Nichts erklärt das Vorrunden-Aus besser als das WM-Motto „Best Never Rest“ – vielleicht findet die Games-Branche eine Anschlussverwendung für den Slogan.

Fröhlich am Freitag 27/2018: Die wöchentliche Kolumne aus der Chefredaktion

Verehrte GamesWirtschaft-Leser,

wenn Joachim Löw und Oliver Bierhoff in der kommenden Woche ihre erste Blitzanalyse für das blamable WM-Vorrunden-Aus beim DFB-Präsidium einreichen, werden darin vermutlich viele der unangenehmen Wahrheiten auftauchen, die von Experten, Journalisten und in Würde gealterten Ex-Nationalspielern in den vergangenen Tagen durchdekliniert wurden.

Das Dokument wird Erklärungsversuche liefern, warum es nicht gelungen ist, das Projekt Titelverteidigung auch nur ansatzweise erfolgreich zu gestalten. Abgesehen von Toni Kroos‘ Jahrhundert-Freistoß in der 95. Minute wird keine gute WM-Szene der deutschen Elf in Erinnerung bleiben.

Der absolute Wille, kurzum: die Gier habe gefehlt, heißt es oft. Auch der Zusammenhalt sei nicht sonderlich ausgeprägt gewesen. Dabei ist „Die Mannschaft“ sogar eine eingetragene Marke des DFB beim Deutschen Patent- und Markenamt – der DFB hat sozusagen ein Patent auf Teamgeist. Zu sehen war dieses Einer-für-alle-alle-für-Einen in Russland allerdings wahnsinnig selten.

Hashtags wie #ZSMMN oder das Hauptsponsor-Motto #BestNeVerRest (grob: „Die Besten ruhen sich nie aus“) wurden groß auf den Mannschaftsbus, auf Websites, PK-Kulissen, Inserate und Trikots plakatiert, aber inhaltlich zu keinem Zeitpunkt eingelöst. Das „V“ in „Best NeVer Rest“ ist im Übrigen eine Anspielung auf den angestrebten fünften WM-Titel – man kann förmlich spüren, wie die Brainstorming-Ergebnisse auf dem Agentur-Flipchart aussahen.

„Best Never Rest“ wird zum Marketing-Bumerang

Dabei ist gerade das Motto „Best Never Rest“ ja ein völlig richtiger Befund – und könnte auch als Überschrift für die Entertainment-Branche dienen. Gerade die Videospiel-Historie der vergangenen Jahrzehnte ist voll bis unters Dach mit Unternehmen, die sich für „untouchable“ hielten, für uneinholbar – und dann von frechen Emporkömmlingen maximal disruptiv rechts überholt wurden.

Die Kunst besteht schließlich nicht nur darin, mit gutem Timing ein One-Hit-Wonder an die Spitze von Charts und Appstores zu manövrieren, sondern diesen Erfolg in Serie zu bringen und zu skalieren, völlig egal, wie der chronisch „schwierige Markt“ gerade aussieht.

Die Taktfrequenz ist dabei unerbittlich: Noch 2017 war „PlayerUnknown’s Battlegrounds“ das Spiel der Stunde – nur wenige Monate später spielt die halbe Welt das vergleichbare „Fortnite“. Auf der Livestreaming-Plattform Twitch liegt „Fortnite“ mit monatlich fast 150 Millionen Stunden mittlerweile beim Dreifachen des „PUBG“-Wertes. Tendenz: steigend.

Kein Geschäftsmodell, kein Produkt, kein Unternehmen ist „untouchable“ – weder Daimler noch Facebook noch Supercell noch Steam noch „Fortnite“ noch Youtube noch der Weltmeister von 2014. Wie gesagt: Best Never Rest. Oder wie Oliver Kahn es einmal so hübsch formuliert hat, dass man es am liebsten in ein Geschirrtuch sticken möchte: „Weiter, immer weiter!“

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen

Petra Fröhlich
Chefredakteurin GamesWirtschaft

Alle bisherigen Folgen von „Fröhlich am Freitag“ finden Sie in unserer Rubrik „Meinung“.


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