Start Meinung Die Gelddruck-Maschinen der Publisher (Fröhlich am Freitag)

Die Gelddruck-Maschinen der Publisher (Fröhlich am Freitag)

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GTA-Dollar, Roblox-Robux, Apex-Münzen: Mit Digitalwährungen werden Milliarden-Umsätze generiert (Abbildungen: Sony, Roblux, EA)
GTA-Dollar, Roblox-Robux, Apex-Münzen: Mit Digitalwährungen werden Milliarden-Umsätze generiert (Abbildungen: Sony, Roblux, EA)

Fast so lukrativ wie Kryptowährungen: Mit selbstgeschöpftem Ingame-Spielgeld erwirtschaften Spielehersteller Milliarden-Umsätze.

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

wer an zwei, drei Tagen im Jahr versehentlich eine Tofuwurst auf den Grill wirft, gilt bereits als eingefleischter Vegetarier. Ob das so ist, weiß ich nicht, aber es würde mich nicht überraschen. Schließlich sind nach jüngster Verbands-/GfK-Logik ja auch 58 Prozent der Deutschen Computer- und Videospieler. Warum? Weil sie „mindestens mehrmals pro Jahr“ ein digitales Unterhaltungsprodukt nutzen. So lautet das Kriterium.

Heißt: Einmal zuviel aufs Windows Solitaire-Icon geklickt – zack, Gamer! Wir lernen: Die Limbolatte liegt nicht allzu tief.

Fakt ist jedenfalls: Deutschlands Teil- und Vollzeit-Gamer haben zuletzt mächtig aufgerüstet. Xbox, Switch, PlayStation, Gaming-PCs, Gamepads, Ladestationen und Headsets waren und sind stark nachgefragt, vielfach ausverkauft. Logische Folge: All diese Spielgeräte sind in den vergangenen zwölf Monaten deutlich teurer geworden, wie eine Preisvergleichsseite in dieser Woche herausgefunden hat. Dagegen mutet die amtliche Inflationsrate von 2 Prozent geradezu putzig an.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Ganz weit vorne: Grafikkarten – hier lag die Teuerung jenseits von 130 Prozent. Was auch daran liegt, dass die Platinen nicht nur von Spiele-Fans, sondern auch für den Betrieb von Kryptowährungen benötigt werden. Selbst fabrikfrische Teslas ließen sich phasenweise mit Bitcoin bezahlen – zumindest bis vor ein paar Tagen. Denn irgendjemand muss Elon Musk verraten haben, wie energie-intensiv die Berechnung des Digitalgelds ist.

Der Bitcoin wird bei Tesla neuerdings nicht mehr als Zahlungsmittel akzeptiert – mit dem dazugehörigen Ankündigungs-Tweet hat Musk den Bitcoin-Kurs auf Talfahrt geschickt und vorübergehend etwas Luft aus der Krypto-Blase entweichen lassen. Binnen weniger Stunden war ein Krypto-Marktwert von einer halben Billion Dollar vernichtet.

Weder Wertverlust noch Inflation müssen hingegen Games-Entwickler fürchten, denn deren handgeklöppelte Digitalwährungen bleiben beneidenswert stabil: World of Warcraft-Gold, Fortnite-Bucks, GTA 5-Dollar, Call of Duty-Punkte, FIFA-Points, Roblox-Robux, Apex-Münzen, Candy Crush-Goldbarren – all dieses Spielgeld lässt sich quasi unendlich schöpfen und vermehren.

Die Spielehersteller drucken so gesehen ihr eigenes Geld – und das im Wortsinne.

Das brillante Prinzip: Kunden tauschen reale Euros und Dollars in virtuelle Punkte, Edelsteine oder Taler um und geben sie in der Spielwelt aus. Das Perfide: Weil innerhalb der Spiele mit virtuellen Einheiten und Währungen hantiert wird, fällt den Spielern meist erst beim Blick in die Kreditkarten-Abrechnung auf, welche Echtgeld-Summen sich da allmonatlich anhäufen. Es hat Gründe, warum an Roulette- und Black-Jack-Tischen mit lustig klackernden Chips hantiert wird und nicht mit Bargeld.

Natürlich werden auch die Preise und Konditionen der virtuellen Produkte von den Entwicklern selbst vorgegeben. Die Publisher sind also Zentralbank, Finanzaufsicht, Produzent und Händler in einem. Die auf diese Weise erwirtschafteten Umsätze gehen in die Milliarden und verbergen sich in den Bilanzen hinter wolkigen Begriffen wie „Live Services“. Nie zuvor hat die Games-Industrie mit dem Verkauf von Spielwährung und digitalen Gütern so viel Umsatz erwirtschaftet – Ubisoft, Electronic Arts, Activision, sie alle melden Rekordzahlen.

Vor diesem Hintergrund wird es niemanden überraschen, dass diese Spiele-Anbieter ihre Zukunft mehr denn je nicht länger in gestrig wirkenden 60-Euro-Einmalkauf-Blockbustern sehen, sondern in jahrelang laufenden, schnell skalierbaren „Service“-Geschäftsmodellen mit immer neuen Spielwährungen.

Die Formel: mehr Spieler, mehr Spielzeit, mehr ‚Engagement‘, mehr Einsatz, mehr Umsatz. Und das Beste aus Sicht des Spielbetreibers: Das Digitalgeld verbleibt für immer im System, denn eine Rückumwandlung in Euro ist nicht vorgesehen. Sprich: Außerhalb der Spielwelt haben die angehäuften Digital-Reichtümer in der Regel keinerlei Wert – was die Kundschaft spätestens dann feststellt, wenn sie mit ihren GTA-Dollars einen gebrauchten Golf erwerben möchte.

Am Ende ist es also wie im Casino: Die Bank – hier: der Publisher – gewinnt immer.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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