Start Wirtschaft HandyGames-Gründer: „Der Kaufpreis ist unerheblich.“

HandyGames-Gründer: „Der Kaufpreis ist unerheblich.“

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Die HandyGames-Gründer Christopher Kassulke (CEO), Markus Kassulke (CEO) und CFO Udo Bausewein - Foto: HandyGames
Die HandyGames-Gründer Christopher Kassulke (CEO), Markus Kassulke (CEO) und CFO Udo Bausewein - Foto: HandyGames

Markus und Christopher Kassulke haben HandyGames vor 18 Jahren gegründet. Im Interview erklären sie, warum sie ihr Studio gerade jetzt an THQ Nordic AB verkaufen.

Die Meldung am Montagabend gegen 18 Uhr kam aus dem Nichts und sorgte für mindestens ebenso so große Überraschung wie die Übernahme von Koch Media vor wenigen Monaten: Der schwedische Konzern THQ Nordic AB übernimmt HandyGames für 1 Million Euro plus eventueller Erfolgsprämien – inklusive 60köpfiger Belegschaft und aller Markenrechte.

HandyGames mit Sitz im unterfränkischen Giebelstadt vor den Toren Würzburgs ist Bayerns viertgrößter Spiele-Entwickler – nach Travian Games (München), Upjers (Bamberg) und CipSoft (Regensburg). Das Unternehmen produziert Games für alle nur denkbaren Plattformen, vom Smartphone bis zur Nintendo Switch.

Das Team soll zwar seine Eigenständigkeit behalten, gehört aber künftig ebenso wie das Offenburger Studio Black Forest Games zu jenen acht internen Studios, die von der Wiener THQ Nordic GmbH koordiniert werden.

Wenige Stunden nach der Bekanntgabe des Deals stellten sich Markus und Christopher Kassulke den GamesWirtschaft-Fragen. Das Brüderpaar hat HandyGames im Jahr 2000 gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner und heutigem CFO Udo Bausewein gegründet.

Durch den Zukauf von HandyGames erhöht sich die Zahl der Angestellten in der deutschen Games-Branche, die bei schwedischen Mutterkonzernen unter Vertrag stehen, auf weit über 1.000 (Stand: 10. Juli 2018)
Durch den Zukauf von HandyGames erhöht sich die Zahl der Angestellten in der deutschen Games-Branche, die bei schwedischen Mutterkonzernen unter Vertrag stehen, auf weit über 1.000 (Stand: 10. Juli 2018)

HandyGames-Gründer Markus und Christopher Kassulke: „Im tagtäglichen Arbeiten ist die Börsennotierung vollkommen belanglos“

GamesWirtschaft: Bislang pflegte HandyGames das Image der „jungen Wilden“ in der Branche – jetzt wechseln die Gründer und Gesellschafter nach 18 Jahren Unabhängigkeit ins Angestelltenverhältnis im Rahmen eines börsennotierten Konzerns. Was hat euch zu diesem Schritt zu diesem Zeitpunkt bewogen?

Markus und Christopher Kassulke: THQ Nordic gehört selbst zu den „jungen Wilden“. Trotz Konzernstruktur und Börsennotierung ist es permanentes Bestreben von THQ Nordic, Eigenständigkeit und Unternehmertum zu fördern. Die Börsennotierung spielt im tagtäglichen Arbeiten – auf Studioebene und Operations – eine vollkommen belanglose Rolle. Dies ist so gewollt und auch so ganz klar beabsichtigt.

Außerdem finden wir in der THQ-Nordic-Familie Möglichkeiten vor, die uns als kleinerer Player bis dato verwehrt oder zumindest nur mit unverhältnismäßig hohen Aufwand oder Risiko umsetzbar erschienen. Auf der Hand liegende Vorteile sind ganz klar: Zugang zu einem funktionierenden Distributionsnetzwerk (off- als auch online), IPs & Franchises, Technologiezugang, Publishing-Knowhow.

Der Zeitpunkt ergab sich ganz simpel aus der Möglichkeit, diesen Schritt jetzt zu tun, und war das Resultat von einem neunmonatigen „Gedankenaustausch“ mit THQ Nordic, ob die Zeit reif für einen „Small to Midsized Projects“-Publisher ist. Das „Ja“ hierzu spiegelt sich in der gestrigen Pressemeldung wieder.

Die 35 größten Games-Unternehmen in Deutschland (v1 / Stand: Juli 2018)
Die 35 größten Games-Unternehmen in Deutschland (v1 / Stand: Juli 2018)

Der Kaufpreis von 1 Million Euro – möglicherweise plus Erfolgsprämie – hat unmittelbar nach Bekanntgabe der Meldung für Irritationen gesorgt. Wie erklärt sich diese Bewertung für ein Unternehmen dieser Größenordnung, zumal die Markenrechte im Preis inklusive sind?

Die Kaufpreisnennung erfolgte auf Grund publizitätspflichtiger Vorschriften in Schweden. Wir kommentieren den Kaufpreis nicht weiter. Er ist auch unerheblich, denn die Zukunft und die bevorstehenden Aufgaben und Themen sind ungemein spannender.

Welche konkreten Auswirkungen hat die Übernahme auf die 60-köpfige Belegschaft in Giebelstadt?

Keine. Die eine oder andere Kollegin, der ein oder andere Kollege wird dazustoßen und das Team verstärken. Wir freuen uns schon darauf!

Markus und Christopher Kassulke: „Wir haben bodenständige Erwartungen an den VR-Markt.“

In der Pressemitteilung ist davon die Rede, dass THQ Nordic via HandyGames in den VR-Markt einsteigt – ein Marktsegment, das bislang bei weitem nicht die Erwartungen der Anbieter erfüllt hat. Was stimmt euch zuversichtlich, dass dieses Segment in den kommenden Jahren abhebt?

Wir erwarten, dass VR ein bleibendes Thema sein wird. THQ Nordic hat bis dato in diesem Segment noch keine Schritte gesetzt, weil sie sich auf die Rolle des Beobachters beschränkt haben. Wir bei HandyGames haben frühzeitig mit VR – wie mit so vielen Dingen – zu experimentieren begonnen – und bringen somit unsere Erfahrungen in die Gruppe mit ein. Diejenigen, die vom VR-Markt enttäuscht sind, hatten vielleicht auch zu hohe Erwartungen. Wir haben bodenständige und maßvolle Erwartungen.

Kaum jemand hat mit einer Übernahme von HandyGames gerechnet. Welche weitere Entwicklung erwartet ihr für den deutschen Markt mit Blick auf die Konsolidierung der Studio-Landschaft?

Es geht weiter in Richtung Konsolidierung. Gleichzeitig entstehen wiederum viele neue kleine Studios, welche auch wiederum wachsen und gedeihen. Deutschland hat wunderbare Studios, Talente und Möglichkeiten!

Wir leben in den besten Zeiten, Publisher und/oder Entwickler zu sein! Nicht umsonst ist Deutschland die „Nummer 1-Nation“, was die Anzahl der Nationalität aller Arbeitnehmer innerhalb der THQ-Nordic-Gruppe betrifft.


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