

Der Haken: Die Apple-Watch-Absatzzahlen sind im 2. Quartal 2016 um mehr als die Hälfte gegenüber dem Vorjahr eingebrochen. Mit großer Wahrscheinlichkeit präsentiert Apple bei der anstehenden Keynote daher am 7. September neben einem Betriebssystem-Update (WatchOS 3) auch einen Nachfolger in Form der Apple Watch 2. Gut möglich auch, dass die Neuheiten aus Berlin im Rahmen der Tim-Cook-Präsentation eine Rolle spielen.

Fish Time erscheint im Herbst und soll von den Features des Betriebssystems WatchOS 3 profitieren.
Fish Time erscheint im Herbst und soll von den Features des Betriebssystems WatchOS 3 profitieren.

Wooga: Neue Studio-Struktur führt zu Entlassungen

Im Gegensatz zu anderen deutschen Spieleherstellern wie Goodgame Studios oder Blue Byte setzt Wooga mehr denn je auf den Casual-Markt, ist also im selben Segment unterwegs wie beispielsweise King (Candy Crush Saga). Zielgruppe, Vermarktung und Monetarisierung unterscheiden sich bei diesen Titeln fundamental von komplexen Strategiespielen wie Game of War: Fire Age, Clash of Clans, Forge of Empires oder Clash of Kings.

Künftig gliedert sich das Berliner Unternehmen in drei Teams:

  • ein Puzzle-Studio (arbeitet derzeit an Bubble Island 2, das im Oktober erscheint)
  • ein Wimmelbild-Studio (spezialisiert auf Hidden-Objekt-Games wie Pearl’s Peril und Agent Alice)
  • ein Casual-Simulation-Studio (kümmert sich vor allem um Apple-Watch-Spiele)

Darüber hinaus fährt die Firma eine ausgesprochen intensive Fail-fast-learn-fast-Politik: Laut Wooga-COO Jan Miczaika arbeiten derzeit 20 kleine Teams an Prototypen – nur die vielversprechendsten Ideen werden fortgeführt, die Mehrheit der Projekte scheitert und wird an einer „Wall of Fame“ würdig zu Grabe getragen.

Wooga spricht von einem „Hitfilter“-Konzept.

Wooga: Tür an Tür mit Til Schweiger

Erst zur Gamescom wurde Wooga vom Fachblatt Horizont als „eines DER deutschen Aushängeschilder“ bezeichnet. Tatsächlich hat das Studio als Spiele-Entwickler und Arbeitgeber einen sehr guten Ruf, Management und Entwickler sind in der Berliner Startup-Szene bestens vernetzt.

Wooga macht 90 Prozent seines Umsatzes außerhalb Deutschlands. 2014 stiegen die Einnahmen um gut ein Drittel auf 47 Millionen Euro, das Ergebnis vor Steuern lag bei 12,6 Millionen Euro. Neuere Zahlen liegen nicht vor. 80 Prozent des Umsatzes kommt über In-App-Käufe, der Rest stammt aus Werbe-Einblendungen.

Ähnlich wie Farmville-Entwickler Zynga startete Begemann 2009 mit Facebook-Spielen – 2012 erfolgte dann der Schwenk in Richtung Mobile-Games für Smartphones und Tablets. Derzeit umfasst das Sortiment sieben Titel für iOS und Android.

Das Studio hat seinen Sitz im Berliner In-Viertel Prenzlauer Berg auf drei Etagen der „Backfabrik“, einer ehemaligen Großbäckerei. Das Gebäude beherbergt eine Reihe von Start-Ups und jungen Unternehmen wie Til Schweigers Produktionsfirma Barefoot Films, den Kochzutaten-Versender Hello Fresh oder Lovoo, die Macher der gleichnamigen Dating-App.

Als die Bundeskanzlerin vor dreieinhalb Jahren das umgestaltete Büro besuchte, stellte Wooga zwei Leute ein – pro Woche. Jetzt zieht Wooga die Notbremse.