Start Meinung Wenn Hogwarts zur No-Go-Area wird (Fröhlich am Freitag)

Wenn Hogwarts zur No-Go-Area wird (Fröhlich am Freitag)

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Die gleichnamige Zauberschule ist Schauplatz von Hogwarts Legacy (Foto: Fröhlich)
Die gleichnamige Zauberschule ist Schauplatz von Hogwarts Legacy (Foto: Fröhlich)

Verfliegt der Zauber von Hogwarts Legacy, noch ehe das Spiel auf dem Markt ist? Ausgerechnet Harry Potter-Autorin Rowling erweist sich als PR-Belastung.

Verehrter GamesWirtschaft-Leser,
verehrte GamesWirtschaft-Leserin,

reißen wir das Pflaster gleich zu Beginn ab: Vor uns liegt eine monatelange Blockbuster-Flaute. Nach einer Verwöhn-Phase mit Elden Ring, Horizon: Forbidden West und Gran Turismo 7 ist erst im Herbst wieder mit großen PC- und Konsolen-Spielen zu rechnen.

Einer der Hoffnungsträger: Hogwarts Legacy von Warner Bros. Games, entwickelt vom amerikanischen Studio Avalanche Software. Als Zauberlehrling beziehen Spielerin oder Spieler ein Mehrbett-Gemach im Ausbildungsbetrieb Hogwarts. Auf dem Stundenplan stehen das Einüben magischer Sprüchlein, Zauberbesen-Ausflüge und das Duellieren mit widerspenstigen Kreaturen. Für jene, die Potter-Bücher und -Filme lieben, geht also vermutlich ein kleiner Traum in Erfüllung.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Doch spätestens seit Sonys Gameplay-Präsentation vor einer Woche stehen Twitter und YouTube nicht mehr still – und das explizit nicht aufgrund der spielerischen Qualitäten von Hogwarts Legacy. Potter-Fans haben sich nämlich fest vorgenommen, das Spiel zu boykottieren. Mehr noch: Nationale wie internationale Influencer erklären in ausführlichen Videos und Stellungnahmen, warum sie keine Letsplays und Streams produzieren werden. Einfach deshalb, um weder direkt noch indirekt zur Promotion beizutragen – und insbesondere zu vermeiden, dass die Hogwarts-Erfinderin Joanne K. Rowling auch nur einen Cent an dem Spiel verdient.

Die für den Deutschen Computerspielpreis nominierte Letsplayerin Pia Scholz (‚Shurkoja‘) twitterte: „Ich kann mich nicht Feminist:in nennen und dann Werbung für #HogwartsLegacy machen.“

Huch, was ist da denn los?

Seit mehreren Jahren arbeitet sich Rowling an der Identität von Transsexuellen ab – und zwar in einer abkanzelnden Art und Weise, die von nicht Wenigen als diskriminierend empfunden wird. Prominente Mitglieder der Film-Ensembles – etwa Daniel Radcliffe, Emma Watson oder Eddie Redmayne – gingen auf Distanz. Mit der gebotenen Höflichkeit, aber eben unmissverständlich. Die Washington Post legte der Autorin nahe, den Füllfederhalter beiseite zu legen.

Rowling ließ nicht locker: „It isn’t hate to speak the truth“. Wobei zur Wahrheit gehört, dass es nur wenige unumstößliche Gewissheiten gibt – weshalb marktführende Despoten ja selbst dann noch von Wahrheit und Fakten schwurbeln, wenn man ihnen längst das exakte Gegenteil nachgewiesen hat.

Die Hogwarts Legacy-Debatte berührt im Kern die schwierige Frage, inwieweit Werk und Künstler abgrenzbar sind – analog zur irren Idee, Sport und Politik ließen sich irgendwie „trennen“. John Travolta und Tom Cruise bei Scientology, das justiziable Fehlverhalten von Kevin Spacey, Bill Cosby und Harvey Weinstein, das Verschwörungs-Geraune eines Xavier Naidoo, Fußball-WM und Olympia in lupenreinen Demokratien – die Liste ist endlos. Und auch die Games-Branche ist ja nicht sakrosankt, etwa mit Blick auf Sexismus, Diskriminierung, Rassismus: Das oberste Regal der Studios und Publisher schaffte es auch in dieser Woche in die Schlagzeilen. Darf man Spiele von Firmen unterstützen und kaufen, die es offenkundig nicht hinkriegen, ihre Mitarbeiter/innen seriös zu behandeln?

Für den US-Konzern Warner kommt der Unmut jedenfalls zur Unzeit: Zwar wird bis zum Release von Hogwarts Legacy noch mindestens ein halbes Jahr ins Land gehen. Doch die Diskussion wird weiterhin wabern, mit jeder neuen Harry Potter-Facette – Bücher, Freizeitparks, TV-Serien. So startet in wenigen Tagen Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse in den Kinos.

Natürlich könnte man Rowlings Weltsicht stumpf als Exklusivmeinung einer Publizistin mit zu viel Tagesfreizeit ignorieren. Man darf Ignoranz und Alters-Stursinn auch einfach mal aushalten. Zumal die wackeren Avalanche-Entwickler ja wenig dafür können, wie die Schöpferin des Spiele-Universums tickt. Doch mit einigem Recht wird darauf hingewiesen, dass man bei solchen und vergleichbaren Positionen von Personen mit großer Reichweite nicht einfach zur Tagesordnung übergehen dürfe. Was wäre beispielsweise, wenn die Bestseller-Autorin die – vorsichtig formuliert: umstrittene – Position des Vatikans mit Blick auf Homosexualität flammenden Herzens verteidigen oder gar proklamieren würde? Wo ist die Grenze?

Es geht also um nicht weniger als Haltung. Um Würde. Um Toleranz. Um Empathie. Um Respekt. Um den Wunsch, auf der ‚richtigen‘ Seite zu stehen.

Nun ist nicht damit zu rechnen, dass eine Mehrfach-Milliardärin wie Joanne K. Rowling durch einen Hogwarts Legacy-Boykott der Altersarmut anheim fällt und demnächst beim Pfandflaschen-Sammeln zu beobachten ist. Warner hat zwar vorsichtshalber dementiert, dass die britische Schriftstellerin in die Entwicklung des Spiels aktiv eingebunden ist – gleichwohl darf man unterstellen, dass sie als Lizenzgeberin von den Erlösen profitiert.

Deshalb wird mindestens unausgesprochen stets die unangenehme Frage mitschwingen, was es über die moralische Resilienz von Verbrauchern, Influencern und Medien aussagt, denen die Rowling-Volten schlicht egal sind. Oder die keine Lust haben, sich in das zugegebenermaßen komplexe Thema einzulesen. Oder die ihre Auffassung zumindest in Ansätzen teilen.

Es wird spannend sein zu sehen, wer welche Prioritäten und Akzente setzt. Klar ist nur: Wer sich öffentlich zu Hogwarts Legacy bekennt oder gar mit der Entwicklung beziehungsweise Vermarktung des Spiels betraut ist, wird in den kommenden Monaten starke Nerven benötigen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

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18 Kommentare

  1. Transgender möchten nicht als Transgender wahrgenommen werden, sondern als normal geborene/r Frau/Mann.

    Es ist keine freie Entscheidung! Genau so wenig, wie jemand entscheidet Krebs oder Depressionen zu bekommen.

  2. Die Hexenjagd geht weiter. Einfach pervers, was mit Rowling abgezogen wird, aber das ist wohl die heutige Gesellschaft.

  3. Wie dumm kann man sein, als ob es die Rowling interessiert, die hat mehr Geld als sie jemals ausgeben kann und man kann sehr wohl Autor und Privat Meinung trennen!

  4. Dieses Gehäule von Randgruppen und das lächerliche Aufgebausche unter anderem durch genau solche Artikel ist lächerlich.

    „Die Potter-Fans“ wollen das Spiel also boykottieren, ja? LMAO. Das Game wird sich verkaufen wie geschnitten Brott, da können „Influencer“ und der Rest der PC-Gesellschafft noch so wehement jammern und mit dem Finger auf JKR zeigen^^

  5. Macht jeder am Schluss mit sich selber aus. Wenn du Bock hast zock es, wenn du es nicht mit deinem Gewissen vereinbaren kannst lass es. Das komplette Thema geht aber auch der riesigen Mehrheit am Arsch vorbei, weil jeder größere Probleme hat als das Twitter Geplärre von JK Rowling und mit ihr im Clinch stehenden Moral Aktivisten. Die Frau betreibt außerdem keine Hetze sondern sagt nur ihre Meinung, so unbedacht sie auch immer seien mag. Die Medien müssen es aber auch immer aufbauschen zu dem Konflikt des Jahrhunderts. Da dies unter der Rubrik „Meinung“ läuft ist das ja vollkommen in Ordnung, aber zumindest die Tweets, um die es hier im Fall J.K geht, hätte man ruhig zitieren bzw. Verlinken können. Zum Schluss ist die Sache nämlich nur halb so heiß wie sie gekocht wird.

  6. Würde jede berühmte Person sagen was sie denkt, was darf man dann noch konsumieren, angucken oder erwerben? Es gibt so viel was anderen arg aufstößt und woanders kaum bis gar keine Relevanz hat. Ich versuchs grad einfach global zu sehen.

    Auch hier: Jetzt heißt es, boykottieren. Wo hört es auf? Nach der Logik darf ich nach Stand heute, mir die Bücher nicht mehr kaufen. Oder die Filme. Ich müsste das Harry Potter Universum gänzlich aus meinen Leben streichen und so tun, als würde es nicht existieren, weil sonst bekommt Rowling von mir ja Geld.

    Natürlich sehe ich das Problem was angrsprochen wird.

  7. Na ja, die Meinung zu Rowling in allen ehren. Ich kann sie auch nicht leiden, aber man schadet damit glaube ich am wenigsten ihr, als dem Entwickler. Das sind wieder Dinge die nicht zu Ende gedacht sind. Ich werde das Game zocken und freue mich drauf mit meinem Sohn zusammen die Welt dort zu erkunden.
    Akzeptanz ist halt auch eine beidseitige Sache, nämlich das andere Menschen, andere Meinungen haben auch wenn sie völlig mit unserer kollidieren.

  8. Zitat: „Um den Wunsch, auf der ‚richtigen‘ Seite zu stehen.“ Zitat Ende
    Nur, was ist die richtige Seite? Ist es richtig, dass man heute seine Meiung nicht mehr sagen darf, wenn es der Meinung der Mehrheit widerspricht? Ist unsere Gesellschaft, die denkt alles richtig zu machen wenn man sich der mehrheitlichen Meinung anschließt so blind geworden, dass man eine gegenseitige Meinung nicht aushält? Ich selbst bin kein Harry Potter Fan und würde mir das Spiel auch nicht kaufen. Aber ein Spiel zu boykotieren, weil jemand eine andere Meinung zu Transxelualität hat und es wagt diese zu vertreten, kann ich nicht nachvollziehen. Die Menschen sind frei, können machen was sie wollen. Stört doch keinen. Dieser stände Aufschrei, bei jeder Kleinigkeit, wegen der eigenen sexuellen Einstellung, nervt mich mittlerweile unglaublich. Sollen die Leute doch so leben wie es sie glücklich macht, aber andere damit in Ruhe lassen! Oder sollen wir Heteros nun auch draußen rumlaufen und ständig und immer wenn sich die Gelegenheit bietet, für Aufsehen sorgen weil wir öffentliche Bekundungen zu unserer Akzeptanz wollen?!

    Sorry, irgendwann ist auch mal gut. Ich kanns echt nicht mehr lesen.

  9. Ich werde mir als Harry Potter fan das Game kaufen.
    Ich weiß zwar nicht wen ihr meint mit Fans die das Game nicht kaufen möchten… Weil ich habe in meinem Umfeld bisher davon nichts gehört.
    Ja JK ist halt eine Person die gerade nicht beliebt durch ihre Aussagen ist. Aber für mich ist zwischen sie und Harry Potter eine klare Trennung!
    Ob sie nun Einnahmen vom Game oder den weiteren Verlauf an Film oder Buch bekommt macht da glaube ich kein Unterschied mehr aus.

  10. Sicher, ich finde es etwas scheinheilig, dass man Nestlé trinkt, sich Unilever Produkte ins Haar schmiert aber dann zum Boykott aufruft.
    Natürlich fällt der einzelne Konsument nicht auf, aber dafür ist es ja gerade wichtig solche Themen bekannt zu machen und das Menschen mit größerer Reichweite darüber angemessen sprechen. Jeder kann selbst entscheiden wo er seine Grenzen zieht.
    Zugegebenermaßen neigt sie Masse nicht dazu ruhig zuzuhören sondern ein Teil davon springt gleich mit Hassbotschaften auf Twitter über und plappert einfach nach ohne sich selbst Gedanken zu machen.

    Zum Thema Influencer: die gab’s schon immer, nur hießen sie damals anders. Popstar z.B. Oder Fußballer mit tausend Werbe-Verträgen. Huch, die gibt’s ja immernoch!
    Sein Geld in der Unterhaltungsbranche zu verdienen ist kein Frevel.
    70% sind inhaltlich vermutlich Schrott, aber das ist auch nichts neues. Tatsächlich gibt es auch äußerst Wissenswertes oder lustiges zu sehen, dass seinen Humor nicht auf Demütigungen und Respektlosigkeit stützt. Man müsste sich einfach etwas umsehen um zu sehen, dass da mehr dazu gehört.

  11. Ach was soll der scheiß. Juckt doch keinen außer einer wild Twitternden Minderheit. Wird das erste Game seit Jahren sein, dass ich (sofern verfügbar) in einer Collectors Edition vorbestellen werde.

    Heult leise, gibt wichtigere Probleme.

  12. Die Leute haben sie doch nicht mehr alle. Ohne Rowling würde es gar kein Harry Potter geben. Sch*** auf die Influencer, das ist eh kein richtiger Job. Und auch die Potter-Heads sollten sich schämen. Da kommt endlich Mal ein Open World Spiel aus der Zauberwelt und dann machen alle so n Aufstand. Jeder hat ne freue Meinungsäußerung und wenn Rowling damit nicht umgehen kann dann ist es auch so aber die Menschen fallen Mal wieder in die Extreme.
    Nehmt Mal alle ne kalte Dusche.
    Unmöglich
    Echt

  13. Frau Rawling hat sich nie Antifeministisch geäußert ! Sie hat nur für sich entschlossen der Wissenschaft Tribut zu zollen (Biologie, Chemie,…) Und zu sagen, Trans Frauen sind keine Frauen sondern eben Trans Frauen. Und auch wenn Trans Frauen gerne einige Sonder Rechte für sich beanspruchen sollen können, hat wie man sich selber wahrnimmt, nicht über biologischen Markern zu stehen.

    Wenn ich mich nach Alkoholgenuss nüchtern fühle, mein Blutwerte aber anderes beweist, dann ist esunwichtig wie ich mich fühle. Genauso bleibt eine Trans Frau niemals eine biologische Frau.

    Aber in der Vermeintlichen Rechtshoheit der Gutmenschen Sharia ist es egal was wahr sondern was wahr sein soll. Also trägt als weiße Person keine Tastas mehr und diskutiert ruhig alles Haram. 😉

    Ich gönne jedem daß er sich darstellt und fühlt wie er sie es msg, aber respektiert die Wissenschaft oder schließt euch den Meinungs Taliban an . Diese Möchtegern-Meinungshoheit nervt. Ungegenderren Gruß

    Böser Wissenschafts Liebhaber

  14. Heulen auf ganz großem Niveau… Diese „Influencer“ oder auch arbeitslose genannt sind mir seit Jahren ein Dorn im Auge. Von mir aus können sie auch gar nichts mehr als „Lets play“ zeigen, es sind nicht meine Einnahmen die flöten gehen 😀 was für eine dumme Gesellschaft wir doch haben.

    • Man sollte eben schon ein Produkt und eine Person trennen können,Das Spiel an sich gefällt mir schon sehr gut und darauf zu verzichten nur weil anderen ihre Meinung nicht passt ist lächerlich.Ich kaufe es trotzdem weil ich das Studio dahinter unterstützen möchte weil die Entwickler können nichts dafür.

    • Einfsch komplett übertrieben, aber wie so oft in der heutigen Zeit. Das Game wird ganz große Klasse, komplett egal was außenrum passiert. Man muss mit den Ansichten von J. K. nicht komplett im Reinen sein, man kann aber andererseits auch definitiv nicht ht behaupten, sie hätte komplett Unrecht mit ihren Aussagen.

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