In Deutschlands Familien wird über kein anderes Computerspiel so intensiv debattiert wie über „Fortnite“ – abzulesen auch am Zuspruch gutbesuchter „Fortnite“-Elternabende.

Fröhlich am Freitag 49/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

an diesem November-Abend in der zugigen Aula eines Gymnasiums vor den Toren Nürnbergs dauert es handgestoppte 27 Minuten, bis sich der Schulleiter in der ersten Reihe ein Herz fasst und zum Mikrofon greift: „Ich würde mir wünschen, dass es dieses Spiel gar nicht gibt.“

Es folgt: tosender Applaus des Publikums. Von den Eltern. Nicht von den anwesenden Kindern.

Zuvor hatte der Referent – Medienpädagoge Klaus Lutz vom Nürnberger Medienzentrum Parabol – über ein Thema aufgeklärt, das derzeit in vielen Familien für Zündstoff sorgen dürfte. „Faszination Fortnite“ heißt sein Vortrag, den er derzeit an mehreren Schulen im Landkreis Fürth hält. Jedes Mal müssen Stuhlreihen angebaut werden, weil der Platz nicht reicht. Sein Motto: „Was ist Fortnite überhaupt, woher kommt der Hype und kann es für Kinder gefährlich sein?“

Er spricht über das Selbstwertgefühl von Kindern und Jugendlichen, über Anerkennung und Vertrauen, über Parallelen zu analogen Spielen, über im Spiel geschlossene Freundschaften, über die ominöse USK-Altersfreigabe von „Fortnite“. Zwischendurch verteidigen 10jährige „ihr“ Spiel und demonstrieren live, wie perfekt sie den „Zahnseide-Tanz“ drauf haben.

Viele Eltern interessiert indes vor allem eines: Ist „Fortnite“ zu irgendwas gut – oder kann das weg? Die Fragen und Redebeiträge drehen sich um das empfohlene Mindestalter, um Regeln für Spielzeiten (werktags? Am Wochenende? Wie lange? Wie oft?), um Gewalt in Shooter-Spielen und Suchtgefahren und vor allem: wie man die Kids von Konsole und Smartphone los eist. Pädagoge Lutz rät den Mamas und Papas, dass sie sich die Mühe machen sollten, um zu verstehen, was in der Welt ihrer Jungs (und einiger Mädels) ganz offenkundig einen so enormen Stellenwert einnimmt. Und dass es überhaupt keine Rolle spielt, ob sie das Spiel selbst „gut“ finden oder nicht.

Zumindest zu versuchen, Mitmenschen und ihre Interessen zu verstehen – diesen Tipp möchte man in diesen Zeiten manchem Zeitgenossen mit auf den Weg geben, etwa Hessens Innenminister Peter Beuth, der in dieser Woche davon sprach, man müsse „den Begriff eSport ausradieren“.

Möglicherweise lautet ein tröstlicher Rat für „Fortnite“-geplagte Eltern und den Schulleiter des naturwissenschaftlich-technologischen Gymnasiums in Stein bei Nürnberg: Don’t panic – das geht wieder vorbei. So wie Zauberwürfel, Fidget Spinner, Einhörner, Minecraft, Spekulatius-Duplo und Leoparden-Prints.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft


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