Erfahrung plus Daten gleich höhere Erfolgs-Chancen: Das Digital Culture Institute (DCI) positioniert sich als Sparringspartner für Studios, Publisher und Agenturen.
„Wir sind die nicht der Schreiner, der den Tisch liefert – wir liefern die Werkzeuge. Wir lieben Holz.“
Mit dieser plastischen Analogie erklären die Gründer des Digital Culture Institute (DCI) ihre Geschäftsidee – nämlich die Mission, Gaming-Kultur mit strategischer Expertise und profunden Daten zu verknüpfen. Spielehersteller sollen dadurch bessere Entscheidungen treffen mit Blick auf Zielgruppen-Ansprache, Positionierung und Vermarktung.
Hinter dem DCI stecken drei ausgewiesene Experten mit jahrzehntelanger Erfahrung: Digital-Stratege und FreeSixtyFive-Gründer Christian Becker, Eurogamer.de-Chef Oliver Menne und der langjährige Sony-PlayStation-Sprecher Guido Alt. Das Trio sieht sich nicht als Wettbewerber klassischer Agenturen, sondern will ganz im Gegenteil vorhandene Abläufe ergänzen und das eigene Wissen teilen.
Digital Culture Institute: „Es hilft sicher, wenn man mögliche Chancen etwas besser beurteilen kann.“
Gegenüber GamesWirtschaft skizzieren die DCI-Macher, wie sich selbst am Markt positionieren, welche Kunden sie im Blick haben und was sie sich für die kommenden Monate vorgenommen haben.
GamesWirtschaft: Ihr wollt euren Kunden mit dem DCI-Ansatz ein „unverzerrtes Bild“ auf Zielgruppen ermöglichen. Woran lässt sich festmachen, dass das in der Branche derzeit nicht oder nicht hinreichend gelingt?
Oliver Menne: Wir möchten in erster Linie möglichst tiefe Einblicke geben. Als fiktives, etwas bizarres Beispiel, aber passend zur Saison: Rasenmäher. Wir fragen, ob selbst gemäht wird oder es einem Roboter überlassen wird. Von dort aus können wir in jegliche Richtung auswerten und Profile erstellen. Welche Art von Spiel bevorzugt jemand, der selbst mäht? Grafikstil, Multiplayer oder nicht, Setting und so weiter. Und darüber hinaus natürlich die bevorzugte Musikrichtung, Filmgenres, die Mediennutzung oder auch Dinge wie Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit.
Es kommt ganz auf die Aufgabenstellung an, zum Beispiel in welche Richtung man sich bei der Suche nach Kooperationspartner bewegen könnte oder wie ein Creative aussehen sollte. Es gibt so viele Gamer, dass es lohnend sein kann, sie nicht als homogene Masse zu betrachten, sondern etwas zu segmentieren.
Um bei Spielen zu bleiben. Angenommen, ich habe ein RPG im Fantasy-Setting aus der Third Person-Perspektive mit Echtzeit-Kämpfen. Unter Berücksichtigung dieser Merkmale: Welche Charakter-Klasse wird am liebsten gespielt? Doctor Strange oder Thor? Daraus können sich dann Ableitungen ergeben, was die Vermarktung betrifft. Krieger oder Magier im Vordergrund?
Aber es geht nicht nur um Vertrieb und Marketing. Auch in der Entwicklung entstehen ja relativ frühzeitig Fragen, die sich oft mit etwas Zahlen-Hintergrund besser beantworten lassen.
Damit wollen wir auf keinen Fall sagen, dass Malen nach Zahlen automatisch zum Erfolg führt. In der Regel ist es doch kreativer Mut, der belohnt wird. Aber es hilft sicher, wenn man mögliche Chancen etwas besser beurteilen kann.
Die Daten werden primär via Eurogamer erhoben. Wie ist sichergestellt, dass die dort aktive, überwiegend ’nerdige‘ Hobbyisten-Zielgruppe das Bild nicht verfälscht?
Guido Alt: Die Grundbedingung unserer Datenbasis ist, dass es sich um Gamer handelt, die wir anhand von Merkmalen wie wöchentlicher Spieldauer, Anzahl der gespielten Titel pro Jahr, Ausgabeverhalten (Day-One-Käufer vs. Schnäppchenjäger) oder anderen Kriterien segmentieren können.
Eine Herausforderung stellen dabei Personen dar, die lediglich ein Spiel auf dem Handy spielen. Diese gelten zwar technisch als Gamer, fallen aber oft nicht in die klassische Definition, da Spiele für sie keine zentrale Rolle im Alltag spielen. Ebenso müssen wir Menschen, die Spiele als integralen Bestandteil ihres Lebens oder sogar darüber hinaus definieren, teilweise aus der Analyse ausschließen, da sie das Bild verfälschen könnten.
Unsere bestehende Datenbasis, die wir mit gängigen Segmentierungsmodellen analysiert haben, zeigt, dass unsereZielgruppe leicht in den Tech-Bereich und männlich verzerrt ist, aber im weitesten Sinne die Grundgesamtheit der Bevölkerung abbildet. Dies unterstreicht, dass Gaming längst Mainstream ist.
Die erhobenen Analyse-Daten stehen zwangsläufig für den Ist-Zustand. Wie lassen sich Entwicklungen und Veränderungen im Kunden-Verhalten/-Geschmack antizipieren?
Christian Becker: Die Vorhersage von Entwicklungen und Veränderungen im Kundenverhalten oder -geschmack ist im gesamten Unterhaltungssektor eine große Herausforderung, da Analyse-Daten stets den aktuellen Ist-Zustand widerspiegeln, während die Spieleentwicklung oft Jahre in Anspruch nimmt.
Eine präzise Antizipation ist kaum möglich. Dennoch können wir durch unsere geschlossene Zeitachse Veränderungen schnell erkennen und daraus mögliche Zukunftszenarien ableiten. Im Vergleich dazu sind viele Ad-hoc-Panels oft nur begrenzt in der Lage, solche Entwicklungen zeitnah und präzise zu erfassen.
Der Name Digital Culture Institute ist nicht zufällig gewählt – tatsächlich sucht ihr ja den Schulterschluss mit Forschung und Lehre, also Wissenschaftlern und Hochschulen. Welches Ziel verfolgt ihr mit diesem Ansatz?
Guido Alt: Das Digital Culture Institute verfolgt mit der Einbindung von Forschung und Lehre zwei zentrale Ziele:
- Erstens Wissenschaftlicher Austausch und Neutralität: Durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Hochschulen wird eine fundierte, objektive und faktenbasierte Orientierungshilfe für alle Prozessbeteiligten geschaffen. Dies unterscheidet das Institut von Agenturen und bildet seinen Alleinstellungsmerkmal (USP), da es eine neutrale Perspektive bietet.
- Zweitens Zugang zu zukünftigen Entscheidern: Die enge Verbindung zur Forschung ermöglicht es, nah an den künftigen Führungskräften zu sein, die als „Entscheider-Ebene von morgen“ in Unternehmen maßgebliche Impulse setzen werden.
In welcher Phase der Games-Entwicklung/-Vermarktung und ab welcher Projekt-/Budget-Größe könnt ihr am effizientesten helfen?
Christian Becker: Wir sind an der Aufgabenstellung interessiert und ob / wie wir mit dem potenziellen Kunden arbeiten können. Das ist Budget- und auch Branchen-unabhängig.
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