Start Meinung Nintendo Switch 2: Auf Nummer Sicher (Fröhlich am Freitag)

Nintendo Switch 2: Auf Nummer Sicher (Fröhlich am Freitag)

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Hier kommt die Maus: Bei Strategie- und Rollenspielen lässt sich das Joy-Con der Nintendo Switch 2 optional wie eine PC-Maus nutzen (Abbildung: Nintendo)
Hier kommt die Maus: Bei Strategie- und Rollenspielen lässt sich das Joy-Con der Nintendo Switch 2 optional wie eine PC-Maus nutzen (Abbildung: Nintendo)

Nicht ganz so wild wie bei der PS5, aber durchaus anstrengend: Die Nintendo Switch 2 wird den Händlern aus den Händen gerissen. 

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

dafür, dass Videospiele-Konsolen schon seit ungefähr zwei Jahrzehnten totgesagt werden, sind sie erstaunlich quicklebendig.

Aktueller Beleg: die Verkaufszahlen der Nintendo Switch 2. Allein in den ersten vier Tagen nach Markteinführung am Donnerstag vergangener Woche gingen nach Herstellerangaben weltweit 3,5 Millionen Geräte über den Ladentisch – das ist in diesem Tempo und mit diesem Volumen noch keinem Konsolen-Hersteller gelungen, weder Nintendo selbst noch den Mitbewerbern Sony (PlayStation) und Microsoft (Xbox).

Mit dieser Hausnummer war initial nicht zwingend zu rechnen: Im Vorfeld gab es reichlich Skepsis bei Analysten, Beobachtern, Gamern. Die Verbesserungen gegenüber dem Vorgängermodell seien zu gering, es fehle an echten Innovationen und überhaupt seien die Preise viel zu hoch. 469,99 € ruft Nintendo für das Basis-Gerät auf – weitere 89,99 € für Mario Kart World. Dazu die gewohnten Apple-Gedächtnis-Tarife beim Zubehör: Für ein profanes Netzteil bestehend aus Stecker plus Kabel berechnet der Hersteller mal eben 29,99 €.

Stellt sich raus: Dem Verbraucher ist all das offenkundig ein bisschen egal. Er verhält sich eher wie ein Volkswagen-Stammkunde, der nach dem Golf 4, 5 und 6 eben den Golf 7 bestellt. Und der nachts schlecht schläft, weil der Golf 9 ausschließlich als vollelektrischer Wagen vom Band laufen soll. Was dazu führen würde, dass die geliebte Tanke nur noch zum Brötchen- und Kippen-Holen angesteuert wird.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Stand heute stellt sich die Lage so dar, dass die Nintendo Switch 2 bei allen großen Versendern und in den allermeisten Elektronikmärkten des Landes ausverkauft ist. Nur sporadisch gelangen kleine Kontingente in die Verlosung. Wer sein Glück online bei MediaMarkt und Saturn versucht, bekommt das Gerät nicht vor Ende Juli. Das sind noch sieben lange Wochen. Heute Morgen und am Nachmittag war die Switch 2 dann für einen Wimpernschlag wieder sofort lieferbar. Mittlerweile stehen alle Ampeln auf Dunkelgelb bis Rot (hier das Drama zum Nachlesen).

Spätestens jetzt kickt der FOMO-Faktor: Gamer, die erstmal in aller Gelassenheit abwarten wollten, was das Gerät so kann, entwickeln zunehmend Zweifel und wägen ab, ob sie sie sich weiter in Geduld üben – oder nicht doch ehrlosen Marketplace-/Ebay-Wiederverkäufern eine Service-Gebühr von 100 bis 200 € gegenüber UVP in den Rachen werfen.

Doch die Panik am Markt ist bei weitem nicht so groß wie beim PlayStation 5-Launch anno 2020 – ein Launch, der pandemie-bedingt nicht nur von brüchigen Logistikketten geprägt war, sondern auch von einem Totalversagen des Handels mit Blick auf vermeintliche Kernkompetenzen wie Kundenservice.

Im Vergleich zu dieser #WoBleibtMeinePS5-Phase, zum Taylor-Swift-Welttournee-Vorverkauf und anderen popkulturellen Ausnahmezuständen läuft der Switch 2-Launch ungleich gesitteter ab. Verfügbare Ware gibt es trotzdem nicht. In jedem Fall: zu wenig. Und zwar nicht nur in der DACH-Region, sondern europaweit und auch in den USA, wo Walmart, GameStop, Best Buy & Co. konsumwillige Videospiele-Fans auf einen Zeitpunkt in ferner Zukunft vertrösten müssen.

Trotz dieser und anderer Widrigkeiten: Der Launch hat schon mal geklappt. Die Nachfrage ist da – und sie ist groß. Auch deshalb, weil Nintendo sehr konsequent ein klares Produktversprechen aussendet: Die Switch 2 ist keine eierlegende Multimedia-Wollmilchsau, sondern eine Spielkonsole – Punkt, Ende, Aus. Und noch dazu eine betont familienfreundliche, die im besten Fall mehrere Generationen zusammenbringt.

Klar, die Switch 2 mag nicht die technisch potenteste Maschine am Markt sein, aber allein Cyberpunk 2077, Hogwarts Legacy und Split Fiction zeigen bereits zum Start, was in der Kiste steckt. Das ist schon ein bisschen beeindruckend.

Überhaupt sind neue Baureihen eigentlich immer eine gute Sache. Zuvorderst für den Hersteller selbst, weil Zubehör und Games hübsche Margen generieren. Aber eben auch für die Third Parties, also externe Studios und Publisher, die vorhandene und künftige Games auf einer weiteren Plattform verkaufen können.

Weniger grandios ist die unselige Entwicklung, dass anstelle des Datenträgers (hier: Speicherkarte) vielfach nur noch ein Zettel mit einer usseligen Seriennummer in der Packung liegt. Bestenfalls die Top-Hits werden noch in physischer Fassung ausgeliefert – alles andere läuft per Download. Die Strategie liegt nahe: Der Kunde soll sanft in Richtung eShop-Kauf geschubst werden. Spätestens der Anblick der faktisch leeren Packung schreit „Gewinnmaximierung“.

Dennoch: Im Unterschied zu verkappten Spielautomaten-Apps, perfider In-Game-Monetarisierung, gezielter Spielwährungs-Intransparenz und beschämenden Zuständen auf Plattformen wie Roblox ist die Nintendo-Welt immer noch eine Art Safe Space.

Auf Nummer Sicher sind die Nintendo-Ingenieure auch beim Konzept der Folge-Konsole gegangen: Bewährtes behutsam weiterentwickeln ist eigentlich in allen Lebenslagen ein empfehlenswerter Ansatz.

Denn dass das kühne Hybrid-Konzept grundsätzlich auf Zustimmung trifft, ist nach 150 Millionen Einheiten offenkundig. Nur: Hätte die Switch ab 2017 wie Blei in den Regalen gelegen, wäre Nintendo nach dem Wii-U-Flop in schwere See geraten. Hinreichend kluge Köpfe hätten im Nachgang präzise herleiten können, dass es im Zeitalter von Smartphone und Tablet doch gar keine Notwendigkeit mehr gibt für eine gesonderte tragbare Konsole.

Wer sich in Bussen, Straßenbahnen, in Kinder- und Wohnzimmern umsieht, stellt fest: Doch. Gibt es.

Der Switch-Erfolg hat die Konkurrenz erkennbar auf dem falschen Fuß erwischt, denn Handhelds waren eine Zeitlang etwas aus der Mode geraten – die 2011 erschienene und 2019 endgültig eingestellte PlayStation Vita konnte bei weitem nicht an die Fabelzahlen des Vorgängers PlayStation Portable anknüpfen.

Inzwischen ist hektische Betriebsamkeit ausgebrochen: Sony verkauft mit der PlayStation Portal seit eineinhalb Jahren eine reine PS5-Streaming-Lösung, die mit allerlei immanenten Schwächen (Akku-Laufzeit, WLAN-Anwesenheitspflicht etc.) daher kommt. Gerüchten zufolge bastelt der Konzern sehr konkret an einem ‚richtigen‘ Handheld.

Microsoft hat vor wenigen Tagen das Modell ROG Xbox Ally aus dem Hut gezaubert, das in Kooperation mit ASUS entsteht und im Herbst kommen soll. Preise gibt es noch nicht. Mit Blick auf die Hardware muss Microsoft mal wieder dringend punkten: Der Innovationsgrad bestand zuletzt darin, den stramm rückläufigen Absatzzahlen der Xbox Series S/X mit Preiserhöhungen zu begegnen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, wird verblüffend große Schwierigkeiten haben, ein fabrikfrisches Series-X-Exemplar im Handel zu finden.

Wir lernen: Im Konsolen-Markt ist eine Menge Dynamik – und dedizierte Spielmaschinen sind auch im Jahr 2025 ff. ein auskömmliches Geschäftsmodell. Und immer noch dazu geeignet, die Resilienz von Online-Shops zu testen.

Schalten Sie daher auch nächstes Mal wieder ein, wenn es heißt: #WoBleibtMeinePS6.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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