Start Wirtschaft BGH-Urteil zu Ebay-Bewertungen: Wo beginnt „Wucher“?

BGH-Urteil zu Ebay-Bewertungen: Wo beginnt „Wucher“?

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Ebay (Abbildung: Ebay Inc.)
Ebay (Abbildung: Ebay Inc.)

Muss sich ein Ebay-Händler gefallen lassen, wenn ein Kunde in der Bewertung von „Wucher“ spricht? Der Bundesgerichtshof sagt: Im Prinzip – ja.

700, 800, 900, 1.000 € oder mehr: Wer in den vergangenen 22 Monaten eine PlayStation 5 kaufen wollte, musste gerade auf Plattformen wie Ebay, Amazon Marketplace oder Kaufland tief in die Tasche greifen. Mit dreistelligen Aufschlägen gegenüber dem Listenpreis nutzen Händler die hohe Nachfrage bei geringer Verfügbarkeit aus.

Vielfach war in Kommentaren und auf Social Media daher von ‚Wucher‘ oder ‚Wucher-Preisen‘ die Rede. Allerdings: Rein formal handelte es sich bei den aufgerufenen Preisen für die Spielkonsole explizit nicht um Wucher, denn erstens spricht Sony lediglich unverbindliche Preisempfehlungen aus und zweitens ist der Begriff Wucher im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) klar geregelt.

Zu den Kriterien gehören zum Beispiel die Ausnutzung der Unerfahrenheit oder Willensschwäche des Kunden oder dessen Zwangs- oder Notlage (Stichwort Schlüsseldienst oder Abschleppwagen). Nur wenn die Leistung in einem „auffälligen Missverhältnis“ zum geforderten Preis steht, wird das Rechtsgeschäft unwirksam.

Wucher ist zudem mit Geld- oder Freiheitsstrafe belegt.

Der Bundesgerichtshof hatte nun zu entscheiden, ob sich Händler diesen durchaus harten Vorwurf in Bewertungen und Kommentaren auf Ebay oder Amazon gefallen lassen müssen. Konkret ging es um vier Gelenkbolzschellen zum Gesamtpreis von 19,26 € – knapp 5 € entfielen auf die Versandkosten. Was den Käufer zu folgendem Kommentar veranlasste: ʺWare gut, Versandkosten Wucher!!ʺ

Der Händler hatte auf Löschung dieses Textes geklagt und mit dem entstandenen Schaden durch die negative Ebay-Bewertung argumentiert.

Der BGH kassierte das Urteil der Vorinstanzen ein und gab dem Kunden Recht: Die Formulierung ist als sogenanntes „Werturteil“ durch die Meinungsfreiheit gedeckt, die auch überzogene oder vermeintlich ungerechte Kritik einschließt. Die Bewertung weise einen klaren Sachbezug (hier: Versandkosten) auf. Die Grenze zur Schmähkritik und damit Geschäftsschädigung sei nicht überschritten worden, denn die Klägerin (also der Händler) werde nicht diffamiert.

Laut der allgemeinen Geschäftsbedingungen von Ebay müssen die Nutzer in ihren Bewertungen „ausschließlich wahrheitsgemäße Angaben“ machen, die zudem sachlich gehalten sind. Sinngemäß gleichlautende Formulierungen finden sich auch bei anderen Plattformen und Online-Shops, die Kunden-Bewertungen zulassen.

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