Die Games-Branche läuft sich warm für den Bundestagswahlkampf: BIU, GAME und Ministerien finanzieren eine Studie über den Games-Standort Deutschland.
Sofern in den kommenden Monaten keine unvorhergesehenen Dinge passieren, wird im September 2017 der neue Deutsche Bundestag gewählt – und daraus resultierend Kanzler, Kabinett, Staatssekretäre und Ressort-Zuschnitte. Ob die deutsche Digital- und Games-Branche auch künftig dem Bundesverkehrsministerium zugeschlagen wird oder dem Wirtschaftsministerium oder doch eher dem Kanzleramt in Form des/der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – all das wird allerspätestens im Rahmen der Koalitionsgespräche ausbaldowert.
Wer auch immer künftig als erster Ansprechpartner für die Berliner Games-Lobbyverbände fungiert: In jedem Fall hilft es, sich mit hinreichend Argumenten und Fakten zu Umsätzen, Arbeitsplätzen und „Wechselwirkungen zur Kultur- und Kreativwirtschaft“ zu bewaffnen. Derlei belastbare Zahlen fehlen nämlich bislang. Von offizieller Stelle war zwar leicht zu erfahren, welche weltweiten Umsätze mit eSport eingefahren werden, aber beispielsweise nicht, wie hoch der Frauenanteil in der deutschen Gamesbranche ausfällt.
Deshalb entsteht nun die erste größere Studie zur Lage der Spiele-Nation, deren Ergebnisse Anfang 2017 vorgestellt werden sollen.
Die Studie trägt den wundervollen Titel „Studie zur Computer- und Videospielindustrie in Deutschland. Daten und Fakten zum deutschen Entwicklungs- und Vertriebsmarkt für digitale Spiele.“ Der Auftrag ging an die Hamburg Media School und Professor Dr. Jörg Müller-Lietzkow von der Universität Paderborn.
Studie zum Games-Standort Deutschland: Weniger Bauchgefühl, mehr Daten
Bekanntlich steht die deutsche Games-Branche im zweifelhaften Ruf, als milliardenschwerer Absatzmarkt zu dienen, aber selbst nur dünne und zudem rückläufige Marktanteile vorweisen zu können. Der Branchenverband BIU höchstselbst bezeichnet die hiesigen Entwickler als „international kaum relevant„.
Zwar gab es in den vergangenen Jahren regelmäßig lokale Studien, zuletzt zum Games-Standort Köln. Doch all diese Untersuchungen beleuchteten stets nur die Umstände in einer Stadt oder in einer Region oder einem Bundesland – und unterschieden sich daher gravierend in Methodik und Aussagekraft. Noch dazu seien sie „unvollständig und zum Teil auch widersprüchlich“, wie GAME-Geschäftsführer Thorsten Unger beklagt.
Damit am Ende wirklich verwertbare Informationen vorliegen, ist es zwingend erforderlich, dass die notorisch eher zurückhaltend kommunizierenden Spiele-Entwickler und -Publisher sprichwörtlich die Hosen herunterlassen – mit Blick auf Umsätze, Gehälter, Beschäftigten-Struktur, Ausbildungs-Tätigkeit und der Wertschöpfung im Heimatmarkt.
Denn all dies ist am Ende die Währung, um Maßnahmen zur Wirtschafts- und Kulturförderung abzuleiten.
Studie zur deutschen Games-Branche: Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten
Zu den angesprochenen Maßnahmen gehört sicher auch die Zukunft des Deutschen Computerspielpreises, dessen Vertragslaufzeit am 31. Oktober 2017 endet, also bereits in gut einem Jahr.
Deshalb werben die Ausrichter eindringlich darum, dass die Branche möglichst zahlreich und umfassend Auskunft gibt. Denn die beabsichtigte Aussagekraft wird die Studie nur dann haben, wenn nicht nur Blue Byte oder Gameforge Ross und Reiter benennen, sondern auch die Niederlassungen von US-Konzernen, etwa id Software in Frankfurt oder Epic Games, Riot Games und King in Berlin.
Die Kosten für die Studie teilen sich die bereits erwähnte Kultur- und Medienbeauftragte, die Berliner Senatskanzlei, das hessische Wirtschaftsministerium, das Bundeswirtschaftsministerium und natürlich BIU und GAME.