Behutsames Wachstum statt Einkaufs-Tour: Die schwedische Embracer Group will zwar weiter expandieren, strebt aber eine „bessere Balance“ an.
Embracer-Boss Lars Wingefors nimmt keine Gefangenen: „Es ist Fakt, dass einzelne operative Gruppen in unserem PC- und Konsolenspiele-Segment nicht die Erwartungen erfüllt haben – hauptsächlich mit Blick auf die Spiele-Neuheiten.“
Zu diesem Kerngeschäft zählen unter anderem THQ Nordic, Plaion (zuvor Koch Media), Gearbox und die Tomb Raider-Macher von Crystal Dynamics. Nach starken Jahrgängen 2020 und 2021 macht sich die Verbraucher-Zurückhaltung auch bei der Embracer Group bemerkbar, die am heutigen Donnerstag die Zahlen fürs Weihnachtsgeschäft (Oktober bis Dezember 2022) vorgelegt hat. Auch in der anschließenden Analysten-Fragerunde sprach Wingefors wörtlich von ‚Enttäuschungen‘ mit Blick auf einzelne Titel.
Dabei sehen die Zahlen des börsennotierten Publishers in Summe durchaus beeindruckend aus: Der Umsatz der Schweden hat sich gegenüber dem Vorjahresquartal mehr als verdoppelt, auf umgerechnet mehr als eine Milliarde Euro – allerdings (auch) bedingt durch Zukäufe. Operativ ist das Geschäft um 3 Prozent geschrumpft, was Wingefors auf eine geringe Zahl an Neuheiten und Abschreibungen auf einzelne Spiele wie Saints Row zurückführt. Umsatzstärkster neuer Titel: der anarchische Ziegen-Simulator Goat Simulator 3. Unterm Strich spricht das Management von einem „stabilen Quartal“.
Die Zeiten des zügellosen Zukaufs von Unternehmen und Marken scheinen allerdings vorbei: Anders als in zurückliegenden Quartalen werden die heutigen Embracer-Zahlen nicht von einem ganzen Rudel an Übernahme-Meldungen begleitet. Vielmehr gilt der Fokus nun den Themen ‚Optimierung‘, ‚Qualität‘ und ‚Effizienz‘: Jedes Produkt müsse sich für sich rechnen, um seine Existenz zu rechtfertigen.
Im Unterschied zu US-amerikanischen Mitbewerbern wie Activision Blizzard, Electronic Arts oder Take-Two Interactive setzt Embracer nicht auf einige wenige ‚Mega-Brands‘, sondern auf ein extrem breitgefächertes Portfolio. Das Ziel: Risiko-Streuung und ein krisensichereres Geschäft, das nicht an einzelnen Hits hängt.
In Summe sind für das laufende Geschäftsjahr (also bis Ende März 2024) 94 neue Spiele geplant, von denen 58 noch gar nicht angekündigt sind. Große Erwartungen setzt man unter anderem in den Zombie-Shooter Dead Island 2, der am 21. April erscheint. Mehr als 11.000 Entwickler arbeiten unter anderem an 31 ‚AAA-Games‘, also an PC- und Konsolen-Blockbustern, deren Planung bis ins Geschäftsjahr 2027/28 reicht.
In Deutschland zählt die Embracer Group neben Ubisoft und Nintendo of Europe zu den wichtigsten Arbeitgebern. Bei Plaion (München), Black Forest Games (Offenburg), HandyGames (Giebelstadt), Deep Silver Fishlabs (Hamburg), Grimlore Games (München), Piranha Bytes (Essen) und weiteren Standorten sind mehr als 600 Menschen beschäftigt.