Start Politik Deklaration für die Meinungsfreiheit: Protest gegen NetzDG

Deklaration für die Meinungsfreiheit: Protest gegen NetzDG

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Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bekommt Gegenwind für das umstrittene NetzDG (Foto: Phototek / Thomas Köhler)
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bekommt Gegenwind für das umstrittene NetzDG (Foto: Phototek / Thomas Köhler)

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ruft Verbände und Initiativen auf den Plan: Der Branchenverband BIU gehört zu den Unterzeichnern der „Deklaration für die Meinungsfreiheit“.

Der Chaos Computer Club, Wikimedia, Reporter ohne Grenzen, Deutscher Journalisten-Verband, Bitkom und der BIU gehören zu den Erstunterzeichnern der „Deklaration für die Meinungsfreiheit“ auf Initiative der Bürgerrechtsorganisation Digitale Gesellschaft e. V.

Das Dokument ist eine Reaktion auf das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das am 5. April im Bundeskabinett verabschiedet wurde. Die Lobby-Verbände und Vereine sorgen sich um negative Auswirkungen des Gesetzes auf den öffentlichen Diskurs – und letztlich für die Meinungsfreiheit. Dieses Grundrecht sei ebenso wie die Presse- und Rundfunkfreiheit in besonderem Maße geschützt.

Das NetzDG verpflichtet Plattform-Betreiber wie Facebook dazu, gemeldete und offensichtlich rechtswidrige Beiträge binnen 24 Stunden zu löschen – andernfalls drohen empfindliche Strafen bis zu 50 Millionen Euro. Als „offensichtlich rechtswidrig“ gelten nicht nur Volksverhetzung oder die Vortäuschung von Straftaten, sondern bereits der Tatbestand der Beleidigung oder der Verleumdung. Werden Persönlichkeitsrechte verletzt, so hat der Betroffene das Recht, vom Netzwerk die Herausgabe der entsprechenden Daten zu verlangen. Ob darüber zuvor ein Richter zu entscheiden hat, das bleibt im Entwurf vage.

NetzDG: Neben Facebook und Twitter sind auch Computerspiele-Chats und Messenger betroffen

Justizminister Heiko Maas (SPD) will das NetzDG noch vor der Sommerpause durch Bundestag und Bundesrat bringen. Dagegen regt sich jetzt Widerstand: Im Vorfeld der anstehenden Abstimmungen fordern die Unterzeichner eine „Gesamtstrategie“, um Hassrede und Fake News (also bewusste und gezielte Falschmeldungen) nachhaltig einzudämmen.

Die Unterzeichner der „Deklaration für die Meinungsfreiheit“ halten es für falsch, dass Plattformen und Internetdienste mit der staatlichen Aufgabe betraut werden sollten, „Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Inhalten zu treffen“. Insbesondere wehren sich die unterzeichnenden Verbände und Organisationen dagegen, dass der Grundsatz „Im Zweifel löschen/sperren“ gelten soll.

Die Sorge der Unterzeichner: „Die Androhung hoher Bußgelder in Verbindung mit allzu kurzen Reaktionsfristen verstärkt die Gefahr, dass sich Plattformbetreiber im Zweifel zu Lasten der Meinungsfreiheit und für die Löschung oder Sperrung solcher Inhalte entscheiden, die sich im Graubereich befinden.“

In einer Stellungnahme zum ursprünglichen Entwurf hält der Branchenverband BIU eine „Konkretisierung des Anwendungsbereichs des NetzDG“ für erforderlich. Insbesondere würde das Gesetz auch „flüchtige Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen“ abdecken, was beispielsweise auch Auswirkungen auf Computerspiele-Chats, E-Mail-Dienste, Messenger oder Dating-Portale hätte.

NetzDG: Branchenverband BIU kritisiert untaugliche Bagatellgrenze

Der BIU kritisiert, dass unter den „unspezifischen Wortlaut des §1 Abs. 1 NetzDG auch Computer- und Videospiele und Spielekonsolen“ fallen würden, „obwohl diese nicht meinungsrelevant sind oder in erheblichem Maße zur Verbreitung von Hasskriminalität und Fake-News genutzt werden.“

Die bestehenden Strukturen und Maßnahmen in Form von hauptberuflichen und ehrenamtlichen Community-Managern und Social-Media-Beauftragten würden ausreichen, um fairen, respektvollen Umgang in den Spielen zu gewährleisten – woran explizit auch die Spielehersteller ein großes Interesse hätten.

Auch die Bagatellgrenze von 2 Millionen Nutzern einer Plattform sei ungeeignet: Die Bundesregierung geht von maximal zehn betroffenen Unternehmen aus (darunter Youtube, Xing, Facebook und Twitter) – tatsächlich trifft die Regelung natürlich auch Betreiber von Browsergames, Smartphone-Apps und Online-Spielen.

Daneben hält der BIU die vierteljährliche Berichtspflicht samt damit einhergehender Bürokratie für wenig sinnvoll.

Die komplette NetzDG-Stellungnahme des Branchenverbands ist auf der BIU-Website nachzulesen.