Wirtschaft ist nicht demokratisch, Wirtschaftsverbände sollten es aber sein – meint Games Academy-Gründer Thomas Dlugaiczyk in seinem Gastkommentar.
„Der BIU öffnet sich dem Glücksspiel-Gewerbe: Mit Gauselmann wird Deutschlands größter Spielautomaten-Aufsteller Mitglied im Entwickler-Netzwerk BIU.Dev. (…) 500 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer kostet eine solche Mitgliedschaft in diesem Zirkel, dem unter anderem Blue Byte, id Software, Tivola oder Deep Silver Fishlabs angehören. Im Unterschied zu den regulären Mitgliedern des BIU haben die Netzwerk-Unternehmen kein Stimmrecht.“
Diese Meldung hat teilweise heftige Reaktionen in der Branche hervorgerufen, da viele Produzenten und Kreative aus der Gamesbranche unter anderem ein anderes Grundverständnis von „Spiel“ – im Gegensatz zur Glücks- und Automatenspielwirtschaft – haben.
Thomas Dlugaiczyk: BIU-Vertretungsanspruch ist „politisch ungedeckter Scheck“
Der BIU scheitert hier an seiner eigenen Strategie, „Mitglieder“ und „Kunden“ miteinander zu vermischen. Die Mitglieder eines Buchklubs sind nicht stimmberechtigt, was den Verlag angeht. Im Falle des BIU ist dieser aber losgelaufen und hat der Welt und der Politik verkündet: Wir vertreten die Branche!
Dies ist ein politisch ungedeckter Scheck: Der Verband ist für das Netzwerk nicht vertretungsberechtigt, die Mitglieder sind – genaugenommen – Kunden, die Geld für Dienstleistungen bezahlen.
Auf der anderen Seite ist es aus diesem Grund sehr einfach, Mitglied zu werden. Bitte unten rechts unterschreiben, dann sind wir im Geschäft. Lässt man aber die Tür den ganzen Tag offen, steht auch irgendwann ein unbequemer Gast in der Tür.
Im Gegensatz zu Netzwerken wie zum Beispiel media.net in Berlin/Brandenburg oder den GAME Bundesverband. Hier handelt es sich um eingetragene Vereine mit Satzung, deren Mitglieder die Möglichkeit und formal das Recht haben, zum Beispiel Vorstände und Grundsatzprogramme zu wählen.
Das ist eine Grundlage für eine politische Vertretung.
Dlugaiczyk: „Kampfansage“ des BIU an Netzwerker
Kein Wunder, dass es mit der Gamesbranche in Deutschland nicht weitergeht. Der eine Verband hat das Geld, der andere Verband hat den politischen Charme. Beide Verbände sind zerstritten, anstatt sich gemeinsam auf den Weg zu machen, die für die kleine Branche so wichtigen Themen wie zum Beispiel die Förderung anzugehen.
Solange der BIU allerdings mit seinem Anspruch der alleinigen Vertretung der Gamesbranche in Deutschland auftritt, wird das wohl nichts werden. Diese auf der Homepage unter www.biu-online.de öffentliche, 24stündige Kampfansage an alle potenziellen Interessenvertreter und Netzwerker in der Branche und die zugrundeliegende Grundhaltung von Teilen der Industrie sind das Haupthindernis einer Weiterentwicklung.
Diese Haltung fühlt sich nicht nur imperial an, sie ist es und passt damit gut in die Zeit. Aber sehr schlecht in einer Branche, die sich immer mehr durch eine Szene definiert, die als Indie-Entwickler auftreten und solche Verhältnisse als Nachweis der Richtigkeit ihrer Entscheidung sehen, mit Verbänden lieber nichts zu machen.
GamesWirtschaft-Kolumnen spiegeln stets die Meinungen und Einschätzungen der Autoren wider und entsprechen nicht zwingend der Meinung der Redaktion.
Über den Autor
Thomas Dlugaiczyk ist Gründer und Rektor der Games Academy mit Sitz in Berlin und einer Niederlassung in Frankfurt/Main. Das Institut bietet Ausbildungsgänge in Disziplinen wie Game Design, Programmierung oder Grafik an.
Schöner Artikel, gefällt mir sehr. Ich habe eh nicht verstanden wieso ein Schwergewicht aus der Glücksspielbranche dort Mitglied werden konnte. Das sich der BIU nun gleich wieder von dem Herrn da getrennt hat, wundert wohl nur wenige. Die Frage, die allerdings unbeantwortet bleiben dürfte, was haben sich der BIU, und was hat sich der Herr davon versprochen ?
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