Die deutsche Kino-Landschaft blickt auf ein desaströses Jahr 2018 zurück – die Erklärungsversuche gehen an den wahren Ursachen vorbei.

Fröhlich am Freitag 6/2019: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

Monika Grütters weiß, woran’s gelegen hat. Das herrliche Wetter und vor allem die Fußball-Weltmeisterschaft hätten dazu beigetragen, dass 2018 so wenige Menschen ins Kino gegangen sind wie seit 1992 nicht mehr. So zumindest die Analyse der Bundeskulturbeauftragten.

Und wer erinnert sich nicht gerne an die pickepackevollen Fanmeilen und an den wochenlangen Ausnahmezustand, als die deutsche Nationalmannschaft durch die WM-Vorrunde geradezu spazierte, im Achtel-, Viertel- und Halb-Finale einen Angstgegner nach dem anderen aus dem Weg räumte, um schließlich im Finale in Moskau … ? Sehen Sie: Ich auch nicht.

Die Argumentation erinnert an die Erklärung der MediaMarkt-/Saturn-Mutter Ceconomy, die das miserable Geschäftsjahr 2018 ebenfalls mit Wettereinflüssen zu erklären versuchte. Bei Regen bleiben die Leute zu Hause, bei Hitze gehen sie ins Freibad. Ein Analyst kommentierte süffisant: „Am besten wäre bewölktes Wetter.“

Unstreitig gibt es externe Faktoren, die phasenweise das Geschäft verhageln. Jede Branche, jedes Unternehmen, jedes Produkt, jede Spiele-Serie, jede Konsole durchläuft Zyklen und saisonale Schwankungen.

Doch im Falle des Kinos handelt es sich eher um eine systemische Krise, befeuert dadurch, dass Netflix, Amazon Prime & Co. schlichtweg talk-of-town-Inhalte anbieten – für monatliche Flatrate-Tarife, zu denen oftmals nicht mal eine einzelne Kinokarte zu haben ist. In solchen Fällen wäre es geradezu fatal anzunehmen, dass sich der Trend umkehrt und sich das Problem irgendwie irgendwo irgendwann schon wieder von alleine löst. Mancher Videotheken-, Platten- und Computerspieleladen-Betreiber ist in der Vergangenheit ähnlichen Illusionen aufgesessen.

Die Antwort der Kinobranche lautet: noch mehr Kinosäle, noch mehr Leinwände, noch bessere Technik. Nichts davon löst das eigentliche Defizit des Filmjahres 2018: schwache Inhalte.

Nach der Grütters-Logik könnte es aber möglicherweise schon reichen, wenn das Sommer-Wetter 2019 eher so la-la ausfällt.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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