Start Politik Debatte um Wolfenstein 2: „Verstoß gegen Grundrechte“

Debatte um Wolfenstein 2: „Verstoß gegen Grundrechte“

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BIU-Geschäftsführer Felix Falk spricht sich für eine Gleichbehandlung von Film und Spiel aus (Foto: Oh Hedwig/Saskia Bauermeister)
BIU-Geschäftsführer Felix Falk spricht sich für eine Gleichbehandlung von Film und Spiel aus (Foto: Oh Hedwig/Saskia Bauermeister)

Als „willkürlich“ bezeichnet BIU-Geschäftsführer Felix Falk, dass Spiele wie „Wolfenstein 2“ im Gegensatz zu Filmen keine Hakenkreuze oder SS-Runen zeigen.

Anders als Spielfilme oder Serien werden Computer- und Konsolenspiele wie „Call of Duty WWII“ (Activision Blizzard) und „Wolfenstein 2: The New Colossus“ (Bethesda) aufwändig für den deutschen Markt angepasst: Im Einzelfall entfernen die Anbieter nicht nur Hakenkreuze oder SS-Runen von Fahnen und Uniformen, sondern schreiben – wie im Falle von „Wolfenstein 2“ – ganze Hintergrundgeschichten und Dialoge um.

Der Grund: Neben strafrechtlichen Konsequenzen fürchten Publisher vor allem kommerzielle Risiken, die mit der Darstellung von verfassungsfeindlichen Symbolen, Parolen, Grußformen und Personen nach §86 StGB verbunden sind.

Als Geschäftsführer des Bundesverbands Interaktiver Unterhaltungs-Software e. V. (kurz: BIU) hat sich Felix Falk an verschiedener Stelle dafür ausgesprochen, dass Computerspiele und Filme an diesem Punkt gleich behandelt werden sollten.

Aus Anlass der aktuell stattfindenden Debatte erklärt Falk den Standpunkt aus Sicht des Branche. Sowohl der Bethesda-Mutterkonzern Zenimax als auch Activision Blizzard sind Mitglieder des BIU.

BIU-Geschäftsführer Felix Falk: „Grundsätzliches Verbot ist willkürlich.“

GamesWirtschaft: Wie beurteilt der BIU die aktuelle Situation mit Blick auf die Darstellung von verfassungsfeindlichen Symbolen in Games – analog zum Film?

Falk: Computer- und Videospiele haben sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem wertvollen Kulturgut entwickelt. Museen auf der ganzen Welt zeigen heute Games-Ausstellungen, immer häufiger werden digitale Spiele in den Feuilletons der großen Tagesszeitungen diskutiert.

Dennoch gibt es einen wesentlichen Unterschied zu anderen Medien: Während beispielsweise im Film verfassungsfeindliche Symbole wie das Hakenkreuz bei entsprechendem Kontext verwendet werden können, wird dieses Recht Games bisher nicht eingeräumt.

Nicht zuletzt mit Blick auf die Entwicklung von Computer- und Videospielen ist das grundsätzliche Verbot, verfassungsfeindliche Symbole zu verwenden, willkürlich und verstößt unter anderem gegen die Grundrechte der Kunst- und Meinungsfreiheit.

Gibt es seitens des BIU derzeit oder auf absehbare Zeit Bestrebungen, den Sachverhalt anhand eines Präzedenzfalles oder Musterprozesses klären zu lassen?

Games sind seit 2008 offiziell als Kulturgut anerkannt. Doch in Games können nach wie vor keine verfassungsfeindlichen Symbole bei entsprechendem Kontext verwendet werden. Ursache hierfür ist ein Gerichtsurteil aus den frühen Jahren des Mediums. Als Verband der deutschen Games-Branche sehen wir es zuallererst als die Aufgabe der zuständigen Behörden, zeitnah die veraltete Rechtsposition anzupassen und die momentane Ungleichbehandlung endlich zu beenden.

Denn es ist verständlich, dass die Publisher angesichts der drohenden strafrechtlichen Konsequenzen zurückhaltend sind und im Zweifelsfall auf Nummer Sicher gehen. Wir setzen uns deshalb seit längerer Zeit dafür ein, dass diese Diskriminierung zu anderen Kunstformen ein Ende hat und werden auch in Zukunft nicht lockerlassen.

Was rät der BIU seinen Mitglieds- und Netzwerk-Unternehmen mit Blick auf die Veröffentlichung von Titeln mit Hakenkreuzen, SS-Runen und anderen Symbolen nach §86 StGB?

Games sind inhaltlich und ästhetisch unglaublich vielfältig. Ob Arthouse-Entwicklung oder Blockbuster: Jedes Game steht für sich. Die Entscheidung über die grafische und inhaltliche Gestaltung der Spiele liegt dabei einzig und allein bei den Unternehmen.

Befürwortet der BIU, dass Spiele wie „Call of Duty WWII“ oder „Wolfenstein 2: The New Colussus“ in der internationalen Originalfassung auf den deutschen Markt kommen?

Auch hier ist es einzig Verantwortung der Unternehmen zu entscheiden, in welcher Form und mit welchen Inhalten ihre Spiele auf den Markt kommen.

Der BIU ist einer der Träger der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK). Warum schließt die USK bereits bei der Antragstellung Spiele kategorisch von einer Prüfung und Freigabe aus, die Symbole nach §86 StGB enthalten?

Die Entscheidung, bei Spielen, die verfassungsfeindliche Symbolik enthalten, keinen Verwaltungsakt zu erteilen, haben die Obersten Landesjugendbehörden getroffen, in deren alleiniger Zuständigkeit dies liegt. Solch ein Verwaltungsakt ist Voraussetzung für die Vergabe eines USK-Kennzeichens nach dem Jugendschutzgesetz.

Aus diesem Grund haben wir als Verband und einer der Träger der USK, derzeit keine Möglichkeit, eine unmittelbare Änderung dieser Praxis im Verfahren der USK zu erreichen. Wir setzen gleichwohl weiter für eine Änderung ein.

Weitere Informationen rund um „Wolfenstein 2“, Jugendschutz, USK und die juristischen Besonderheiten des deutschen Marktes: