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„GTA 6? Ich hab ja 5 noch nicht mal durch“ (Fröhlich am Freitag)

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GTA 5 für die PlayStation 5 kommt nun doch erst im März 2022.
GTA 5 für die PlayStation 5 kommt nun doch erst im März 2022.

Mit Remastern, Reboots und Remakes überbrücken Spielehersteller immer öfter die zunehmend zeit- und kostenaufwändige Entwicklung komplett neuer Games.

Verehrte GamesWirtschaft-Leserin,
verehrter GamesWirtschaft-Leser,

es passierte am Abend des 28. August gegen 20:22 Uhr in der ProSieben-Livesendung Schlag den Star: Showmaster Elton wollte gerade von Kandidatin Evelyn Burdecki wissen, warum sie von allen für – O-Ton – „total dumm“ gehalten werde, wenngleich sie ja eigentlich gar nicht so dumm sei. In dieser Sekunde flitzte ein junger Mann ins Bild und baute sich vor dem Moderator auf. Es entspann sich folgender Dialog:

  • Flitzer: „Guten Tag, Taser mein Name. Ich würde gerne wissen: Wo zur Hölle ist GTA 6? Ich warte immer noch auf GTA 6 – seit 8 Jahren!“
  • Burdecki: „GTA … das ist doch ein Computerspiel?“
  • Flitzer: „Genau!“
  • Burdecki: „Kenn‘ ich nich’…“
  • Flitzer: „Wir setzen am besten ein Zeichen – einmal in die Kamera schreien: Wo ist GTA 6?“
  • Elton: „Ich hab ja 5 noch nicht mal durch…“
  • (Erst jetzt wachte die Security auf und führte den Flitzer aus dem Studio)
  • Elton: „Wurde der jetzt von Take Two bezahlt oder wer macht das Spiel? Wo waren wir stehengeblieben…“

So absurd der Flitzer-Auftritt anmutete, so berechtigt war natürlich die Frage: Wo zur Hölle ist GTA 6?

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
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Wer sich eine Antwort bei der gestrigen Sony-Neuheiten-Show PlayStation Showcase erhoffte, wurde enttäuscht. Von GTA 6 weit und breit keine Spur. Stattdessen wurde am Ende eines GTA-5-Trailers der Hinweis „Coming to PlayStation 5 March 2022“ eingeblendet. Dabei galt bis gestern der 11.11. gesetzt, also pünktlich zum Fest. Doch daraus wird nix. Noch ein langes halbes Jahr müssen Besitzer einer PS5 mit der PS4-Fassung vorlieb nehmen, mindestens – Gleiches gilt für das Xbox Series X-Pendant.

Grand Theft Auto 5 für PlayStation 5 ist ein sogenanntes Remaster: Gleiches Spiel, gleiche Spielwelt, gleiche Figuren, gleiche Missionen, aber halt mit mehr oder minder neuzeitlicher Grafik. Der Dauerbrenner kam im September 2013, also vor acht Jahren, auf den Markt – damals noch für PlayStation 3 und Xbox 360. Ein Jahr später folgten Versionen für PlayStation 4 und Xbox One. Die PS5-Neuauflage erscheint somit bereits für die dritte Konsolen-Generation in Folge – und ungefähr niemand würde sich wundern, wenn die PlayStation 6 auch noch bedient wird.

Für Publisher sind solche Remaster (alter Inhalt, neue Technik), Remakes (neuer Inhalt, neue Technik) und Reboots (alter Name, neues Spiel) eine feine Sache, um a) die Belegschaft auszulasten, b) die Entwicklungszeit immer aufwändigerer Next-Generation-Neuheiten zu überbrücken und c) zusätzliche Zielgruppen zu erschließen – bei d) vertretbarem Zeit- und Kostenaufwand.

Schließlich wurden weite Teile der Kreativleistung ja schon mal erbracht, zumindest beim Remaster. Dialoge, Synchro, Musik, alles da. Der Rest ist: Handwerk.

Zuletzt wurden enorme Mengen solcher Remaster, Remakes und Reboots angekündigt: Klassiker wie Alan Wake (2010), Star Wars: Knights of the Old Republic (2003), Prince of Persia: The Sands of Time (2003), Diablo 2 (2000), The Witcher 3 (2015) oder Uncharted 4 (2016) bekommen eine Unterbodenwäsche, frische Zündkerzen und neuen Lack.

Gleichzeitig verabschieden sich immer mehr Neuheiten aus dem Weihnachtsgeschäft.

Gerade Sony Interactive steht zehn Monate nach Markteinführung der PlayStation 5 und drei Monate nach Ratchet & Clank: Rift Apart mit runtergelassener Hose da – es fehlt schlichtweg ein hauseigener Blockbuster im zweiten Halbjahr. Das wird zwar die absurde Nachfrage nach der Konsole kaum einbremsen können. Aber ein bisschen unangenehm ist es ja schon, dass man zwei Quartale in Folge auf Dritt-Publisher wie Electronic Arts (Battlefield, FIFA), Activision (Call of Duty) oder Ubisoft (Far Cry) angewiesen sein wird.

Mitbewerber Microsoft kommt erst ab November aufwärts so richtig aus dem Quark und schafft es nur ein Jahr nach Xbox Series X-Verkaufsstart, mit Halo Infinite und Forza Horizon 5 erstmals exklusives AAA-Material beizusteuern. Immerhin ist die Bescherung gerettet.

Für PS5-Besitzer fällt Weihnachten hingegen auf Ostern. Elden Ring und Rainbow Six im Januar, Horizon 2 im Februar, Gran Turismo 7 und GTA 5 im März (Stand jetzt): Dass sich die Top-Neuheiten in den ersten Wochen des kommenden Jahres ballen, ist natürlich kein Zufall, denn am 31. März endet bei vielen börsennotierten Spieleherstellern das Geschäftsjahr.

Noch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag konnte GTA 5-Publisher Take Two die Aktionäre beruhigen: An der Umsatzprognose fürs Gesamtjahr wird nicht gerüttelt – zumal die bestehenden Games samt ihrer Online-Modi einfach zu brillant laufen. Und wenngleich seit 2013 schon fast 150 Millionen Stück verkauft wurden, kommen ständig neue Spieler hinzu. Grand Theft Auto 5 lag 2020 auf Platz 4 der meistverkauften Videospiele in Deutschland – in Saison Nummer 8, wohlgemerkt. Sowas entspannt.

Die Anleger dürften also trotz aller Verschiebungen weiterhin ruhig in den Schlaf finden.

Um noch die Wo-zur-Hölle-ist-GTA-6-Frage des Flitzers zu beantworten: Weit weg – seit gestern Abend mehr denn je. Denn so wie Elton dürfte es Millionen anderer Fans gehen: „Ich hab ja 5 noch nicht mal durch…“

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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