Start Meinung Unter Ausschluss der Öffentlichkeit (Fröhlich am Freitag)

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit (Fröhlich am Freitag)

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Das Verkehrsministerium verantwortet die Games-Förderung des Bundes (Foto: GamesWirtschaft)
Das Verkehrsministerium verantwortet die Games-Förderung des Bundes (Foto: GamesWirtschaft)

Deutschlands Games-Branche wird durch den Bund scheckheftgepflegt – aber setzen wir auch auf die richtigen Plattformen und Geschäftsmodelle?

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

im Vorbestell-Trubel rund um die Next-Generation-Konsolen Xbox Series X und PlayStation 5 geht gelegentlich unter, dass die Musik (und die Zielgruppe) seit Jahren abseits der Konsolen spielt – nämlich auf mobilen Endgeräten, also Smartphones und Tablets.

Zu den 3,8 Milliarden Euro, die in Deutschland zuletzt mit Spiele-Software umgesetzt wurden, steuern Mobilegames schon jetzt gut die Hälfte bei. Wenn sich der Trend des ersten Halbjahrs 2020 fortsetzt, ist bis Silvester die Marke von 2-Milliarden-Euro locker überschritten. Weltweit sieht die Entwicklung ähnlich aus.

99,5 % der Einnahmen entfallen auf Free2Play-Spiele, die gratis und unverbindlich anspielbar sind. Erst im Nachgang wird Geld verdient, hauptsächlich getrieben durch die Ungeduld jener Kunden, die keine Lust haben, eine halbe Stunde auf den Schmiedevorgang virtueller Waffen oder auf das nächste Level zu warten – und deshalb Geld nachwerfen. Immer und immer wieder.

Wer wissen will, wie lukrativ das Gewerbe ist, kann bei jenen Gründern in Deutschland nachfragen, die dieses Geschäftsmodell perfektioniert haben – und die ihren Betrieb für dreistellige Millionenbeträge verkauft haben.

Fröhlich am Freitag - die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft
Fröhlich am Freitag – die wöchentliche Kolumne bei GamesWirtschaft

Nun hat sich die Bundesrepublik ja vorgenommen, international eine wahrnehmbarere Rolle im Games-Geschäft zu spielen – mit staatlichen Zuschüssen von jährlich 50 Millionen Euro. Ziele: mehr Jobs, mehr Spiele, mehr Marktanteil, mehr Investitionen, mehr Studios.

Die Pilotphase ist fast abgeschlossen. Zu knapp 150 von 200 Spielen hat das Verkehrsministerium mittlerweile Eckdaten veröffentlicht: Plattformen, Spielinhalt, Genre, Szenario, Entwicklungszeitraum, Budget.

Eine Auswertung lässt den vorsichtigen Schluss zu, dass man sich von Phase 1 keine allzu gigantischen Impulse erwarten sollte. Millionen und Aber-Millionen Euro an Steuergeldern fließen in Projekte, die auf eine nachweislich schmale Nische des Marktes treffen – unter anderem die, die nach Abzug von 99,5 Prozent übrig bleibt. Das kann man natürlich machen, nur hat das dann weniger mit Wirtschaftsförderung zu tun als mit der (legitimen) Subventionierung von Kunst und Kultur.

Überraschend gering ist darüber hinaus der Anteil von Aufbau- und Strategiespielen – jenes Segment, das konstant erfolgreiche Produktionen aus heimischem Anbau hervorbringt.

Mich treibt daher etwas die Sorge um, dass wir Zeit, Geld und Talent an falscher Stelle einsetzen – analog zu den Games-Fördertöpfen der Bundesländer wird durch den Bund ungefähr alles gefördert, was gerade so den Richtlinien-Limbo hinkriegt.

Nur: Wenn Deutschland international durchstarten und Leuchttürme hervorbringen will, führt kein Weg daran vorbei, dass wir auf Plattformen, Genres und Geschäftsmodelle setzen, die möglichst großes Potenzial versprechen. Was im Übrigen keine Frage von Teamgrößen und Budgets ist: Auch den Klein- und Kleinst-Studios gelingt regelmäßig Herausragendes.

Aber wenn ich die Verlautbarungen des Verkehrsministers richtig deute, wurde in den zurückliegenden zwei Jahren ohnehin nur geübt – die angelaufene Großprojekt-Förderung wird zwangsläufig andere (kommerzielle) Schwerpunkte setzen.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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