Die Gamescom 2018 ist in vollem Gange. Buchstäblich, denn die Gänge sind wie immer: voll. Die Antwort der Aussteller: mehr Spielstationen, weniger Lametta.

Fröhlich am Freitag 35/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

Palmen, Gebäude, Figuren, Schwerter: Wenn sich Abschnitte und Elemente in Computerspielen erkennbar wiederholen, dann lautet das Kritiker-Urteil oft „generisch“.

Ein solches Gefühl hat mich in diesem Jahr beim Rundgang durch die Gamescom-Hallen ein ums andere Mal beschlichen. Die Auswertung der diesjährigen Messe-Fotos bestätigt den Eindruck: Die Bilder sind von 2015 oder 2016 oder 2017 nur mit Mühe zu unterscheiden.

Der Grund: Nicht nur die Platzierung, sondern auch die Aufbauten und Standkonzepte sind allzu oft deckungsgleich mit den Vorjahren – geändert haben sich die Spielenamen,  zuweilen aber nicht mal diese.

Positiv formuliert: Man hält an Bewährtem fest.

Umso erfrischender sind dann stets jene Auftritte, bei denen die Messebauer mal so richtig auf die Sahne hauen (dürfen). In diesem Jahr hat „Fortnite“-Hersteller Epic Games diesen Spielraum zugestanden. Der Stand in Halle 8 ist allein deshalb außergewöhnlich, weil er auf Spielstationen verzichtet – was Sinn ergibt, denn wer will, kann „Fortnite“ ja jederzeit und kostenlos zu Hause spielen. Stattdessen hat man sich eine Art Abenteuerspielplatz mit eingebauter Schnitzeljagd ausgedacht, mit „Raketen-Rodeo“, „Fallschirm-Absprung“ und Schaumstoffwaffen-Duellen. Selbst im Backstage-Bereich – an den Wänden, auf den Tischen, in den Crew-Umkleideräumen – ist eine bemerkenswerte Liebe zum Detail verbaut.

Diese Liebe muss man sich einerseits leisten können – andererseits natürlich auch erst mal wollen.

Der Wille ist zum Beispiel in der Indie Arena Booth in Halle 10.1 zu besichtigen. Dort haben Dutzende kleiner Studios aus allen Erdteilen ihre zugewiesenen zweieinhalb Gamescom-Kubikmeter mit bewundernswerter Akribie eingerichtet. Kein Abschnitt gleicht dem anderen. Das Patchwork-Areal ist allerdings kein fairer Maßstab für Gamescom-Großkunden, weil Standkosten mit zunehmenden Flächen, Ansprüchen und Vorschriften nun mal gerne explodieren. Das Gamescom-Budget inklusive Personal, Sicherheit, Logistik, Nebenkosten und Technik ist in einigen Fällen deutlich siebenstellig.

Epic Games ist zum ersten Mal derart prominent vertreten, daher fehlt der Vorjahres-Vergleich. Wenn die Dekoration von einem Jahr aufs andere erkennbar schlichter daher kommt, führen einmal gesetzte Standards zwangsläufig zur Ernüchterung.

Beispiel Electronic Arts: 2017 ließ man noch Star-Wars-Stormtrooper vor 1:1-Nachbauten eines TIE-Fighters oder X-Wings patrouillieren – allein der bloße Anblick beschleunigte den Pulsschlag. In diesem Jahr baumelt ein einsamer Weltkriegs-Flieger von der Hallendecke, während sich die Besucher zwischen zwei Warteschlangen entscheiden können – links „Battlefield 5“, rechts „FIFA 19“. Das diesjährige Gamescom-Motto lautet übrigens „Vielfalt gewinnt“.

Wie schon Opa Hoppenstedt unnachahmlich präzise analysierte: Früher war mehr Lametta.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Alle bisherigen Folgen von „Fröhlich am Freitag“ finden Sie in unserer Rubrik „Meinung“.


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